Immobilienbewertung im Internet Kostenlose Immobilienbewertung im Internet – taugt das was?

Häuserfront mit Altbauten Quelle: dpa

Im Internet wimmelt es von Angeboten, Immobilien bewerten zu lassen. Ein Selbstversuch zeigt, was die Analysen von McMakler, Check24 und Immobilienscout24 taugen.

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In drei Minuten einen Immobilienwert ermitteln, das verspricht die Online-Plattform Immobilienscout24 – und das Ganze auch noch kostenlos. Das lockt viele Immobilieneigentümer an, die wissen wollen, wie viel Haus oder Wohnung zuletzt an Wert gewonnen hat.

Die Berliner Immobilien-Plattform ist nur einer von vielen Adressen im Netz, die die wachsende Nachfrage nach Immobilienbewertungen fürs eigene Geschäft nutzen. Bei den drei großen Anbietern Immobilienscout24, McMakler und Check24 lassen jeden Monat mehrere Zehntausend Eigentümer ihre Häuser oder Wohnungen bewerten. Dabei kommen sie zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Grund dafür sind die verwendeten Bewertungsmethoden und die verwendeten Daten. 

In einem Selbstversuch mit einem Einfamilienhaus in Wolfsburg habe ich alle drei Angebote getestet: einmal als ganz normaler Kunde mit einem kostenlosen Online-Tool und bei einer zweiten Runde als offizielle Anfrage der WirtschaftsWoche. McMakler und Immobilienscout24 haben dazu jeweils einen kompletten Datensatz zum Haus inklusive Grundriss und Bebauungsplan erhalten. Eine Ortsbesichtigung unter Coronabedingungen ist somit nicht nötig.

Immobilienscout24: Makler meldet sich

Das Hauptgeschäft der Immobiliensparte der Münchner Scout24-Gruppe ist eine Online-Plattform für Immobilienangebote. Makler und Privatpersonen können dort gegen Gebühr Häuser und Wohnungen zum Mieten oder Kaufen einstellen. Potenzielle Verkäufer können bei der Plattform aber auch ihre Immobilie schätzen lassen - derzeit kostenlos und demnächst kostenpflichtig. 

Im kostenlosen Online-Bewertungstool von Immobilienscout24 muss ich nur wenige Werte eingeben wie die Postleitzahl am Standort der Immobilie, Wohnfläche oder Baujahr. Dafür erhalte ich eine Spanne von 357.000 bis 602.000 Euro. Präzise ist anders. 

Bei einem zweiten Versuch mit Immobilienscout24 fragt mich das Tool zwischen Eingabe der Daten und dem Schätzergebnis, ob ich mir einen Verkauf des Hauses per Makler vorstellen kann. Als ich dort „vielleicht“ eingebe, erhalte ich zur Schätzung noch den Hinweis, dass sich für ein genaueres Ergebnis ein Makler bei mir melden werde. 

Ich finde das irritierend. Statt das Tool zu nutzen, hätte ich auch gleich einen Immobilienvermittler einschalten können. 

McMakler: Datenbank im Eigenbau

Wie Immobilienscout24 hat auch das Berliner Unternehmen McMakler ein kostenloses Bewertungstool. Es fragt die gleichen Daten ab, gibt mir aber keine Preisspanne an. Stattdessen zeigt mir das Tool an, dass für eine Bewertung weitere Angaben nötig seien. Ein Kundenberater werde sich bei mir melden. Ich hatte mir eigentlich mehr erhofft. Andererseits gibt McMakler damit indirekt zu, dass sich mit ein paar Daten und Klicks im Internet eine Immobilie eben nicht präzise bewerten lässt. Das ist wenigstens ehrlich.

Kurz nachdem ich das Wolfsburger Haus kostenlos von McMakler im Internet bewerten ließ, meldet sich ein Berater bei mir am Telefon. Ich kläre ihn auf, dass ich das Haus nicht verkaufen will, sondern lediglich ein neugieriger Journalist bin. Anderenfalls hätte mir der Herr von McMakler gegen weitere Angaben eine detailliertere Bewertung und einen Besichtigungstermin angeboten.

McMakler bietet jedoch auch ausführliche Bewertungen an. Sie finanzieren sich über mögliche Makleraufträge durch den Eigentümer der bewerteten Immobilie. Für die genauere Bewertung sammelt das Maklerunternehmen die Immobiliendaten über seine 290 fest angestellten Makler und die von ihnen abgeschlossenen Geschäfte. Bis zu 300 Merkmale würden die Makler bei ihren Ortsbesichtigungen sammeln, so McMakler. Aus diesen Daten errechnen Immobilienbewerter in der Berliner Konzernzentrale nach Unternehmensangaben rund 4000 Bewertungen pro Monat.

McMakler vergleicht das zu bewertende Objekt mit Immobilien aus der eigenen Datenbank. Je nachdem wie nah diese Häuser mit dem des Kunden vergleichbar sind, vergibt das Maklerunternehmen einen Wert von 0 bis 100. Zu den Vergleichsfaktoren zählen unter anderem das Baujahr, die Wohnfläche und die Zimmeranzahl. Aus den geeigneten Vergleichsobjekten errechnet ein Algorithmus dann den Wert der Immobilie.

