Häuserpreise Die übertriebene Angst vor der Immobilienblase

Die Preise für Wohneigentum klettern immer weiter. Die Bundesbank warnt bereits vor überteuerten Immobilien mit hohen Verlustrisiken. Aber Panik ist unangebracht, für viele Hauskäufer gibt es Entwarnung.

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So teuer ist Wohnen in Deutschland
Ein Run auf Immobilien und kräftig steigende Mieten: Der Wohnungsmarkt in Deutschland ist äußerst angespannt. Die zunehmende Urbanisierung treibt die Mietpreise in den deutschen Metropolen seit Jahren in die Höhe. Doch auch in einigen Kleinstädten gehen die Preise für Mietobjekte durch die Decke. In welchen Bundesländern die Mietpreise am stärkten zulegen, zeigt eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes. Quelle: dpa
Platz 10: Sachsen-AnhaltIm Jahr 2012 verzeichnete Sachsen-Anhalt lediglich einen moderaten Mietpreisanstieg von 1,7 Prozent. Die Netto-Kaltmieten lagen im vergangenen Jahr bei 4,79 Euro pro Quadratmeter, nach 4,71 Euro im Jahr 2011. Ein Grund für den geringen Preisanstieg ist der leichte Bevölkerungsrückgang im Jahr 2012. Die lokalen Behörden zählten insgesamt 17.000 Abwanderer. Die Nachfrage nach Wohnraum ging deutlich zurück. Quelle: dpa
Platz 9: HessenIm Bundesland Hessen lag der Mietpreisanstieg im Jahr 2012 nur minimal höher. Die Netto-Kaltmieten legten um 1,8 Prozent auf 8,0 Euro pro Quadratmeter zu. Quelle: dpa
Platz 8: BayernDie bayrische Landeshauptstadt München gehört zu einem der teuersten Pflaster in Deutschland. Die Mietpreise sind in den vergangenen Jahren regelrecht explodiert. Im gesamten Bundesland fällt der Preisanstieg dagegen deutlich geringer aus. Im vergangenen Jahr kletterten die Netto-Kaltmieten um 0,26 Euro auf 7,77 Euro pro Quadratmeter - ein Anstieg von 3,5 Prozent. Preistreiber war vor allem die Zuwanderung. Von den knapp 200.000 Einwanderern fanden 76.000 Menschen in Bayern ein neues Zuhause. Quelle: AP
Platz 7: HamburgWenn's ums Wohnen geht, gehört Hamburg sicherlich zu einem der Top-Adressen in Deutschland. Die hohe Nachfrage nach Wohnobjekten spiegelt sich auch in den Immobilen - und Mietpreisen wieder. Im Jahr 2012 zahlten Mieter 10,92 Euro pro Quadratmeter. Im Vergleich zum Jahr 2011 ein Anstieg von 3,6 Prozent. Quelle: dpa
Platz 6: Nordrhein-WestfalenDer Trend – weg vom Land, hin zu den Städten – sorgt für einen starken Bevölkerungszuwachs in Nordrhein-Westfalens Metropolen. Eine Studie der BBSR Bonn rechnet mit einem Bevölkerungszuwachs bis 2030 von 7,5 Prozent in Großstädten wie Köln und Düsseldorf . Gleichzeitig wird der Wohnraum immer knapper. Das treibt die Preise. Im Jahr 2012 zahlten Mieter 5,97 Euro pro Quadratmeter - ein Anstieg von 4,0 Prozent im Vergleich zum Jahr 2011. Quelle: dpa
Platz 5: Baden-Württemberg Auch in Baden-Württemberg steigen die Mietpreise seit Jahren an. Preistreiber ist vor allem die relativ geringe Arbeitslosenquote. Die Spitzenwerte liegen bei maximal sieben Prozent, in vielen Teilen des Bundeslandes herrscht sogar Vollbeschäftigung. Eine finanzstarke Mittelschicht, das Haushaltseinkommen liegt vielerorts bei über 1750 Euro, treibt so die Mietpreise seit Jahren in immer neue Sphären. Alleine im Jahr 2012 legten die Mieten um 4,2 Prozent zu. Der Preis für einen Quadratmeter lag bei 7,47 Euro. Quelle: dpa

