Immobilien als Altersvorsorge Betongold für den Ruhestand - verkaufen oder vermieten?

Viele Immobilien werden als Teil der Altersvorsorge gekauft. Angesichts der hohen Preise fragen sich jetzt viele Besitzer, ob sie verkaufen sollten, oder lieber weiter vermieten. Beides hat Vor- und Nachteile.

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Immobilien als Altersvorsorge - verkaufen oder vermieten?

Auf den ersten Blick sind Immobilienbesitzer in Deutschland nur zu beneiden. Die Preise sind auf einem Rekordhoch, gleichzeitig sorgen günstige Finanzierungskonditionen dafür, dass potenzielle Käufer Schlange stehen. Kein Wunder, dass Immobilien oft als tolle Altersvorsorge angepriesen werden. „Für Ihre Altersvorsorge“ prangt in großen Lettern über einer Wohnungsanzeige in einem der gängigen Online-Immobilienportale. Verkauft werden soll eine derzeit vermietete Eigentumswohnung in Dresden.

Das Problem: oft zeigt sich erst Jahre nach dem Kauf, ob die Immobilie auch tatsächlich für die Altersvorsorge geeignet ist. Denn auch die eigenen vier Wände sind als Kapitalanlage nicht so sicher, wie viele denken. Je näher es auf den Ruhestand zugeht, desto dringender werden die Fragen: soll die Wohnung behalten werden, um von den regelmäßigen Mieteinnahmen zu profitieren? Nutze ich die hohen Preise lieber für einen schnellen Verkauf? Oder kann ich die Wohnung selber beziehen und spare damit die Miete?

Wo die Immobilienpreise am stärksten fallen

Eins vorweg: eine pauschale Antwort auf derartige Fragen gibt es nicht. „Ob es sinnvoll ist, die Immobilie zu verkaufen, oder sie als Mietwohnung mehr abwirft, kommt immer auf die individuelle Situation an“, erklärt Dirk Scobel, Immobilien-Experte bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Nicht nur die Lage der Immobilie spiele dabei eine entscheidende Rolle, sondern auch die persönliche finanzielle Situation.

Preis allein ist kein Argument

Denn wer denkt, die hohen Immobilienpreise seien per se ein guter Grund zum Verkauf, hat möglicherweise zu kurz gedacht. „Wer aktuell Geld braucht, kann natürlich verkaufen“, sagt Scobel. Von einem Verkauf nur aufgrund der hohen Preise rät der Verbraucherschützer allerdings ab. „Das Geld muss ja auch wieder irgendwo angelegt werden“. Und auf Sparbüchern oder mit Tages- oder Festgeld sei eben im Moment aufgrund der niedrigen Zinsen kaum Rendite möglich.

Was beim Hausverkauf zu beachten ist
Wer bekommt das Geld?Vor dem Verkauf sollten auf jeden Fall die Besitzverhältnisse geklärt sein. Wenn es mehrere Eigentümer gibt, wie beispielsweise bei Ehepaaren, dann steht auch beiden der Verkaufspreis zu. Kompliziert wird es, wenn ein Dritter Ansprüche hat, etwa weil er lebenslanges Wohnrecht in der Immobilie hat.    Quelle: gms
Was passiert mit den Schulden?Sollte die Immobilie noch mit Schulden belastet sein, ist zu klären, was damit passiert. Die Bank als Darlehensgeber muss beispielsweise zustimmen, damit der neue Eigentümer die Schulden übernehmen darf. Auch bei einer vorzeitigen Tilgung des Darlehens muss der Kreditgeber zustimmen. Quelle: dpa
Zeit lassenNicht nur der Kauf, auch der Verkauf einer Immobilie sollte immer gut durchdacht sein. Wer viel Geld für sein Haus bekommen möchte, sollte also nicht überhastet auf die Suche nach Käufern gehen, sonst muss am Ende der Preis gesenkt werden. Quelle: AP
Mit oder ohne MaklerFür jeden Verkäufer stellt sich die Frage, ob er mit oder ohne Makler verkaufen will. Einerseits kann es für den Verkäufer bequem sein, einen Makler einzusetzen. Dieser kümmert sich um Besichtigungstermine, Zeitungsanzeigen und andere Formalien. Andererseits muss dann auch die Kostenfrage geklärt sein. Denn die Maklerprovision kann entweder nur vom Käufer gezahlt werden, oder von Käufer und Verkäufer zu gleichen Teilen. Dann beträgt sie in der Regel für jeden maximal drei Prozent. Quelle: dpa
Viele EinschränkungenGrundsätzlich wird auf Gewinne von Hausverkäufen Einkommensteuer fällig. Allerdings hängt die Steuerpflicht davon ab, wie die Immobilie vorher genutzt wurde. War die Immobilie vermietet und wird innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung verkauft, werden auf die Gewinne Steuern fällig. Ist die Zehn-Jahres-Frist abgelaufen, stehen Verkäufer besser dar. Auch selbstgenutzte Häuser dürfen unter bestimmten Umständen steuerfrei verkauft werden. Quelle: dpa
Wohnlage entscheidet über PreisIn guten Lagen wie hier in Frankfurt am Main sollte es kein Problem sein, einen guten Käufer für die Immobilie zu finden. Wer allerdings weit ab von Ballungsräumen auf dem Land wohnt, sollte genau prüfen, welchen Preis er für sein Haus verlangen kann. Quelle: dpa
Kritische FragenKritische Fragen des Interessenten können schnell nach hinten los gehen. Wer die hohen Heizkosten seiner Immobilie lieber verschweigen will, sollte sich auf entsprechende Fragen gut vorbereiten. Grundsätzlich gilt: Häuser mit einer guten Energiebilanz lassen sich auch gut verkaufen. Quelle: dpa

