Immobilien Gut ausgestatteter Büroraum verzweifelt gesucht

Die Konjunktur brummt, die Zahl der Bürobeschäftigten stiegt schneller als das Angebot an Büroflächen. Diese Knappheit hat Folgen und führt zu einer völlig neuen Situation auf dem Markt für Büroimmobilien.

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Ein hell erleuchtetes Bürogebäude, aufgenommen in Berlin in der Abenddämmerung: Derzeit behindern fehlende Büroräume, dass Unternehmen wachsen können. Quelle: dpa

München Wohnungen sind schon knapp und Büros werden es gerade. „Wer in Berlin attraktive Büroflächen sucht, hat nicht mehr viel Auswahl“, weiß Wolfgang Schneider, der die Marktanalyse des französischen Maklerhauses BNP Paribas Real Estate (BNP Paribas RE) in Deutschland leitet. Der Leerstand in der Hauptstadt betrage inzwischen weniger als drei Prozent.

Ähnlich schwierig ist es, in München Platz für Schreibtische zu finden. Wobei es in den übrigen deutschen Büro-Metropolen kaum besser aussiecht. „Es wird dort immer schwieriger in den Innenstädten gut ausgestatteten Büroraum zu finden“, sagte Schneider auf der Immobilienmesse Expo Real in München, die am Donnerstag zu Ende ging und ergänzte: „Das wird sich auch in den nächsten zwei Jahren nicht ändern.“

Für Jan Linsin, beim BNP Paribas RE-Konkurrenten CBRE in der gleichen Position wie Schneider, liegt der Grund auf der Hand: „Die Nachfrage nach Büroflächen wird sich insbesondere in den Immobilienhochburgen vorerst nicht abschwächen.“ Kein Wunder: In Deutschland hatten noch so viel Menschen eine Beschäftigung wie jetzt und die Zahl der Arbeitslosen war in den vergangenen 25 Jahren selten niedriger. CBRE stellt fest, dass der Leerstand auf den fünf größten Büromärkten, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München, in den vergangenen zwölf Monaten um 15 Prozent zurückgegangen ist.

Die positive Seite für Makler und Vermieter: In den ersten neun Monaten dieses Jahres wurden nach Zahlen von BNP Paribas RE in den genannten Hochburgen plus Essen, Köln und Leipzig 2,7 Millionen Quadratmeter Bürofläche neu vermietet, fast zwölf Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Die monatlichen Höchstmieten nahmen um rund drei Prozent auf 25,25 Euro je Quadratmeter zu. Ein deutliches Plus nach vielen Quartalen mit nahezu stagnierenden Mieten.

Dass Büroraum knapp wird liegt nicht nur an der sehr hohen Nachfrage, sondern auch an der Umwandlungen von Büros in Hotels und Wohnungen. Dadurch verlören die großen Bürozentren im Schnitt 150 000 Quadratmeter Bürofläche pro Jahr, berichtete Andreas Völker, Geschäftsführer der deutschen BNP Paribas RE-Holding, auf der Messe.

Allerdings handelt es sich dabei um Objekte, die angesichts der gestiegenen Ansprüche der Mieter an Ausstattung und Flächeneffizienz kaum noch vermietbar sind. Das gilt ganz besonders für Frankfurt, wo noch immer mehr Büroraum leer steht als in jeder anderen Stadt, so dass auch dort im Grund genommen Büroknappheit herrscht.


Es wird zu wenig gebaut

Ob der Austritt der Briten aus der Europäischen Union die Suche nach erstklassigen Büros in Frankfurt noch einmal verschärft, ist gegenwärtig noch nicht absehbar. Carsten Ape, Chef der Bürovermietung von CBRE in Deutschland, meint, „ab Ende 2017, Mitte 2018 kommt dann Bewegung in den Markt. Die Banken, die jetzt Flächen sondieren, werden spätestens dann konkret in die Anmietung gehen“.

Laut BNP Paribas RE wurde in Frankfurt 2016 im Vergleich der ersten neun Monaten fast 18 Prozent mehr Bürofläche vermietet als ein Jahr zuvor. Die Knappheit hat Folgen: „Unternehmen kommen an ihre Wachstumsgrenzen“, beobachtet Völker. Das führe bereits dazu, dass Unternehmen in den aktuell angemieteten Räumlichkeiten Konferenz- in Büroräume umwandelten, weil sie keine neuen größeren Flächen fänden.

Die Situation, dass die Expansion von Unternehmen über einen längeren Zeitraum hinweg durch fehlende Büroflächen behindert wird, ist völlig neu. Früher ließen Projektentwickler bei den kleinsten Anzeichen von Büromangel die Baukräne so schnell rotieren, dass binnen ein, zwei Jahren ein Überangebot an freien Büros entstand. Jetzt kommen sie mit dem Bauen nicht nach.

Die BNP-Paribas-RE-Experten haben dafür mehrere Ursachen ausgemacht. Den Büroprojektentwickler fehlten Grundstücke, auch weil sie mit Wohnungsbauträgern um die wenigen Grundstücke konkurrieren müssen. Das treibt die Grundstückspreise hoch. Ohnehin gebe in den Metropolen kaum noch die Möglichkeit nach zu verdichten, meint Völker. Das heißt: Für zusätzliche Bauten, etwa auf Grünflächen zwischen vorhandenen Häusern, gibt es keine Baugenehmigungen.

Eine weitere Restriktion für Büroprojetentwickler sind Mindest-Vorvermietungsquoten der Banken. Finanzierungszusagen gebe es erst, wenn etwa 60 bis 70 Prozent der Fläche vorvermietet seien, berichten die Experten der BNP Paribas RE. Für Anbieter von Wohnprojekten sei es leichter Geld von der Bank zu bekommen. In den kommenden beiden Jahren sollen in den acht von BNP Paribas RE betrachteten Städten Bürohäuser mit einer Fläche von rund 1,8 Millionen Quadratmeter fertiggestellt werden.

Auf den Mietmarkt wird aber nur etwa die Hälfte der Fläche angeboten werden. Die andere Hälfte sei bereits vorvermietet oder entfalle auf Eigennutzer, rechnete Schneider in München vor. Aus diesem Grund werden Büromieter für neue Mietverträge deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen.

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