Grundsteuer-Vergleich Das Steuerloch für Immobilienbesitzer

Der Grundsteuer-Hebesatz kann eine Immobilie zusätzlich verteuern. Quelle: imago images

Grundsteuer auf Immobilienbesitz ist eine wichtige Einnahmequelle für Kommunen, zumal sie deren Höhe selbst bestimmen. Wo Eigentümer die höchste und niedrigste Grundsteuer zahlen – und warum das nicht so bleiben kann.

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Jüngst bekam Bottrops Oberbürgermeister Frank Tischler eine Liste mit 10.000 Unterschriften überreicht. Die Forderung der Unterzeichner: Die Stadt soll auf die geplante Erhöhung der Grundsteuer B verzichten, die für Grundstücke mit Wohnungen gilt. Die Grundsteuer würde alle Hausbesitzer und Wohnungseigentümer betreffen und über erhöhte Nebenkosten auch die Mieter erreichen.

Bottrops Stadtkämmerer hatte argumentiert, dass die zusätzlichen Steuereinnahmen dringend benötigt würden, um die Sparziele der Stadt zur erreichen. Den Einwohnern in Bottrop ist das herzlich egal – die Gegner der Erhöhung hatten in nur vier Wochen die überreichten Unterschriften beisammen.

Das bedeuten Grundsteuer A und Grundsteuer B

Die Grundsteuer ist vielerorts ein Ärgernis für Eigentümer. Ist eine Stadt knapp bei Kasse, ist die Erhöhung der Grundsteuer ein beliebtes Mittel um für neue Einnahmen zu sorgen. Die Grundsteuern A (unbebaut, Land- und Forstwirtschaft) und B (bebaut oder bebaubar) sind eine zentrale Einnahmequelle der Kommunen, über deren Höhe die Stadträte ohne Zutun der Landes- oder Bundesregierung ganz eigenständig entscheiden können. Insbesondere die Erhöhung der Grundsteuer B, die den gesamten Wohnungsbau erfasst, ist für Kommunen ohne großes Risiko möglich. Schließlich können Immobilien nicht mal eben woandershin verlegt werden.

Zudem betrifft die Grundsteuer nicht nur Immobilienbesitzer, denn Vermieter können zur Umlage greifen: Eigentümer dürfen die Grundsteuer auf die Mieter umlegen und über die jährliche Nebenkosten-Abrechnung von ihnen einfordern. Kaum ein Eigenheimbesitzer oder Vermieter wird die Kommune verlassen, weil die Grundsteuer steigt. Politischer Druck durch die Bürger wie in Bottrop bleibt damit oft das einzige Mittel, um eine Grundsteuer-Erhöhung zu verhindern. Peter Rasche, Vorsitzender des Eigentümerverbands Haus & Grund Rheinland, hatte im Sommer rasches Handeln gefordert: „Die Wohnkosten für Eigentümer und Mieter steigen unmittelbar, wenn die Grundsteuer angehoben wird. Letztes Jahr ist das schon wieder in fast jeder zweiten NRW-Kommune passiert. Hier braucht es dringend eine Trendwende.“

Städte und Gemeinden mit den höchsten Grundsteuerhebesätzen

Vergleich der Grundsteuer-Hebesätze nach Städten

Jede Kommune kocht also ihr eigenes Süppchen bei der Grundsteuer. Die Immobilienexperten von Homeday haben die Grundsteuer-Hebesätze von mehr als 11.000 Städten und Gemeinden verglichen. Erstes Ergebnis: Die Höhe der Hebesätze reicht von null bis 960 Prozent. Ein gravierender Unterschied, verlangen einige Kommunen also das 9,6-fache für ihre Grundsteuer. Im Durchschnitt verlangen die Kommunen einen Hebesatz von 370 Prozent. Betrachtet man nur die Großstädte, liegt der Durchschnitt deutlich höher.

Zweites Ergebnis: Die großen Metropolen mit knappem Wohnraum sind bei der Grundsteuer nicht unbedingt die teuersten, die höchsten Hebesätze finden sich in Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern.

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Den höchsten Hebesatz verlangt etwa die Stadt Nauheim, ein Ort mit 10.000 Einwohnern und nur wenige Kilometer vom Frankfurter Flughafen entfernt. Besonders günstig sind die Großstädte aber auch nicht: Keine Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern hat einen Hebesatz von weniger als 400 Prozent. Metropolen wie München (Hebesatz 535 Prozent) oder Hamburg (Hebesatz 540 Prozent) liegen noch im vergleichsweise moderaten Mittelfeld, während Berlin mit einem Hebesatz von 810 Prozent schon recht tief in die Taschen der Hauseigentümer greift.

