Immobilien Warum die Mietpreisbremse nicht bremst

Trotz Mietpreisbremse steigen die Mieten in Städten wie München oder Berlin kräftig weiter. Das belegen nun aktuelle Zahlen, die zeigen, dass die Politik ihre Reform nicht zu Ende gedacht hat und nachbessern muss.

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In Berlin funktioniert die Mietpreisbremse bisher nicht. Quelle: dpa

Wer in Städten wie Berlin, München, Hamburg oder Frankfurt eine Wohnung sucht, ist oft leidgeprüft. Im schlechten Fall kann es viele Monate oder gar Jahre dauern, bis ein bezahlbares Exemplar gefunden wird. Kein Wunder, dass viele Wohnungssuchende ihre eigene Miet-Schmerzgrenze immer weiter nach oben schrauben. Aktuelle Zahlen zeigen, dass Vermieter dieses Phänomen ausnutzen, um die Mietpreisbremse zu umgehen.

In Berlin seien die Mieten im Schnitt um 31 Prozent höher als eigentlich zulässig. Das zeigt eine Untersuchung des Forschungsinstituts Regiokontext im Auftrag des Berliner Mietervereins, über die die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Berlin führte als erstes Bundesland die Mietpreisbremse bereits im Juni 2015 ein. Nach Zahlen des Forschungsinstituts Empirica, über die auch die „Bild“-Zeitung berichtete, stiegen die Mieten in der Hauptstadt seit Einführung der Bremse um 4,8 Prozent. Doch auch andere Städte mit Mietpreisbremse sind betroffen: In Düsseldorf gingen die Mieten um 4,1 Prozent nach oben, in München um 2,9 Prozent. Unter den größten Städten blieben sie lediglich in Hamburg stabil.

Eigentlich sollte die Reform den Anstieg der Kaltmiete bei Neuvermietungen begrenzen. Laut Gesetz darf die Miete dann nur noch um zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

Das Problem: Wer als Vermieter die Mietpreisbremse ignoriert, muss bisher keine Nachteile oder Sanktionen befürchten. Zwar können Mieter gegen die zu hohe Miete klagen. Das macht allerdings kaum jemand, denn die meisten sind froh, endlich überhaupt eine Wohnung gefunden zu haben. Auf einen Rechtsstreit mit dem Vermieter will sich da kaum jemand einlassen, deshalb geben viele klein bei und zahlen die eigentlich zu hohe Miete.

Die Politik überlegt nun, ob bei der Mietpreisbremse nachjustiert werden muss. "Wir behalten die Entwicklungen im Blick", sagte Ulrich Kelber, der parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium (SPD), gegenüber der "SZ". Für eine Entscheidung sei es aber noch zu früh, es müssten noch deutlich mehr aussagekräftige Daten gesammelt werden.

Doch bisher deutet alles darauf hin, dass die Mietpreisbremse nicht wirkt. Bereits Anfang dieses Jahres schrieben die Empirica-Forscher Sebastian Hein und Lorenz Thomschke in einer Studie, die Mietpreisbremse zeige in den meisten deutschen Metropolen kaum eine nachhaltige Wirkung. Demnach habe die Bremse zwar zunächst gewirkt, die neu ausgehandelten Mieten seien kurz nach Einführung der Bremse leicht zurückgegangen. "Die anfänglichen Rückgänge sind inzwischen aber größtenteils wieder verpufft", erklären Hein und Thomschke.

In fast allen deutschen Metropolen seien die Preise danach wieder gestiegen. Sowohl in Düsseldorf als auch in Berlin lagen die Mieten schon im Januar wieder höher als im Monat vor der Einführung der Mietpreisbremse im Sommer vergangenen Jahres. Die Entwicklungen in den Metropolen deuteten daher auf ein "Bremsversagen" hin, so die Autoren.

Laut den Autoren der empirica-Studie spielt nicht nur die geringe Klagebereitschaft der Mieter, sondern auch die bisherige Fluktuation auf dem jeweiligen Mietmarkt eine Rolle. Je häufiger der Mieter in der Vergangenheit gewechselt hat, desto häufiger hatte der Vermieter die Gelegenheit für eine Mieterhöhung. Wird also in einer Stadt viel umgezogen, gibt es entsprechend weniger Altverträge mit Mini-Mieten. "Umso eher liegt der vom Vormieter vereinbarte Mietpreis an der aktuellen Marktmiete", sagen Hein und Thomschke.

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