Immobilien-Märkte Hoch mit den Dividenden

Aktionäre deutscher Immobiliengesellschaften können jubeln. Schon nach dem ersten Halbjahr 2016 ist absehbar, dass die Gesellschaften im kommenden Jahr ihre Gewinne steigern – und mehr ausschütten können.

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Immer mehr Experten warnen vor überhitzten Immobilienpreisen in deutschen Großstädten Quelle: dpa

Düsseldorf Wer bietet mehr? Ein Immobilienkonzern, der nach dem ersten Geschäftshalbjahr die Ergebnisprognose nicht anhebt, wäre zurzeit eine echte Enttäuschung. Wohnungen sind knapp. Die Mieten steigen und die Verwaltung der Bestände wird weiter optimiert. Folglich kündigen Vonovia & Co. ständig höhere operative Ergebnisse, branchentypisch gemessen als FFO I (Funds from Operation), an. Am Mittwoch bot die LEG, Nummer drei unter den börsennotierten Wohnungsvermietern die Zahlen vor.

Typischerweise geben die Düsseldorfer eine Bandbreite für den FFO I vor. Nun sollen die rund 130.000 Wohnungen bis zum Jahresende 261 bis 265 Millionen Euro erwirtschaften, statt 257 bis 262 Millionen Euro. „Die positiven Effekte aus unserem Effizienzprogram zeigen sich schneller als geplant“, kommentiert Vorstandschef Thomas Hegel die Anhebung. Nicht zu vergessen: im Jahresvergleich kletterte der operative Gewinn in den ersten sechs Monaten um mehr als ein Drittel auf 138 Millionen Euro.

Vergangene Woche war Branchenprimus Vonovia vorweggeprescht mit der Ankündigung: „Vonovia erhöht zum zweiten Mal in Folge die Prognose für 2016“. In Zahlen: Nun soll der FFO I auf 740 bis 760 Millionen Euro klettern. Zuvor begann die Spanne bei 720 Millionen Euro und endete 20 Millionen Euro darüber. Überflüssig zu sagen, dass das Halbjahresergebnis deutlich über dem des Vorjahres lag. Der einzige Immobilienkonzern im Dax verweist ebenfalls darauf, dass er ihm gelungen ist, seine aktuell rund 340.000 Wohnungen effizienter zu verwalten.

Es wäre schon eine arge Enttäuschung, wenn die Deutsche Wohnen, die dritte im Bund der großen drei Wohnungsvermieter, am Dienstag für ihren Halbjahresbericht nicht Textbausteine ihrer Vorgänger verwenden könnte – mit anderen Zahlen versteht sich.

Wenn die Gesellschaften halten, was sie versprechen, dürfen sich die Anleger auf steigende Dividenden im nächsten Frühjahr freuen. Denn typischerweise haben sich die Wohnungsgesellschaften verpflichtet, regelmäßig einen bestimmten Prozentsatz, meist um die 60 Prozent, des FFO I als Dividende auszuzahlen. Der FFO I enthält nur die Gewinne aus der Immobilienbewirtschaftung, also im Wesentlichen aus der Vermietung, aber nicht aus Wohnungsverkäufen.

Die Gefahr, dass die Gesellschaften leere Versprechungen machen, ist bei Wohnungsvermietern geringer als in anderen Branchen. Weil die Devise gilt, dass Menschen auch in schlechten Zeiten wohnen müssen, ist das Risiko, dass viele Wohnungen plötzlich leer stehen gering. Zwar steigt im Falle einer Rezession das Risiko, das Menschen ihre Miete nicht mehr zahlen können, weil sie ihre Arbeit verlieren. Doch eine solche Situation kommt nicht über Nacht.


Mietrückstände nehmen seit Jahren ab

Ganz abgesehen davon nehmen die Mietrückstände seit Jahren ab, wie der Verband der Wohnungsunternehmen, GdW, vor wenigen Tagen feststellte. Seit 2003 wurden sie auf 387 Millionen Euro fast halbiert und betragen aktuell nur noch zwei Prozent der Sollmieten. Von sinkenden Mieten ist auch nirgendwo die Rede, wenn man von einigen strukturschwachen Regionen absieht. „Aufgrund des knappen Wohnraums in den Ballungsgebieten profitieren die großen Bestandshalter von hoher Auslastung und steigenden Mieten, die vor allem bei Neuvermietungen erzielt werden können“, beobachtet Oliver Beyer von der auf Rechtsanwaltskanzlei Simmons & Simmons.

Die Kanzlei hat einen Überblick über das Geschehen, weil sie bei Immobilienportfoliokäufen berät. Gerade erst hat den Immobiliendienstleister JLL Mietpreissteigerungen zwischen vier und gut sechs Prozent in den Metropolen Deutschlands festgestellt.

All diese Gründe machen das Vermieten von Wohnungen zu einem gut planbaren Geschäft. Wenn es gelingt, zusätzliche Wohnungen zu kaufen und deren Verwaltung sehr schnell reibungslos zu integrieren kann das Ergebnis eines Wohnungskonzerns sogar noch besser werden als vorhergesagt.

Doch das Geschäft mit Portfolio-Käufen und Übernahmen ist in diesem Jahr weniger heiß als in den Vorjahren. Zu den letzten großen Transaktionen gehörte der Verkauf des sogenannten „Harald“-Portfolios mit 13.500 Wohnungen von Patrizia an Deutsche Wohnen. Die Deutsche Wohnen versuchte sich damit noch wertvoller für die eigenen Aktionäre zu machen und den Übernahmeversuch durch Vonovia zu stören.

