Immobilien Das schmutzige Geschäft mit der Wohnungsnot

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Kontrollen, Kontrollen

Erteilte Baugenehmigungen und neu gebaute Wohnungen seit 1991 Quelle: destatis, Euroconstruct

Wenn Verteilung in einem Markt mit hoher Nachfrage nicht nur über den Preis läuft, steigt das Risiko, dass Korruption und unlautere Praktiken zunehmen. Und Regulierung zieht weitere Regulierung nach sich. Mit verzweifelt anmutenden Maßnahmen versuchen Städte und Politiker, des Verteilungsproblems Herr zu werden:

  • Vermieter, die mehr kassieren, als die erlaubten 120 Prozent der ortsüblichen Miete, riskieren Bußgelder. In Frankfurt etwa verhängte das Wohnungsamt 2010 fast eine halbe Million Euro gegen 45 Vermieter, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Dass es noch mehr Bußgelder geben wird, ist unwahrscheinlich: „Vor Gericht müssen wir neuerdings beweisen, dass der Vermieter das geringe Angebot ausnutzt und der Mieter sich innerhalb der Stadt nicht mit Wohnraum versorgen kann“, sagt Gertraude Uhlmann vom Amt für Wohnungswesen in Frankfurt. „Dieser Beweis ist regelmäßig nicht zu erbringen“, heißt es aus Hamburg. Deshalb arbeiten die Hamburger an Regeln, mit denen sie wirksamer gegen zu hohe Mieten vorgehen können.
  • In Hamburg dürfen Vermieter Wohnungen nicht länger als sechs Monate leer stehen lassen, in München maximal drei. Alles andere ist Zweckentfremdung von Wohnraum, ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro droht. Neben der Stadt verfolgen auch Private die Leerstände: Über das Portal leerstandsmelder.de organisieren Wohnungssuchende Selbsthilfe und prangern Leerstand samt Adresse im Internet auf Landkarten an.
  • Wenn Privatleute Ferienwohnungen in der Stadt vermieten, gilt dies in Hamburg als Zweckentfremdung von Wohnraum, sagt Maren Reder vom Hamburger Amt für Wohnen. Darunter fallen könnte etwa Vermieter Andreas H., der sein „uriges Lotsenhaus“ für 130 Euro pro Nacht im Internet anbietet: 45 Quadratmeter samt Couch, Bett und Wanne. Vermieter wie er kassieren so binnen weniger Tage eine Monatsmiete. Bis zu 800 solcher Feriendomizile haben Hamburgs Bezirksämter ausgemacht. Sechs zusätzliche Mitarbeiter soll die Stadt bekommen, um die wieder in normale Vermietungen zu bringen.
  • Die Linke im Bundestag will Vermieter am liebsten ganz ausschalten. Über die Wohnungsgenossenschaft „Fair Wohnen“ will sie die 11.500 Ost-Wohnungen der bundeseigenen TLG übernehmen und so den Verkauf an Investoren verhindern.
  • Die Hamburger SPD will im Bund durchsetzen, dass sich Vermieter zur Hälfte an der Makler-Courtage beteiligen. Ein ähnlicher Vorschlag ist 2011 gescheitert, der Antrag der SPD-Fraktion wurde vom Rechtsausschuss des Bundestags abgeschmettert.

Der Courtage-Vorschlag entbehrt nicht einer gewissen Logik: Makler werden vom Interessenten bezahlt, vertreten aber ausschließlich die Interessen des Vermieters oder Verkäufers, weil der ihnen das Objekt verschafft hat und ihre Courtage mit dem Miet- oder Verkaufspreis steigt.

Das Wohnzimmer einer Luxusimmobilie Quelle: REUTERS

Mieter schlagen zurück

Unseriös arbeitende Makler kommen mit ihren Tricks meist davon, den Behörden fehlen Regeln und Personal, ihnen das Handwerk zu legen: Bußgelder würden kaum verhängt, heißt es aus vielen Großstädten. „Die Verfahren zeichneten sich durch eine schwierige Beweislage und vor allem einander widersprechende Zeugenaussagen aus“, sagt der machtlose Behördenleiter einer Großstadt.

Wohnungssuchenden mag es da ein Trost sein, dass Makler zunehmend selbst übers Ohr gehauen werden. Das geht so: Wer eine Immobilie will, schickt einen Freund vor, der die Kontaktdaten des Eigentümers abgreift. Wenn der Interessent sich beim Besitzer meldet und die Wohnung bekommt, geht der Makler leer aus.

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