Immobilienfinanzierung Es geht auch ohne Bank

Immobilieninvestoren kaufen zunehmend mit eigenem Geld, statt Zinsen an die Bank zu zahlen – die Kreditbestände der Geldhäuser sind geschrumpft. Auch andere Finanzquellen führen die Kunden an der Bank vorbei.

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Der Büroturm ist ein Beispiel für Finanzierung an der Bank vorbei. Die Allianz vergibt Kredite an Investoren, die den Turm erwerben. Quelle: IMAGO

Düsseldorf Versicherer und Altersvorsorgeeinrichtungen wissen nicht wohin mit den Milliarden an Beiträgen, die ihnen jährlich zufließen. Zumal sie eher sicher anlegen wollen. Weil für Anleihen von Schuldnern mit sehr guter Bonität kaum noch Zinsen gezahlt werden, versuchen diese Kapitalsammelstellen ihre Immobilienquoten zu erhöhen. Kredite zur Finanzierung spielen bei dieser Investorengruppe eine immer geringere Rolle. Das schlägt sich im Gesamtmarkt gewerblicher Immobilienfinanzierungen nieder, zeigt eine Analyse des Immobiliendienstleisters CBRE zum Finanzierungsmarkt im Niedrigzinsumfeld.

Ende 2010 betrug das Finanzierungsvolumen deutscher Gewerbeimmobilien noch 301,5 Milliarden Euro. Fünf Jahre später waren es nur noch 260,5 Milliarden Euro. Zwar ist der Anteil der Banken – einschließlich der kaum noch eine Rolle spielenden ausländischen Institute von rund 85 auf fast 94 Prozent gestiegen, doch das Kreditvolumen hat um rund zwölf Milliarden auf gut 244 Milliarden Euro abgenommen. Besonders auffällig: Der Bestand an so genannten CMBS, ist in den fünf Jahren um zehn Prozentpunkte und absolut von 40 auf neun Milliarden Euro geschrumpft. CMBS sind mit Immobilien besicherte Kredite, die als börsennotierte Anleihen weiter platziert wurden.

Mit solchen CMBS hatten die Wohnungsriesen Deutsche Annington, die heute Vonovia heißt, und die von ihr inzwischen übernommene Gagfah, die Käufe großer Immobilienpakete finanziert. Inzwischen sind diese CMBS weitgehen abgelöst. Obwohl die Gesellschaften in Wohnungen und nicht in Gewerbegebäude investieren zählen ihre Finanzierungen bei den gewerblichen Finanzierungen mit. Getrennt wird nach den Kreditnehmern, die keine Privathaushalte sind.

Zwischen 2010 und 2015 nahmen die Umsätze am deutschen Investmentmarkt dagegen rasant zu. CBRE-Wettbewerber JLL listet für 2010, das Jahr in dem der Immobilienmarkt noch von der durch die Lehman-Pleite 2008 ausgelöste Krise geprägt war, ein Transaktionsvolumen von 23 Milliarden Euro für Gewerbeimmobilien und gewerbliche Wohnimmobilien auf. 2015 wurde das Rekordumsatzvolumen von 80,1 Milliarden Euro erreicht.


Kreditbestand sinkt trotz steigender Investitionsvolumina

Dass der Kreditbestand gesunken ist trotz zwischenzeitlich rasant gestiegener Transaktionsvolumina erklärt Jan Linsin, Chefanalyst von CBRE Deutschland: „Im gewerblichen Immobiliensegment wird weniger Fremdfinanzierung nachgefragt und dafür mehr Eigenkapital eingesetzt.“ Dirk Richolt, Finanzierungsexperte der CBRE ergänzt: „Das aktuelle Finanzierungsumfeld hat zu einem stärker eigenkapitalbasierten Immobilienmarkt geführt.“ Die klassischen Immobilienfinanzierer verlieren an Bedeutung, was besonders auf Hypothekenbanken und Landesbanken zutrifft. Ihre Bestände seien um 43 beziehungsweise 22 Prozent zurückgegangen, heißt es in der CBRE-Analyse. Sparkassen und Banken zählen zu den Gewinnern. Sie finanzieren typischerweise lokale und regionale Projekte.

Zu den Anbietern mit wachsenden Anteilen an den Kreditbeständen zählen die Versicherer. Ihr Anteil kletterte von 1,8 auf 2,7 Prozent. Zu den aktivsten gehört der Allianz-Konzern, der im In- und Ausland Immobilienkredite vergibt. Zu den jüngsten Transaktionen zählte die Vergabe von 154 Millionen Euro an einen koreanischen Investor zum Kauf des IZD Towers in Wien.

JLL schreibt in einer vor wenigen Wochen erschienen Analyse: „Die Zunahme der bankenunabhängigen Kapitalmarkttransaktionen hat ebenfalls zur Rückführung im klassischen Finanzierungssegment geführt.“ Eines der Beispiele lieferte vor wenigen Wochen Europas größter Wohnungsvermieter Vonovia. Die Bochumer nahmen zwei Anleihen über jeweils 500 Millionen Euro auf und platzierten die bis 2022 laufende zu 0,875 Prozent, die bis 2026 laufende zu 1,5 Prozent. Der Vorteil: Langwierige Kreditprüfungen entfallen ebenso wie Diskussionen darüber, welche Kennzahlen eingehalten werden müssen, etwa die maximale Verschuldungsquote.

Weitere Konkurrenz ist den Banken durch Kreditfonds entstanden. Sie bündeln Anlagegelder kleinerer institutioneller Investoren und vergeben daraus Immobilienkredite. In der CBRE-Untersuchung spielen sie noch keine Rolle. Doch ihre Finanzierungsvolumina wachsen. So kündigte etwa die Deka Bank an, dass ihre Kreditfonds auf eine Milliarde Euro wachsen sollen. In Ausnahmefällen kooperieren auch klassische Immobilienbanken mit Nicht-Banken, wie vor zwei Jahren bei der Finanzierung des Leipziger Platz Quartiers in Berlin.

Für die Endfinanzierung des größten innerstädtischen Shopping Center-Projekts in Europa stellte die Bayerische Versorgungskammer (BVK) 450 Millionen Euro, Kreditfonds der BNP Paribas REIM Germany 70 Millionen Euro und die Deutsche Hypo die restlichen 80 Millionen Euro zur Verfügung. Damals handelte es sich um eine der größten, jemals in Deutschland abgeschlossenen Immobilienfinanzierungen, die überwiegend von Nicht-Banken getragen wurde.

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