Immobilien Die Party geht weiter, aber nicht für alle

Die Nachfrage nach deutschen Gewerbeimmobilien ist extrem hoch. Doch für Anleger offener Immobilienfonds ist das nicht unbedingt ein Grund zum Jubeln. Ihre Fondsmanager haben weiterhin Mühe, das Geld sinnvoll auszugeben.

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Immobilienexperten beobachten, dass an einigen Standorten die Mieten für Büros seit mehreren Monaten nennenswert steigen. Quelle: dpa

Berlin Das Jahr 2017 birgt für Anleger nicht zu unterschätzende politische Risiken: Die Briten werden über den Ausstieg aus der Europäischen Union verhandeln, der designierte US-Präsident Donald Trump tritt sein Amt an, in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und womöglich auch in Italien stehen Wahlen an.

Aber eine Konstante scheint es zu geben: den deutschen Immobilienmarkt. So sehen es jedenfalls die meisten Branchenvertreter. „Es spricht einiges dafür, dass die guten Zeiten noch anhalten“, erwartet Frank Pörschke, Deutschland-Chef des Immobiliendienstleisters JLL.

Andreas Pohl, Vorstandssprecher des Gewerbeimmobilienfinanzierers Deutsche Hypo, sagt: „Bis auf weiteres halte ich speziell den deutschen Immobilienmarkt für robust genug, um auch weiterhin politischen Einschnitten und geopolitischen Krisen standzuhalten.“

 

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Berlin Hyp nach einer Umfrage: Rund 84 Prozent der Befragten bewerten den deutschen Immobilienmarkt noch als „viel“ oder „etwas attraktiver“ als andere europäische Immobilienmärkte.

Carsten Ape, für das Bürovermietungsgeschäft des JLL-Wettbewerbers CBRE in Deutschland verantwortlich, kommentiert: „Deutschland profitiert von der Unsicherheit anderswo.“ Wenn er mit Mietinteressenten spreche,  sehe „keiner dunkle Wolken heraufziehen“.

Besonders positiv bewerten die Teilnehmer der Berlin-Hyp-Umfrage den Markt für Bürogebäude: „78 Prozent des Panels bescheinigen der Assetklasse Büro eine weitere Boomphase in den kommenden fünf Jahren.“

Dies dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass die Mieten für Büros seit mehreren Monaten nennenswert steigen, nachdem sie über mehrere Jahre fast stagnierten.

Banker Pohl lässt sich von seiner positiven Einschätzung auch nicht dadurch abbringen, dass der Immobilienkonjunkturindex der Deutschen Hypo im Dezember zum zweiten Mal in Folge Abkühlung signalisierte.

Der Index gab um 1,5 Prozent auf aktuell 140,1 Punkte nach. Der Index sei auch in früheren Jahren zum Jahresende abgefallen, erinnert sich Pohl.

Auch dass die Stimmung im Büroimmobiliensektor mit einem Minus von zwei Prozent im Vormonatsvergleich am stärksten abfiel, beunruhigt Pohl nicht. Denn im Vorjahresvergleich ist der Bürosektor der einzige, in dem die Unternehmen noch zufriedener sind.


Gebäude steigen im Wert

Haben Immobilienanleger auch Grund zur Freude? Teils, teils. Ihre Gebäude steigen im Wert. Doch die Wertsteigerungen durch Verkäufe zu realisieren, muss nicht klug sein, weil es - wie in den Vorjahren - schwierig wird, den Gewinn vergleichbar rentabel wieder anzulegen.

„Die Drei ist die neue Fünf“, sagt Helge Scheunemann, der die Analyseabteilung des Immobiliendienstleisters JLL in Deutschland leitet. Soll heißen: Wenn die Mietrendite für eine erstklassige Büroimmobilie in Deutschland vor ein paar Jahren mit einer Fünf vor dem Komma begann, dann ist es heute eine Drei. In Berlin liegen die Büroimmobilienrenditen eindeutig unter vier Prozent. In einem Vergleich ausgedrückt: „Büroraum in Berlin ist zurzeit teurer als in London“, sagt Kollegin Hela Hinrichs.

Der wichtigste Grund: Das Angebot hält nicht annähernd mit der Nachfrage Schritt. Das war in diesem Jahr schon so, so dass das Volumen gewerblicher Immobilien, das den Besitzer wechselt, zum ersten Mal nach sechs Jahren rückläufig ist.

„Das Transaktionsvolumen wird sich voraussichtlich bei rund 48 Milliarden Euro bewegen“, erwartet Pörschke, dessen JLL sich als Marktführer in Deutschland sieht. Das entspreche einem Minus von 13 Prozent.

Der Nachfragedruck lässt die Preise nach Pörschkes Ansicht weiter steigen, aber nicht die Umsätze. Er kalkuliert 2017 mit bis zu 50 Milliarden Euro Umsatz auf dem Investmentmarkt, also einem Niveau, das mit dem in diesem Jahr vergleichbar ist.

Preistreibender Nachfragedruck ist das Gegenteil von dem, was die Anleger offener Immobilienfonds gebrauchen können. Seit Jahren müssen sie mitansehen, wie die Renditen immer weiter fallen.

Die letzte Wertentwicklungsstatistik für die großen Publikumsfonds weist ein Renditespektrum von 2,9 bis 1,9 Prozent aus. Wenn die Büroimmobilienrenditen in Deutschland sinken, können die Fondsrenditen kaum steigen.

Zumal die Renditeentwicklung anderswo nicht wesentlich anders ist. Noch immer stecken knapp 60 Prozent der Anlegergelder offener Immobilienfonds in Bürogebäuden über alle Länder hinweg. Und etwa ein Drittel des Immobilienvermögens der Fonds ist in Deutschland investiert, wo nicht nur die Renditen sinken, die Bürogebäude abwerfen.


Schwierige Lage für Fonds

Früher zählten offenen Immobilienfonds zu den großen Spielern am deutschen Immobilienmarkt. Nun beobachtet der JLL-Mann Pörschke, dass sich die Fonds zurückhalten: „Sie können nur mit Mühe ihre Renditeforderungen verwirklichen.“

So war dies bereits in diesem Jahr, was dazu führte, dass die Fonds Anlegergelder zurückgewiesen und keine Anteile mehr ausgegeben haben. Denn Geld in der Kasse hätte die Fondsrendite noch weiter heruntergezogen.

Dennoch ist Pörschke der Auffassung, dass es sich weiterhin lohnt, in Deutschland zu investieren. Nur in ganz kurzen Phasen war die Differenz zwischen der Nettoanfangsrendite von deutschen Bürogebäuden -  also der Mietrendite zum Kaufzeitpunkt - und der Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe größer als jetzt und dies auch nur in kurzen Phasen in den vergangenen drei Jahren.

„Wenn sich diese Differenz um 50 bis 100 Basispunkte reduziert, ist das überschaubar“, ist Pörschke überzeugt. Wenn die Differenz geringer wird, danndeshalb, weil die Zinsen steigen. Entscheidend sind die Kapitalmarktzinsen, nicht die Leitzinsen. Und die ziehen in den USA wie in Deutschland leicht an.

„Zinssteigerungen wirken sich sehr schnell auf die Nettoanfangsrenditen aus“, beobachtet JLL-Analystin Hinrichs gerade in New York. Steigende Zinsen führen zu Abschreibungen auf Immobilien – allerdings mit Verzögerungen und nicht unbedingt eins zu eins. Schon gar nicht bei deutschen offenen Immobilienfonds, deren Bewertungssystem dazu führt, dass Werte besonders träge nach oben und unten angepasst werden.

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