Immobilienkrisen nebenan Dänen tilgen nicht - und Niederländer auch nicht

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Markterholung in den Niederlanden und Dänemark

„Der Preisverfall am Immobilienmarkt ist zwar gebremst, die Entwicklung ist aber regional sehr unterschiedlich“, sagt die Journalistin und Immobilienexpertin Katja van Driel aus Amsterdam. „In Den Haag und Rotterdam etwa wollen Wohnungsbaugesellschaften ihren Bestand senken, was die Preise weiter drückt. In Amsterdam hingegen steigen die Immobilienpreise tendenziell wieder.“

Tatsächlich erholt sich der Arbeitsmarkt seit etwa einem Jahr und auch das CPB rechnet in seinem neusten Bericht nach fünf Jahren erstmals wieder mit steigenden Konsumausgaben. Das schlimmste, so scheint es, ist in den Niederlanden überstanden.

Die Tücken beim Immobilienkauf
Trotz kräftig gestiegener Wohnungspreise in vielen Großstädten ist in Deutschland nach einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) derzeit keine gefährliche Immobilienblase in Sicht. Bis jetzt seien Eigentumswohnungen nicht überbewertet, heißt es in der am 11. März in Köln vorgelegten Untersuchung. Die Studie habe gezeigt, dass in der jüngeren Vergangenheit vor allem Nachholeffekte die Preise für Wohnimmobilien in die Höhe getrieben hätten. Auch regional betrachtet sei der deutsche Wohnungsmarkt weitgehend gesund, hieß es. Besonders deutlich waren die Preise für Eigentumswohnungen zwischen 2010 und 2014 in München, Berlin und Hamburg gestiegen. Auf den weiteren Plätzen rangierten Düsseldorf, Stuttgart, Frankfurt und Köln.Worauf Immobilienkäufer dennoch achten sollten: Quelle: dpa
Nebenkosten Quelle: dpa
echenübungenUm das Thema Immobilienkauf auf einer realistischen Basis angehen zu können, muss zunächst genau gerechnet werden. Wie viel Einkommen ist vorhanden, wie groß ist der Spielraum für die Investition? Denn auch wenn Immobilienkredite derzeit besonders günstig sind: eine Komplettfinanzierung ist nicht ratsam. Experten raten, mindestens 20 Prozent der Kosten mit Eigenkapital zu finanzieren. Je mehr, desto besser. Wer weiß, wie viel Eigenkapital er aufbringen kann, der weiß auch, in welcher Preisklasse er sich auf die Suche nach einer passenden Immobilie machen kann. Quelle: dpa
ObjektbesichtigungNiemand sollte ein Gebäude kaufen, dass er nicht persönlich in Augenschein genommen hat. Selbst bei geplanten Neubauten – zum Beispiel vom Bauträger – ist die Besichtigung des Grundstücks und eines Vergleichsgebäudes (Musterhaus) zwingend. Bei bereits fertiggestellten Häusern und Gebrauchtimmobilien sind mehrere Besichtigungstermine Pflicht. Zum Beispiel kann dem Interessenten bei einer Besichtigung am Wochenende schnell der laute Schulhof ein paar Häuser weiter oder die stark befahrene Straße hinter dem Haus entgehen. Auch ein längerer Spaziergang durch die nähere Umgebung und Gespräche mit den Nachbarn helfen, ein Objekt realistisch einzuschätzen. Quelle: ZBSP
Lage, Bebauungspläne, BaugenehmigungenSpätestens mit der Besichtigung sollten sich Hauskäufer Gedanken über die Güte der Wohnlage machen. Kein Kriterium entscheidet später deutlicher über den Werterhalt einer Immobilie. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Wie sind Verkehrsanbindung, Einkaufsmöglichkeiten, medizinische Versorgung, Freizeitangebot und Umweltverschmutzung der Umgebung? Auch Wirtschaftskraft, Arbeitsplatzangebot und Qualität der Nachbarschaft sind Faktoren, die den Immobilienwert beeinflussen können. Außerdem sollten sich Interessenten über Bebauungspläne in unmittelbarer Nachbarschaft beim örtlichen Bauamt erkundigen. Dort gibt es auch Auskunft zu vorliegenden Baugenehmigungen und Hinweise auf Bergbauschäden, Hochwasserrisiken und ähnliches. Quelle: dpa
Beginnen Sie Ihren Rundgang im KellerNachdem die Nachbarschaft durchlaufen wurde, geht es an die Besichtigung im Inneren des Hauses. Dort sollten Sie nicht im Wohnzimmer starten, dass könnte die Stimmung positiv beeinflussen und den Blick fürs wesentliche nehmen. Ein realistischeres Bild vom Wert des Hauses bekommen Sie im Keller. Achten Sie darauf, ob er feucht ist oder es muffig riecht. Beides deutet auf Schimmel hin und könnte hohe Folgekosten haben. Auch die Heizungsanlage sollten Sie eines Blickes würdigen. Wie alt ist das Gerät, ist es eine Gasheizung? Von Nachtstromgeräten raten Experten ab. Quelle: dpa
SachverständigengutachtenInsbesondere bei einer Gebrauchtimmobilie verstecken sich die Tücken im Detail. Verdeckte Gebäudemängel sind keine Seltenheit, oftmals sind sie selbst dem Verkäufer nicht alle bekannt. Eine feuchte Dachisolierung, handwerklich verpfuschte Einbauten oder marode Gebäudesubstanz sind für den Laien nicht unbedingt erkennbar. Daher empfiehlt sich in solchen Fällen die Einschaltung eines Sachverständigen, der das Objekt genau unter die Lupe nimmt. An den Kosten dafür (mehrere hundert Euro) sollte sich der Verkäufer möglichst beteiligen. Das ist zum einen Vertrauensbeweis und hilft dem Verkäufer außerdem, sollte ein Interessent abspringen, bei den weiteren Verkaufsgesprächen Quelle: dpa