Wer sich dennoch für den Verkauf entscheidet, muss die Einnahmen entsprechend aktiv anlegen und verwalten. Einfach auf einem Sparkonto geparkt werden sollte das Geld nicht. Mit dem reinen Verkauf ist es also nicht getan, viel Zeit und Aufwand muss investiert werden, um das frei werdende Kapital sinnvoll und altersgerecht wieder anzulegen.

Hinzu kommt die Crux mit der Lage. Denn längst nicht überall sind die Preise auf Rekordniveau. Wer eine Immobilie im ländlichen Raum besitzt, hat oft eher mit Wertverlust zu kämpfen als mit steigenden Verkaufspreisen. Dabei sind es gerade diese Gegenden, in die viele Immobilienkäufer zur Altersvorsorge gelockt wurden. Nicht nur in Ostdeutschland wurden Wohnungen als mögliche Renditeknaller gezielt als Altersvorsorge angepriesen, auch in anderen strukturschwachen Gegenden wie rund um Duisburg wurde mit dem Vorsorge-Verkaufsargument die Werbetrommel gerührt.

Verkaufen trotz Wertverlust?

Auch Bert Schneider* hat vor vielen Jahren in Magdeburg eine Zwei-Zimmer-Wohnung gekauft – als Absicherung fürs Alter. Die 55 Quadratmeter große Bleibe liegt am Stadtrand und ist derzeit vermietet. Immerhin 320 Euro bringt sie monatlich in die Kassen des Rentners. Nun überlegt Schneider, ob er die Wohnung nicht lieber verkaufen sollte. Mit dem Geld hofft er, mögliche Pflegekosten bezahlen zu können.

Landkreise mit dramatischem Bevölkerungsschwund

Auch im Fall von Schneider ist der Wertverlust bereits immens. Durchschnittlich 1000 Euro pro Quadratmeter bekommen Verkäufer in Magdeburg laut einem Preisspiegel der Bausparkasse LBS. Gekauft hat Schneider für viel mehr. Trotzdem will er verkaufen. So kann zwar einerseits ein noch höherer Wertverlust verhindert werden. Allerdings entfallen auch die regelmäßigen Mieteinnahmen, welche durchaus ein Pfeiler der Altersvorsorge sein können.

Wie können Immobilienbesitzer trotz schlechterer Ausgangslage einen akzeptablen Preis erzielen? Oder sollten sie lieber Vermieter bleiben?

Steuerfragen beantworten

Zunächst gilt es zu klären, ob sich der Verkauf überhaupt lohnen kann. Zwar ist der Gewinn aus dem Verkauf der Immobilie grundsätzlich steuerfrei. Allerdings müssen dafür gewisse Bedingungen erfüllt sein – wer diese nicht einhält, zahlt Einkommensteuer auf den Verkaufserlös.

Was Bewerber wissen müssen

Wird eine Immobilie weniger als zehn Jahre besessen, geht der Fiskus davon aus, dass es sich um ein Spekulationsobjekt handelt. Bei der Frist gelten klare Grenzen. Es gilt jeweils das Datum des Notarvertrags, nicht das Datum, an dem die Eigentümer die Wohnung übernommen haben. Wichtig ist diese Frist vor allem für Immobilienbesitzer, die ihr Objekt vermietet haben. Wer dagegen ausschließlich oder zumindest im Jahr vor dem Verkauf selber in dem Haus oder der Wohnung gelebt hat, muss sich keine Sorgen machen, diese Immobilien sind von der Steuerpflicht befreit.

