Rentner sind besonders betroffen. Das Paar etwa, das sein Haus altersgerecht umbauen wollte, war der Bank mit 73 und 68 Jahren zu alt. Sie hätten den Kredit „voraussichtlich nicht innerhalb der statistischen Lebenserwartung“ zurückgezahlt. Dass ihre Immobilie seit Jahren lastenfrei ist und die gewünschte Kreditsumme um 80 000 Euro übersteigt, zählt nicht mehr. Einige Banken akzeptieren jetzt generell nur noch Darlehensnehmer bis 65 Jahre.
Auch Menschen mit befristeten Verträgen haben nun Probleme. Der Zeitsoldat mit dem Wunsch nach einem Haus konnte seiner Bank einen nur noch zehn Jahre laufenden Arbeitsvertrag vorweisen. Welchen Beruf er danach ausüben möchte, wusste er nicht. Das Geldhaus konnte nicht kalkulieren – „auf Grund der Befristung“.
Bringen Kunden genug Eigenkapital mit und liegt der Wert der Immobilie deutlich über der Kreditsumme, würden Risikohinweise eigentlich reichen. Schließlich wäre das Risiko für die Bank selbst überschaubar. „Keine Bank will Geld verlieren. An der Stelle war der Gesetzgeber nicht gefordert“, sagt Banker Frauscher.
Gebärfähige Frauen als Risiko
Immer wieder kommen auch junge Familien in Bredouille – wie der Betriebswirt und seine Frau mit den zwei Kindern aus der Nähe von Mainz. Obwohl sie inklusive Eltern und Kindergeld im Jahr stolze 45 000 Euro netto verdienen, verweigerte die Bank den Kredit, aus Angst, später selbst belangt zu werden. Schließlich sei unklar, ob die Frau nach der Elternzeit arbeiten würde. Ohne Elterngeld könne sich die Familie Zins und Tilgung aber nicht mehr leisten.
Für Banken ist eine gebärfähige Frau zum Risiko geworden. „Ihr Einkommen könnte ausfallen – eine Bank muss das einkalkulieren“, sagt Gawarecki von Dr. Klein. So interessieren sich nicht mehr nur Arbeitgeber, sondern auch Banken für die Pläne einer Schwangeren: Wann wird sie wieder arbeiten – und halbtags oder ganztags?
Bei jungen Menschen fällt oft auch die prognostizierte Rente noch gering aus, weil die Prognose auf Rentenbeiträgen der vergangenen fünf Jahre beruht. So war es bei dem jungen Ehepaar mit 32 und 34 Jahren. Trotzdem setzte die Bank die Rentenprognose an, weil der geplante 350 000-Euro-Kredit zum Rentenstart noch nicht abbezahlt wäre. Fazit: Der finanzielle Spielraum werde später „sehr knapp“. Zu knapp.
Das Beispiel lehrt, dass nicht nur Rentner betroffen sind: Menschen ab 40 Jahren gelten nun schon als „alt“ – denn eine Immobilie zahlt man eben oft erst binnen 20 bis 30 Jahren ab. Bei den niedrigen Zinsen verlängert sich die zur Tilgung benötigte Zeit noch, wenn Kreditnehmer nicht von Anfang an mehr tilgen. Läuft ein erster Kredit mit dem festen, aktuell niedrigen Zins aus, kann ein teurerer Anschlusskredit viele Kreditinteressenten tatsächlich überfordern.
Bis der gewünschte Kredit über 350.000 Euro des Ehepaares bei heutigen 1,3 Prozent Zins und 1000 Euro Monatsrate getilgt wäre, würde es fast 37 Jahre dauern. Müssten sie nach zehn Jahren einen Anschlusskredit zu dann schon fünf Prozent Zins abschließen, läge die Monatsrate bei 1500 Euro, um wie geplant mit etwa 70 Jahren schuldenfrei zu sein. Das würde 40 Prozent ihres derzeitigen Nettoeinkommens inklusive Elterngeld entsprechen, noch tragbar. Setzt die Bank hingegen die magere Rentenprognose an, geht die Rechnung nicht mehr auf.