Den niedrigsten Hebesatz von null Prozent bieten hingegen zwölf kleine Orte, von denen nur Büsingen am Hochrhein mehr als 1000 Einwohner zählt.

In Deutschland erhebt der Fiskus auf 35 Millionen Grundstücke – bebaute wie unbebaute – die Grundsteuer A oder Grundsteuer B. Bei den meisten Wohnungseigentümern geht es dabei um einige hundert Euro im Jahr, Mietshäuser müssen oft vierstellige Beträge berappen. Wie hoch die Grundsteuer konkret ausfällt, ist außer vom Wohnort auch vom jeweiligen Grundstück und der darauf befindlichen Immobilie abhängig.

Grundsteuer: Ein kompliziertes und veraltetes Berechnungsmodell

Zudem ist das Berechnungsmodell für die Grundsteuer kompliziert und völlig veraltet. Es basiert nämlich noch auf den sogenannten Einheitswerten aus dem Jahr 1964 (alte Bundesländer) oder sogar 1935 (neue Bundesländer). Das kann im Einzelfall dazu führen, dass selbst vergleichbare Häuser in der Nachbarschaft – zum Beispiel an der ehemaligen Zonengrenze Berlins – für die Eigentümer ganz unterschiedlich besteuert werden.

Weil diese Einheitsbewertung viel zu niedrige Werte für heutige Immobilien liefert, berechnet der Fiskus die jährliche Steuerforderung zusätzlich mit einer Grundsteuermesszahl – dem Steuersatz auf den Grundstückswert und den Immobilienwert – und einem Hebesatz. Dadurch, dass der Steuersatz gesetzlich geregelt ist, die Grundsteuer aber eine kommunale Steuer ist, entscheidet letztlich der kommunale Hebesatz über die Höhe der Grundsteuer.

Eigenheimbesitzer zahlen also den Einheitswert multipliziert mit der Grundsteuermesszahl, multipliziert mit dem Hebesatz der Kommune. Die Grundsteuermesszahl unterscheidet zwischen Ein- und Zweifamilienhäusern, anderem Wohneigentum und Grundstücken, die für Land- und Forstwirtschaft genutzt werden. Außerdem gibt es einen Schwellenwert für den errechneten Einheitswert: bis 38.346,89 Euro für ein Einfamilienhaus liegt die Grundsteuermesszahl in den alten Bundesländern bei 2,6 Promille, Einfamilienhäuser mit einem höheren Einheitswert werden mit 3,5 Promille besteuert. In den neuen Bundesländern sind höhere Sätze fällig, hier liegen die Grundsteuermesszahlen je nach Grundstücksart und Grundstückswert zwischen fünf und zehn Promille.

Wo die meisten von Eigentum nur träumen können
10. Platz Düsseldorf Quelle: dpa
9. Platz: Erlangen Quelle: dpa
8. Platz: Regensburg Quelle: dpa
7. Platz: Hamburg Quelle: dpa
6. Platz: Rosenheim Quelle: dpa
5. Platz: Frankfurt Quelle: dpa
4. Platz: Ingolstadt Quelle: dpa

Grundsteuer berechnen am Beispiel Einfamilienhaus

Eine Beispielrechnung veranschaulicht die Unterschiede:

Angenommen, es handelt sich um ein Einfamilienhaus, dessen Einheitswert mit 50.000 Euro veranschlagt wird. Steht das Haus in Westdeutschland, beträgt die Grundsteuermesszahl 3,5 Promille. Daraus ergibt sich ein Grundsteuermessbetrag von 175 Euro (50.000 x 0,0035). Steht das Haus im hessischen Neu-Isenburg, errechnet sich die Grundsteuer mit einem Hebesatz von 250 Prozent. Im Jahr sind also 437,50 Euro (175 x 2,5) an das Finanzamt zu zahlen.

Städte und Gemeinden mit den niedrigsten Grundsteuerhebesätzen

Aber selbst wenn die drei Häuser identisch wären und auf gleich großen Grundstücken stünden, wären sie kaum miteinander vergleichbar. Der Einheitswert errechnet sich nämlich nicht nur mit dem entsprechenden Bodenrichtwert für das Grundstück aus dem Jahr 1964. Ist das Grundstück wie in diesem Fall bebaut, nutzen die Finanzämter entweder das Sachwert- oder das Ertragswertverfahren, um den Wert der darauf befindlichen Immobilie zu schätzen.

Das häufig verwendete Ertragswertverfahren basiert auf der Jahresrohmiete, die das Objekt im Jahr 1964 bei einer Vermietung eingebracht hätte. Die Jahresrohmiete wird dann noch mit einem Faktor multipliziert, der etwa Wohnungsgröße, Zustand und Ausstattung des Gebäudes in die Bewertung einfließen lassen soll.