Eine Immobilie, drei Meinungen

Um das anspruchsvollere Bewertungsmodell von McMakler zu testen, habe ich den Wert eines Einfamilienhauses in Wolfsburg berechnen lassen. Die Immobilie mit 175 Quadratmetern Wohnfläche und einem Grundstück von 671 Quadratmetern entspricht ziemlich genau dem durchschnittlichen deutschen Eigenheim. Sie liegt im bürgerlichen Stadtteil Vorsfelde, ehemals ein Dorf, mit Kleingarten- und Schützenverein.

Der Sachverständige Hartmut Häusler aus Plau am See in Mecklenburg-Vorpommern hat diese Immobilie bereits in einem Gutachten durchgerechnet. Ergebnis: 352.527 Euro. Gutachter wie Häusler kalkulieren anders als die Online-Tools aus dem Internet und sie nutzen andere Datenquellen wie etwa die Grundstücksmarktberichte der Gutachterausschüsse aus den Kommunen. Bei Einfamilienhäusern wenden sie in der Regel das Sachwertverfahren an, das mit normierten Baukosten für bestimmte Immobilientypen arbeitet.

Das Ergebnis des Sachwertverfahrens ist ein Verkehrswert, der nicht mit dem Preis zu verwechseln ist, der sich möglicherweise am Markt erzielen lässt. Ein Makler, der die selbe Immobilie einschätzt, käme daher in der Regel zu einem anderen Ergebnis. Im aktuellen Immobilienboom sind viele Käufer bereit, mehr zu zahlen als das Haus oder die Wohnung tatsächlich wert ist. Zwar passt ein Gutachter den Wert einer Immobilie über bestimmte Zu- und Abschläge auch an die jeweilige Marktentwicklung vor Ort an, aber daraus ergeben sich keine Liebhaberpreise.

McMakler liefert für das Wolfsburger Haus ein 19 Seiten starkes Dossier. Das Maklerunternehmen hat die Immobilie nach zwei Methoden bewertet. Beim Sachwertverfahren kommt McMakler auf 432.000 Euro. Das sind 22,5 Prozent mehr als der Gutachter Harmut Häusler berechnet hat. Mit Vergleichspreisen gerechnet kommt McMakler auf 461.000 Euro. Grundlage für die Bewertung sind neben anderen Immobilien zwölf vergleichbare Häuser in Wolfsburg, die im Dossier einzeln ausgewiesen sind. Aus Sachwert und Vergleichswert errechnen die Berliner einen Mittelwert von 450.000 Euro. Ein Gutachter dagegen würde sich für ein Verfahren entscheiden und keinen Mittelwert bilden.

Immobilienscout24 hatte vorübergehend ein kostenpflichtiges Angebot, dass Nutzern aber nicht mehr zur Verfügung steht. Derzeit, so die Online-Plattform, werde ein neues Tool entwickelt. Somit war ein direkter Vergleich mit McMakler nicht möglich. 

Check24: Kostenlos mit breiter Spanne

Anschließend habe ich dieselbe Immobilie kostenlos bei der Finanzplattform Check24 bewerten lassen. Das Vergleichsportal bietet über seine Internetseite ausschließlich kostenlose Bewertungen an. Die Daten für die Berechnungen stammen vom Dienstleister PriceHubble, der wiederrum verschiedene Quellen wie beispielsweise Immobilienportale auswertet. PriceHubble gehört zu den digitalen Immobilienunternehmen, die im Fachjargon Proptechs genannt werden.

Das Bewertungstool von Check24 finden Nutzer auf dessen Internetseite in der Rubrik Baufinanzierung. Für das Wolfsburger Einfamilienhaus errechnet Check24 einen Wert  von 446.100 Euro, ziemlich genau in der Mitte der angegebenen Preisspanne von 388.000 bis 504.000 Euro. Der so berechnete Wert ist in etwa so hoch wie bei McMakler. 

Die Spanne von Check24 ist etwas geringer als bei Immobilienscout24, aber immer noch unpräzise. Check24 stuft die Zuverlässigkeit der eigenen Schätzung mit „Mittel“ ein. PriceHubble will damit sagen, dass für den Immobilienmarkt in Wolfsburg durchschnittlich viele Daten vorliegen. Je mehr Daten vorhanden seien, desto präziser könne die Bewertung sein, sagt Check24. 

Kostenpflichtig oder besser gar nicht


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Mein Fazit: Kostenlose Bewertungen von Immobilien im Internet sind in der Regel wertlos. Sie sind ein Werbeinstrument für andere Dienstleistungen und ein Werkzeug, um Adressen für Immobilienvermittler einzusammeln. Verglichen mit dem Verkehrswert, den der Gutachter ermittelt hat, liegen die Preisspannen der kostenlosen Internettools deutlich zu hoch. So steigern sie die Chancen, dass ein verkaufswilliger Eigentümer auch beim Verkauf auf ihre Dienste setzt.

Wer als Immobilienverkäufer eine präzise Einschätzung will, muss wohl oder übel zahlen. Ob er sich für einen Gutachter oder einen Makler entscheidet, hängt von seinem Bedürfnis ab. Will der Eigentümer wissen, was er derzeit am Markt für einen Preis erzielen kann, wäre ein seriöser Makler der richtige Ansprechpartner. Wenn es dem Verkaufswilligen aber darum geht, einen belastbaren Wert zu ermitteln, der von kurzfristigen Marktschwankungen unabhängig ist, dann ist der Gutachter die bessere Alternative.

In beiden Fällen ist eine Besichtigung vor Ort unerlässlich. Natürlich mit Schutzmaske und ausreichend Abstand. 

Mehr zum Thema: Nicht immer unabhängig: Gutachter sind die heimlichen Herrscher am Immobilienmarkt.

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