Dänemark: Einmal Hölle und zurück

Dänemark ist im Vergleich zu den Niederlanden noch einen Schritt weiter: Hier platzte die Immobilienblase bereits 2006. Die Preise brachen ebenfalls um 20 bis 30 Prozent ein, in manchen Orten sollen es sogar 60 Prozent gewesen sein.

Die Gründe dafür waren überwiegend die gleichen wie in Holland: Finanzierungen ohne Eigenkapital, ohne Tilgung und großzügige Kreditvolumen, die den Kaufpreis der Immobilien weit überstiegen. Auch hier dienten die steigenden Häuserpreise der Bank als ausreichende Sicherheit für eine Schuldenrückzahlung in ferner Zukunft.

Die Erholung des Marktes folgte in Raten. 2010 stiegen die Immobilienpreise erstmals wieder. 2011 kam es nochmal zu einer Korrektur nach unten. Aber seit 2012 steigen die Preise deutlich, allein 2013 um 14,4 Prozent. Heute sind die begehrten Lagen wieder so teuer wie vor der Finanzkrise. Und die Angst vor einer Immobilienblase wächst erneut.

Die Dänen nehmen das gelassen. Sie kaufen trotzdem Immobilien, und die Banken machen wieder mit. Ein paar Jahre haben sie sich bei der Kreditvergabe zurückgehalten, jetzt finanzieren sie Hauskäufe wieder. Nachdem ein Dutzend Banken Pleite gegangen ist, scheint der Markt bereinigt. Die Verluste aus faulen Hypothekenportfolios sind abgeschrieben.

Die Finanzierungskonditionen gleichen denen vor dem Platzen der Immobilienblase. Der Kredit mit variablem Zins ist weiter üblich, die Zinssätze werden monatlich angepasst.

Derzeit zahlen Hauskäufer nicht einmal ein halbes Prozent Zins für ihre Hypothekenschulden. Kaum ein Vertrag kennt eine Zinsbindung von mehr als drei Jahren. Und mehr als die Hälfte aller Darlehen werden nicht zurückgezahlt, sie sind tilgungfrei.

Ersparnisse übersteigen die Wirtschaftsleistung

Auch den Dänen hat in der Immobilienkrise geholfen, dass den privaten Schuldenbergen, die noch höher als in den Niederlanden sind, vergleichsweise hohe Vermögenswerte gegenüberstehen. Sie haben umgerechnet 330 Milliarden Euro auf der hohen Kante. Außerdem darf mit dem erstrangigen Kredit die Immobilie nur zu 80 Prozent finanziert werden. Das hat in der Krise Schlimmeres verhindert.

Christian Baumann vom deutsch-dänischen Immobilienunternehmen Triacon glaubt, dass viele dänische Hauskäufer mit langfristigen Darlehen, wie sie in Deutschland üblich sind, Probleme bekämen. „Steigende Zinsen sind das volkswirtschaftliche Risiko schlechthin in Dänemark“, sagt Baumann, der unter anderem Banken mit notleidenden Immobilienportfolien berät. „Wenn die Zinsen steigen, müssten viele Dänen zu längerfristigen Darlehen mit höheren Zinsen wechseln.“

Weil viele dann ihr Haus verkaufen müssten, würde das auch die Immobilienpreise wieder auf Talfahrt schicken. Alle vertrauen darauf, dass die Europäische Zentralbank und die Regierung sie nicht hängen lassen, sollte es zu einer neuen Krise kommen.

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