Der Immobilienmarkt brummt, die Nachfrage nach den eigenen vier Wänden übersteigt deutschlandweit betrachtet das Angebot. Kein Wunder also, dass die Immobilienpreise vielerorts munter steigen – und das teilweise schneller, als gerechtfertigt. Das ergab zumindest eine umfangreiche Analyse der Deutschen Bundesbank. Demnach ist es in den Städten "möglicherweise" im Zuge des Booms seit 2010 zu Überbewertungen gekommen, heißt es in dem Bericht. Zwar seien "substanzielle Übertreibungen am Wohnimmobilienmarkt als Ganzem nicht zu erkennen", doch gerade in den Ballungsgebieten und den gefragten Metropolen mit ihren Speckgürteln hätten die Immobilienpreise ein Niveau erreicht, das sich "fundamental nur noch schwer rechtfertigen" lasse, so die Bundesbank.

Wo der Immobilienmarkt heiß läuft: Verteilung der Preissteigerungen bei Wohnimmobilien (Wiederverkauf, 2010 bis 2012) (Für eine vergrößerte Ansicht bitte anklicken) grau: Obergrenze Preisveränderung pro Jahr: 2,6% bei Wohnungen und 1,0% bei Reihenhäusern hellblau: Obergrenze Preisveränderung pro Jahr: 5,5% bei Wohnungen und 3,4% bei Reihenhäusern dunkelblau: die 10% aller untersuchten Regionen mit den höchsten Preissteigerungen Quelle: BulwienGesa AG; Basiskarte: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Kommt es also zur gefürchteten Immobilienblase in Deutschland? Experten haben viele Argumente, die dagegen sprechen. Allerdings sollte die Entwicklung in einzelnen Regionen und vor allem bei Eigentumswohnungen Hauskäufer für Verlustrisiken sensibilisieren. Welche Faktoren für und welche gegen die Bildung einer Immobilienpreisblase sprechen, soll im Folgenden skizziert werden.

Der Unterschied zwischen Preis und Wert

Leser hatten es in Kommentaren auf WirtschaftsWoche Online bereits kritisch angemerkt: Bei Immobilien müssen Käufer und Eigentümer unterscheiden zwischen dem Preis, den sie für das Wohneigentum bezahlen, und dem Wert, den diese Immobilie tatsächlich hat. Letzterer entspricht nämlich nur dem Preis, den der Eigentümer bei einem Verkauf tatsächlich erzielen kann. Alternativ lässt er sich auch mit den über die Nutzungsdauer erzielbaren Mieteinnahmen abschätzen. Ob eine Immobilie ihren Preis wert ist, zeigt sich somit nur beim tatsächlichen Verkauf oder über die zukünftige Rendite, die sich durch Vermietung erzielen lässt.

Diesen Wert schon beim Kauf einer Immobilie zu kennen, wäre Hellseherei, denn sowohl ein Verkaufspreis als auch Mieteinnahmen sind mit den Unsicherheiten der künftigen Entwicklung behaftet und vernachlässigen viele Faktoren, die für Werterhalt und -entwicklung einer Immobilie ausschlaggebend sind. Ob ein regionaler Immobilienmarkt über-, unter- oder fair bewertet ist, lässt sich nur anhand von umfangreichen Daten und Prognosen ermitteln. In einer aufwändigen Modellrechnung hat die Bundesbank somit den fundamental gerechtfertigten Preis von Immobilien ermittelt.

Immobilienpreis und Einkommen entwickeln sich parallel

Die Autoren der Analyse argumentieren, dass gängige Indikatoren für das Immobilienpreisniveau wenig aussagekräftig im Hinblick auf die fundamental gerechtfertigte Bewertung von Wohneigentum sind. So ist ein gängiger Indikator etwa das Preis-Miet-Verhältnis. Danach sollte der Kaufpreis einer Immobilie dem heutigen Gegenwert der Nettomieten entsprechen, die für die Zukunft erwartet werden. Sofern der so gebildete Mietzins konstant bleibt, würden sich Wohnungspreise und –mieten parallel entwickeln. Erst seit 2004 liegen dazu Daten für das gesamte Bundesgebiet vor – und gemessen daran haben sich Preise und Mieten noch nicht voneinander entfernt, die Immobilienpreise scheinen somit gerechtfertigt. Ein anderer Indikator ist das Preis-Einkommen-Verhältnis. Bleibt das Preis-Miet-Verhältnis unverändert, und enteilt das Preis-Einkommen-Verhältnis diesem Indikator, wären Immobilien für private Haushalte immer unerschwinglicher.

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