Ist das Ertragswertverfahren nicht möglich, etwa weil Daten zur Jahresrohmiete fehlen, kommt das Sachwertverfahren zum Einsatz. Hier wird der Einheitswert aufgrund von Bodenrichtwert, Gebäude und Außenanlage kalkuliert. Der Gebäudewert speist sich dabei aus den durchschnittlichen Herstellungskosten (Grundstückskauf plus Baukosten aus dem Jahr 1964 (West) oder 1935 (Ost).

Grundsteuer-Berechnung: Schwierige Wertermittlung für Gebäude

So kommt es, dass für identische Gebäude und Grundstückgrößen in anderen Kommunen andere Einheitswerte für die Berechnung der Grundsteuer herangezogen werden. Prognostizierbar ist die Grundsteuer für Hauskäufer also bestenfalls, wenn der Grundsteuerbescheid des Vorbesitzers verfügbar ist, oder das örtliche Finanzamt den Einheitswert vor dem Kauf ermittelt. Und selbst dann bleibt eine Unsicherheit: Die Kommune kann den Hebesatz ja jederzeit ändern – und dann wird es meist teurer.

Weil die Grundsteuerberechnung so komplex ist und eine bundesweit einheitliche Immobilienbewertung fehlt, hat der Bundesfinanzhof die bestehende Regelung bereits als verfassungswidrig eingestuft. Seit April 2012 sind alle Grundsteuerbescheide lediglich vorläufig. Leider bemühen sich Länder und Kommunen bislang vergeblich um einen Grundsteuerreform. Bisher war kein alternatives Berechnungsmodell mehrheitsfähig.

Vor allem die völlig veralteten Einheitswerte bleiben ein Problem. Im Januar beschäftigt sich erstmals das Bundesverfassungsgericht mit dem bisherigen Einheitswertverfahren. Derweil ringen die Bundesländer um Einigkeit bei einem neuen Bewertungsmodell. Ein Gesetzentwurf dazu liegt schon im Bundestag. Zuletzt scherten aber Hamburg und Bayern wieder aus, weil sie bei dem zunächst angestrebten Bewertungsverfahren nach Herstellungskosten massive Steuererhöhungen im Falle einer Grundsteuerreform befürchteten. „Dass das Hessische Modell bereits aus eigenen Reihen der Bundesländer Kritik bekommt, ist schon bezeichnend“, sagt Reiner Holznagel, Präsident beim Bund der Steuerzahler. Schon seit den Neunzigerjahren wird um eine Grundsteuerreform gerungen. Jetzt blicken Länder und Kommunen gespannt auf Karlsruhe. Holznagel geht davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht wichtige Hinweise in einem Urteil geben wird, welche Kriterien ein neues Bewertungsmodell erfüllen muss. „Insgesamt ist es sehr bedauerlich, dass das Bundesverfassungsgericht der Politik wieder einmal auf die Sprünge helfen muss“, kritisiert Holznagel.

Grundsteuerhebesätze deutscher Städte (Beispiele)

Eine Einigung geschweige denn eine Verabschiedung des Grundsteuerreformgesetzes ist aktuell nicht absehbar. Auch nicht, ob es für Immobilieneigentümer künftig günstiger oder – das ist wahrscheinlicher – teurer wird. Aber der Druck, eine Grundsteuer-Reform zuwege zu bringen, steigt. „Das neue Bewertungsmodell muss ein Dreiklang sein: für den Steuerzahler transparent, mit wenig Aufwand umsetzbar und rechtssicher“, fordert Holznagel.

Wie Vermieter Grundsteuer umgehen

Die besten Chancen, die Grundsteuer zu umgehen, haben vor allem Vermieter. Steht ein Mietshaus größtenteils leer und es wurde nachweislich per Inserat oder Makler ein Mieter gesucht, aber niemand gefunden, kann das Finanzamt einen Teil der Grundsteuer erlassen. Den Leerstand darf der Vermieter allerdings nicht durch überhöhte Mieten provoziert haben.

Allerdings entfällt die Grundsteuer dann nicht komplett. Steht etwa die Hälfte eines Mietshauses leer und die Mieteinnahmen fallen um 50 Prozent, erlässt das Finanzamt ein Viertel der Grundsteuer. Bei komplettem Mietausfall müssen Vermieter also immer noch die halbe Grundsteuer bezahlen.

Für Hausbesitzer, die selbst in ihrer Immobilie wohnen, gibt es kaum Möglichkeiten, die Grundsteuer zu senken. Lediglich Inhaber eines denkmalgeschützten Hauses können oft hohe Ausgaben für den Erhalt oder Umbau des historischen Altbaus geltend machen – und werden mit dem Wohlwollen des Finanzamts von der Grundsteuer befreit.

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