Soweit die Regeln für private Immobilienverkäufer. Gewerbliche Verkäufer dagegen – wer innerhalb von fünf Jahren mehr als drei Immobilien zeitnah nach dem Kauf wieder verkauft gilt beim Fiskus als gewerblich – zahlen Steuern auf ihren erzielten Wertzuwachs.

Auch die Mietsituation kann sich auf den Verkauf auswirken. „Ist die Wohnung vermietet, schmälert das in der Regel den Kaufpreis“, erklärt Scobel. Zwar sorgt der Mieter für Sicherheit. Andererseits sind dem neuen Eigentümer die Hände gebunden. Besteht ein alter Mietvertrag zu günstigen Konditionen für den Mieter, kann auch der neue Eigentümer da nicht einfach so dran rütteln.

*Name geändert

Nicht irgendwo kaufen

Da viele das als Nachteil sehen, warten einige mit dem Verkauf, bis der Mieter auszieht. Auch ein Verkauf an den aktuellen Mieter wäre möglich. Damit liebäugelt auch Bert Schneider. Dabei spielt allerdings die Angebotssituation am jeweiligen Ort eine große Rolle. Je größer das Angebot an bezahlbaren Mietwohnungen, desto geringer ist in der Regel das Interesse an einer eigenen Immobilie – insbesondere in Wohngegenden mit einer unklaren preislichen Perspektive.

Mieten oder kaufen? Die größten deutschen Städte im Test
Das Essener Wahrzeichen, der Förderturm der ehemaligen Zeche und des heutigen Museums Zeche Zollverein Quelle: dpa
Das "U" auf dem Dach der Unions-Brauerei Quelle: dpa
Skyline von Düsseldorf im Winter Quelle: dpa
Bremer Marktplatz Quelle: dpa
Blick über den Rhein auf Köln Quelle: dpa
Menschen auf dem Schlossplatz in Stuttgart Quelle: dpa
Neues Rathaus in Hannover Quelle: dpa

Anders als in Frankfurt, Hamburg oder Köln könnte es in anderen Lagen also schwieriger werden, überhaupt einen Käufer für die Wohnung zu finden. Doch auch hier gilt: es kommt auf den individuellen Fall an. Einige B- und C-Lagen sind laut Experten immer stärker gefragt, weil die Käufer dahin ausweichen. Städte wie Fulda, Leipzig oder Marburg bieten Chancen. Das bestätigten zuletzt immer wieder Umfragen unter Käufern. Auch der Immobiliendatenanbieter empirica-systeme rät, sich in Universitätsstädten oder im Speckgürtel der gefragten Zentren umzusehen. Hier ließe sich noch eine attraktive Rendite erwirtschaften, so Sebastian Hein von empirica-systeme.

Selber umziehen?

Wer dagegen in einer wenig gefragten Lage gekauft hat und langfristig den Ärger mit Mietern scheut, kann sich lediglich überlegen, die Immobilie im Ruhestand selber zu nutzen. Bei der zum Verkauf stehenden Wohnung in Dresden wäre das kein Problem, sie ist im Erdgeschoss. Doch nicht nur die Ausstattung spielt dafür eine Rolle, auch die Lage. Gerade die als Renditeknüller angepriesenen Wohnungen zur Altersvorsorge haben oft keine seniorengerechte Infrastruktur oder sind nicht mit der persönlichen Lebenssituation vereinbar. Die Eigennutzung ist also in den seltensten Fällen eine Alternative zum verkaufen oder vermieten.

Ein einfaches richtig oder falsch gibt es also bei der Frage vermieten oder verkaufen nicht. Aber das Dilemma zeigt auf, warum viele Immobilien, die als Altersvorsorge gekauft werden, am Ende oft nicht die erhoffte finanzielle Absicherung im Ruhestand einbringen. „Wer seine Altersvorsorge teilweise aus einer Immobilie finanzieren will, sollte in Lagen kaufen, deren Qualität er einschätzen kann“, rät Verbraucherschützer Scobel.

Viele machen den Fehler, und denken beim Thema Immobilien und Altersvorsorge nur an die mögliche Rendite. Dort wo es günstig ist, weit weg vom eigenen Wohnort, wird gekauft. Das ist aber oft ein Fehler. Nicht nur, weil man das Preispotenzial der Lage häufig falsch einschätzt. Zudem wird es gerade im Alter beschwerlich, wenn man selber in Schwaben wohnt, die Immobilie sich allerdings in Hannover befindet.

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