Ob diese Transaktion eine Rolle dabei spielte, dass die Übernahme nicht gelang, lässt sich auch im Nachhinein nicht sagen. Vonovia fand letztendlich nicht genügend Deutsche-Wohnen-Aktionäre, die das kombinierte Aktien-Tausch und Abfindungsangebot annehmen wollte. Später sagte Vonovia-Chef Rolf Buch: „Ich habe gelernt, dass feindliche Übernahmen in der deutschen Wohnungswirtschaft nicht möglich sind.“

Und so ist es inzwischen still geworden um Übernahmen und Fusionen auf dem Wohnimmobilienmarkt. Vonovia hat übrigens in den vergangenen zwölf Monaten mehr Wohnungen verkauft als gekauft. Der Bestand sank um 8000 Einheiten. Zu den dankbaren Abnehmern von Vonovia-Wohnungen gehört immer mal wieder die sich auf Nordrhein-Westfalen und Grenzregionen der Nachbarbundesländer konzentrierende LEG. Ihre Bestände kletterten seit Jahresbeginn um 2000 Einheiten.

Apropos Patrizia: Für die Augsburger war der Verkauf des „Harald“-Portfolios ein Riesengeschäft gewesen. Am Dienstag berichtete die Gesellschaft von einem um ein Mehrfaches auf 231,8 Millionen Euro gestiegenen operativen Gewinn – wegen des Verkaufs des Harald-Portfolios. Doch auch ohne die Harald Transaktion wurde das operative Ergebnis im ersten Halbjahr 2016 um mehr als 90 Prozent auf 23,8 Millionen Euro gesteigert.

Patrizia ist der Exot unter den deutschen Immobilienfirmen. Die Augsburger verdienen ihr Geld nicht mit dem kaufen, halten und verkaufen von Gebäuden auf eigene Rechnung, sondern mit dem Mangen von Portfolios für andere. Insofern war der Verkaufsgewinn aus dem „Harald“-Portfolio eine Ausnahme und die Kennzahl FFO ist für Patrizia auch irrelevant. Patrizia ist vom Wohnungsprivatisierer zum Immobilienvermögensverwalter für Institutionelle wie Versicherer und Pensionskassen und seit einem Jahr auch für Privatpersonen über Geschlossene Immobilienfonds geworden.


Steigende Gewinne bedeuten steigende Dividenden

Inzwischen werden Immobilien im Wert von 17,2 Milliarden Euro gemanagt. Inzwischen mischt Patrizia in nahezu allen Nutzungsarten von Büro über Einzelhandel, Wohnungen und Logistik bis hin zu Hotels mit. Auf Dividendenzahlungen verzichtet Patrizia. Im vergangenen Jahr wurden stattdessen Gratisaktien ausgegeben.

Dem Block der drei großen Wohnungsgesellschaften in Dax und MDax, stehen die Gewerbeimmobilien-Gesellschaften gegenüber. Auch die zeigen sich stark. Schwergewicht ist Alstria mit rund drei Milliarden Euro Immobilienvermögen. Die als Reit, eine Art börsennotierter Fonds, agierende Alstria investiert ausschließlich in deutsche Bürogebäude.

Die Fusion mit der Deutschen Office (DO) im vergangenen Jahr brachte zusätzlich Schwung ins Ergebnis. Der FFO stieg im Halbjahresvergleich um fast 20 Prozent auf gut 57 Millionen Euro, wobei die Gesellschaft so rechnete, als ob DO schon im Vorjahr zu Alstria gehört habe.

Zweiter großer Reit in Deutschland ist die Hamborner, die ihr Investitionen auf Büro- und Einzelhandelsobjekte verteilt. Auch die Duisburger berichteten über steigende Gewinne. Das Plus beim FFO betrug 24 Prozent auf 17,3 Millionen Euro. Grund genug, von 15 Prozent FFO-Steigerung im Gesamtjahr auszugehen.

Für Reit-Aktionäre signalisieren steigende Gewinne grundsätzlich auch steigende Dividenden. Denn ein deutscher Reit ist gesetzlich verpflichtet mindesten 90 Prozent des handelsrechtlichen Jahresüberschusses an die Aktionäre auszuzahlen. Das ist die Gegenleistung für das Privileg, keine Unternehmenssteuern zahlen zu müssen. Die Besteuerung wurde auf den Aktionär verlagert.

Mit der TLG können Immobilienanleger auf einen anhaltenden Aufschwung Ost setzen. Die Berliner Gesellschaft, die ausschließlich in den neuen Bundesländern aktiv ist, hob heute ihre FFO-Prognose für das Gesamtjahr auf 74 bis 76 Millionen Euro an.

Die Ergebnisse der Vermieter von Gewerbeimmobilien sind zwar anfälliger für Konjunkturschwankungen als die der Wohnungsvermieter. Aber auch für sie zeigen die Pfeile klar nach oben. So kletterte der Preisindex des Verbandes der Pfandbriefbanken (VDP) für Gewerbeimmobilien Ende des zweiten Quartals im Vorjahresvergleich um 5,8 Prozent auf 125,2 Punkte. Vor allem Büroimmobilien stehen für den VDP im Fokus. Deren Kapitalwerte kletterten um 7,4 Prozent.

„Sinkende Leerstände bei geringer Neubautätigkeit und steigender Beschäftigung im Dienstleistungssektor ließen die Mieten für Büroflächen um 2,8 Prozent im Vorjahresvergleich stiegen“, analysieren die VDP-Experten. Lange Zeit klagten Büroimmobilieninvestoren über kaum messbare Mietsteigerungen.

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