Grundsteuerreform Warum ein wertorientiertes Modell Quatsch ist

Grundsteuer: So sollte die Reform aussehen Quelle: imago images

Die Länderminister treffen sich zu Beratungen über eine Grundsteuerreform. Aber der diskutierte Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz führt nur ins Chaos. Wie es aus seiner Sicht besser geht, beschreibt der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Alexander Weigert in seinem Gastbeitrag.

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Eines ist gewiss: Die Grundsteuer muss reformiert werden. Im April 2018 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass das aktuelle System zur Berechnung der Grundsteuer verfassungswidrig sei. Es sei völlig überholt und führe zu gravierenden Ungleichbehandlungen der Immobilienbesitzer. Das Bundesverfassungsgericht fordert eine Reform der Grundsteuer bis Ende 2019. Danach bekommt die Finanzverwaltung fünf Jahre Zeit, um die neuen Regeln anzuwenden. Nach Ablauf der fünfjährigen Frist müssen die neuen gesetzlichen Regeln angewandt werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat bei seinem Urteil vor allem zwei Auflagen an die Reformer gerichtet: Das neue Gesetz soll mit dem Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz vereinbar sein und die neue Grundsteuer soll eine Bewertungskomponente enthalten.

Bisher wird die Grundsteuer auf Grundlage von Einheitswerten erhoben. Also die Steuer wird pro Immobilieneinheit berechnet. Die Einheitswerte wurden erstmals 1935 festgelegt. Aktualisiert wurden die Einheitswerte 1964 für Westdeutschland. In Ostdeutschland gelten immer noch die alten von 1935. Hinzu kommt ein Hebesatz, den die Gemeinden jeweils unterschiedlich festlegen. Folglich zahlen Immobilienbesitzer in unterschiedlichen Gemeinden unterschiedlich viel Grundsteuer.

An diesem Montag also treffen sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz und die Länderfinanzminister, um über die Reform der Grundsteuer zu beraten und es werden schwierige Verhandlungen erwartet. Ursprünglich war Olaf Scholz für eine Grundsteuer, die sich an Flächen orientiert. Dass er für ein Flächenmodell war, hat er aber leider wieder vergessen. Jetzt als SPD-Finanzminister hat er Ende November 2018 ein Modell vorgestellt, das sich am Wert der Immobilie orientieren soll und das derzeit heftig diskutiert wird - und das zu Recht.

Aufwändig und streitanfällig

Ein wertorientiertes Modell - auch Verkehrswertmodell genannt– ist nämlich Quatsch. Warum? Ganz einfach: Weil die dafür notwendigen Daten, also die Verkaufspreise von Immobilien für Grundstücke und Gebäude, in die die Grundstücks- und Gebäudeart, die Größe, Lage, Wohn- und Nutzfläche, die Nutzung, das Baujahr und die Eigentumsverhältnisse einfließen, nicht vorliegen. Es wäre darüber hinaus die aufwendigste und streitanfälligste Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, so die „Arbeitsgruppe Eckpunkte vereinfachte Grundsteuer“. Über Jahre hinweg würde sich daraus eine rechtliche Unsicherheit ergeben.

Ebenfalls diskutiert wird eine Mitwirkungspflicht der Steuerpflichtigen. Davon würde die Steuerberaterbranche sicherlich profitieren. Dennoch lehnen wir das Modell ab. Der bekannte Steuerrechtsexperte Gregor Kirchhof schreibt in einem Aufsatz, dass mit einem wertorientierten Modell die Grundsteuer zum Beispiel in Fürth um das Zehnfache steigen würde. Dies würde in teuren Ballungszentren wie Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg oder München die Mieten noch weiter verteuern. Zudem würden Unternehmen, die Grund in attraktiven Lagen besitzen, erheblich belastet.

Gegen ein wertorientiertes Modell spricht somit vor allem eins: Es ist unrealistisch. Je nach Schätzung würden etwa 35 Millionen Einheiten neu zu bewerten sein. Die Finanzämter könnten das selbst in der Übergangszeit von fünf Jahren nicht leisten. Das ist eine chaospolitische Forderung. Zudem wären für das von Scholz geforderte Modell mehr als 2.500 zusätzliche Finanzbeamte in der Übergangsphase notwendig.

An der bislang geführten Diskussion gibt es zudem grundsätzlich etwas zu kritisieren: Die Grundsteuer ist eine Gemeindesteuer und keine Reichensteuer. Mit der Grundsteuer finanzieren die Gemeinden ihre Infrastruktur zum Vorteil aller Einwohner. In den vergangenen Wochen wurde die Grundsteuer mehr als Reichensteuer dargestellt.

Flächenmodell: einfach und ausbaufähig

Tatsächlich wäre das Flächenmodell viel besser geeignet. Erstens ist es verfassungssicher, denn es folgt dem Gleichheitsgrundsatz. Und zweitens ist es auch einfach umsetzbar. Ein wichtiger Punkt, auch wenn wir als Beratungsunternehmen von einem wie von Olaf Scholz geforderten komplexen wertorientierten Modell mehr profitieren würden..

Die Funktionsweise einer flächenbasierten Grundsteuer wäre einfach: Als Berechnungsgrundlage dient die Grundstücksfläche und die Bruttogrundfläche der Gebäude. Für die Flächen ließen sich für Wohngebäude 20 Cent pro Quadratmeter und für andere Gebäude 40 Cent pro Quadratmeter ansetzen; für die Grundstücksfläche, wie die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft vorschlägt, zwei Cent pro Quadratmeter. Steht auf einem Grundstück ein Gebäude mit mehreren Stockwerken, würden zur Erfassung der Flächen höhenbezogene Multiplikatoren zugewiesen.

Zudem ließe sich das Modell weiter verbessern. Unsere Vorschläge wären:

- ein Regionalfaktor. Somit würden Regionen mit sehr guter Infrastruktur (Kindergärten, Straßen, öffentlicher Nahverkehr, Kultur- und Sportangebote) eine höhere Grundsteuer erheben als Regionen mit schwacher Infrastruktur.

weniger Gebäudetypen. Das wäre ganz im Sinne des Bürokratieabbaus. Wieso weiter zwischen Wohngebäuden und anderen Gebäuden (wie zum Beispiel Gewerbeimmobilien) unterscheiden? Einheitliche Sätze würden hier eine deutliche Vereinfachung bringen. Eine einheitliche Bewertung von Wohn- und anderen Gebäuden mit 20 Cent pro Quadratmeter Bruttogrundfläche würde sicher funktionieren.

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