Immobilienfinanzierung Pause bei Bauzinsen: Sollten Immobilienkäufer jetzt zuschlagen?

Am Zinsmarkt kehrt gerade etwas Ruhe ein. Quelle: dpa

Baugeld verharrt zurzeit unter der Marke von vier Prozent. Wer den Kauf einer Immobilie plant, könnte jetzt einen guten Zeitpunkt erwischen. Denn die Zinsen dürften weiter steigen.

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Wie schnell sich der Wind am Immobilienmarkt gedreht hat, merkt man daran, dass sich Käufer nun über einen Zinssatz freuen, der in der Niedrigzinsära vor eineinhalb Jahren noch in weiter Ferne schien. Zuletzt lag der Zins für einen Hypothekenkredit mit zehnjähriger Festschreibung im Schnitt bei knapp 3,8 Prozent. Das sind etwa 0,2 Prozentpunkte weniger als noch vor gut zwei Monaten.

Am Zinsmarkt kehrt gerade also etwas Ruhe ein – vor allem, weil die Europäische Zentralbank (EZB) ihre geldpolitischen Zügel im Kampf gegen die Inflation weniger stark anzieht. Anfang Mai hatten die Währungshüter zum nunmehr siebten Mal in Folge den Leitzins erhöht, wie erwartet um 0,25 statt 0,5 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent.

Michael Neumann, Geschäftsführer des Kreditvermittlers Dr. Klein, wertet das gedrosselte Tempo der EZB als Vorsichtsmaßnahme: „In der Gemengelage zwischen hoher Staatsverschuldung einzelner Euro-Länder, drohender Rezession und fragiler Stabilität einiger Banken ist der Handlungsspielraum der EZB derzeit eingeschränkt.“

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von Philipp Frohn

Um keine größeren Verwerfungen zu verursachen, müsse die EZB nun behutsamer agieren. Laut Neumann können Hauskäufer davon nun profitieren: „Die Zinsen für Baufinanzierungen zeigen keine größeren Reaktionen auf die Entscheidung der EZB und verlaufen derzeit relativ ruhig seitwärts.“

Immobilienpreise sind gesunken

Das heißt: Wer ohnehin den Kauf einer Immobilie geplant hat, könnte nun einen relativ guten Zeitpunkt erwischen. Vor allem drei Gründe sprechen dafür, dass Kaufwillige nun zuschlagen sollten – vorausgesetzt, die Finanzierung ist solide aufgestellt.

Erstens: Während sich in den USA ein Ende der Zinserhöhungen abzeichnet, hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde bereits weitere Schritte angekündigt. Die Inflation im Euroraum schwächt sich zwar tendenziell ab, doch befindet sich noch immer auf hohem Niveau.



Die EZB steht also unter Zugzwang, die Zinsen weiter anzuheben. Experten rechnen damit, dass die Zinsen für Hypothekenkredite in der Folge noch weiter steigen dürften. Der Dr.-Klein-Experte Neumann hält auch eine Entwicklung „deutlich über der 4-Prozent-Grenze“ nicht für ausgeschlossen.

Zweitens: Die Preise für Häuser und Wohnungen sind in den vergangenen Monaten gesunken. Laut Zahlen des Verbands deutscher Pfandbriefbanken gaben die Kaufpreise in den letzten zwei Quartalen nach, zuletzt um 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

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Preisverhandlungen sind wieder möglich

Zwar kompensiert der Preisrückgang seit Anfang 2022 den Zinsanstieg noch immer nicht, doch die Situation hat sich – verglichen mit der vor einigen Monaten – zumindest etwas aufgehellt. „Für Käufer könnte das die Chance bieten, sich den Wunsch nach der eigenen Wohnung zu erfüllen," meint Felix Kusch vom Vergleichsportal Immowelt. Weil es weniger Konkurrenz am Immobilienmarkt gibt, können Käufer nun auch wieder in Preisverhandlungen gehen.

Drittens: Die Mieten sind im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Laut dem Immobilienspezialisten JLL haben sich die Mieten in den Metropolen im zweiten Halbjahr 2022 im Schnitt um 6,3 Prozent verteuert, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Wegen der gestiegenen Zinsen strömen gerade noch mehr Menschen auf den Mietmarkt und verschärfen die angespannte Lage.

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Daran dürfte sich vorerst wenig ändern, auch weil der Neubau weiter stockt. Die zwischenzeitliche Flucht auf den Mietmarkt ist für Kaufwillige also immer schwieriger, wegen höherer Mieten und des knappen Angebots.

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