Immobilienmärkte weltweit

Steht der nächste Crash schon vor der Tür?

Im Vergleich mit andere Ländern steigen die Immobilienpreise in Deutschland noch moderat. Und auch die private Verschuldung - maßgeblich für den Hauskauf - ist anderswo schon auf kritischem Niveau. Platzt die Blase?

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In vielen Ländern steigen die Risiken eines Immobilien-Crashs. Nicht so in Deutschland Quelle: dpa

Der Immobilienmarkt ist in Deutschland in aller Munde. Beim Mittags-Lunch oder auf der Grill-Party mit Freunden, früher oder später dreht sich das Gespräch um die hohen Preise von Häusern und Wohnungen. Dabei geht es nicht nur in Deutschland am Wohnungsmarkt stramm aufwärts. International sind die Wohnungsmärkte wieder im Aufwind. Die Preise steigen kräftig und das Tempo beschleunigt sich. In Europa, in den Vereinigten Staaten und Kanada, aber auch in Australien und Neuseeland geht es mit jährlichen Wachstumsraten im mittleren bis oberen einstelligen Bereich aufwärts. Am rasantesten verteuern sich Wohnimmobilien in Irland, sie sind heute 17 Prozent teurer als noch vor einem Jahr. Ist das gesund? Oder droht hier der nächste Crash?

Mehrere Gründe befeuern den Preisauftrieb. Das Wirtschaftswachstum weist in den meisten Ländern solide Werte auf. Zuwanderung lässt die Bevölkerung wachsen. Und die niedrigen Zinsen wirken doppelt: Immobilien lassen sich günstig finanzieren, während Kapitalanleger Alternativen zu mageren Renditen und volatilen Aktienmärkten suchen.

Mit den hohen, kräftig steigenden Preisen wachsen aber auch die Zweifel, ob sich nicht wieder eine Immobilienkrise zusammenbraut. Das wäre fatal. Die entfesselten Immobilien- und Hypothekenmärkte konnten in der vorangegangenen Krise nur mit vereinten Kräften aus Rettungspaketen und lockerer Geldpolitik beruhigt werden. Zu einem hohen Preis, denn die gestiegenen Staatsschulden und die extrem niedrigen Zinsen engen nicht nur den Spielraum für neue Hilfsmaßnahmen ein, die billigen Kredite können auch neue Immobilienblasen hervorrufen.

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Bis vor fünf Jahren stagnierten die Wohnungspreise

Doch wo gehen die größten Gefahren vom Immobilienmarkt aus? In Deutschland ist die Entwicklung noch moderat, weil die Wohnungspreise erst seit fünf Jahren steigen. Davor sanken oder stagnierten sie mehr als ein Jahrzehnt, sodass die Preise binnen zwei Jahrzehnten nur um 20 Prozent anzogen. Ganz anders sieht es in Norwegen aus. Fast durchgängig ging es bergauf, die Preise haben sich im gleichen Zeitraum vervierfacht. Kaum anders ist die Lage in Australien mit einem Plus von 280 Prozent oder Schweden mit 240 Prozent. Auch in Dänemark, Großbritannien und Neuseeland sind Wohnimmobilien heute rund 200 Prozent teuer als Mitte der 1990er Jahre. Die USA, Frankreich, Kanada oder Irland liegen mit einem Preisanstieg von 130 oder 170 Prozent etwas darunter.

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Dabei sind die hohen Bewertungen vieler Wohnungsmärkte nur ein Teil des Problems. Oft haben die Käufer für ihre teuren Häuser und Wohnungen wahre Hypothekenberge angehäuft. Sinkende Zinsen und teilweise tilgungsfreie Darlehen halten die Belastung im Rahmen. Ein guter Vergleichsmaßstab für die Verschuldung der privaten Haushalte ist das Verhältnis der Schulden zum verfügbaren Einkommen: In Italien sind es, anders als beim hoch verschuldeten Staat selbst, nur etwas mehr als 60 Prozent. Kaum schlechter stehen Deutschland, Frankreich und Österreich mit rund 85 Prozent dar.

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Zentralbanken leiten Gegenmaßnahmen ein

Den Gipfelsturm teilen sich Dänemark und die Niederlande mit dem dreifachen Niveau. Aber auch Iren, Norweger oder Schweizer haben sich mit mehr als dem doppelten Wert eine drückende Schuldenlast aufgeladen. Nicht viel besser sieht es in Australien, Kanada, Neuseeland und Schweden aus. Schulden abgebaut haben Spanier und US-Amerikaner mit heute jeweils etwas mehr als 100 Prozent.

Zu einem regelrechten Mühlstein werden die hohen Schulden, wenn am Wohnungsmarkt die Preise sinken. Das setzt die Finanzsysteme unter Druck, weil die Banken hohe Hypothekenbestände halten. Daraus kann sich ein Abwärtsstrudel aus fallenden Immobilienpreisen, Bankpleiten und einer schweren Rezession entwickeln. Das wissen auch Finanzaufsicht und Zentralbanken. Seit geraumer Zeit beschäftigen sie sich mit Gegenmaßnahmen. Zinserhöhungen scheiden meist aus, weil sie die Konjunktur insgesamt treffen würden. Deshalb setzt man auf Instrumente wie strengere Kreditvergabestandards oder höhere Vorgaben an die Banken zur Unterlegung der Hypotheken mit Eigenkapital. In Neuseeland, Norwegen, Schweden und der Schweiz wird das schon gemacht. Aber auch in Deutschland wird der Einsatz vorsorglich vorbereitet.

Risiken in Australien, Schweden und der Schweiz

Aber woran erkennt man Immobilienmärkte mit Abwärtsrisiken? Ein Indiz ist ein hohes absolutes beziehungsweise relatives Preisniveau, etwa gegenüber der Entwicklung von Einkommen und Mieten. Problematisch kann eine nachlassende Wirtschaftskraft werden, wenn die privaten Haushalte wegen einer steigenden Arbeitslosigkeit ihre Hypothekenraten nicht mehr zahlen können. Das gilt vor allem bei einer hohen Verschuldung. Eine Belastung für den Markt ist aber auch ein Überangebot, weil zu viel gebaut wurde oder weil sich der Wohnungsbedarf abschwächt, etwa aufgrund einer schrumpfenden Bevölkerung.

Daran gemessen bestehen latente Risiken in Australien, Norwegen, Schweden, Neuseeland, Kanada und der Schweiz. Die hohen Preise sind ein Spiegelbild des Wohlstands, der guten Lebensqualität und der hohen Arbeitskräftenachfrage, die zusammengenommen in hohem Maße Einwanderer anziehen. Dank guter Einkommen können sich die Familien hohe Kredite leisten. Solange die wirtschaftliche Basis stimmt, funktioniert das Wachstumsmodell.

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Niedrigstes Risiko in Deutschland und Österreich

Das ist aber nicht für alle Zeiten garantiert. Das zeigen etwa die nachlassende Rohstoffnachfrage für Australien oder der gesunkene Ölpreis für Kanada, was sich auf den Arbeitskräftebedarf, die Einwanderung und damit die Wohnungsnachfrage negativ auswirken könnte. Akut ist die Einbruchsgefahr noch nicht, die Mischung aus teuren Immobilien und hohen Schulden darf aber nicht unterschätzt werden. Das trifft grundsätzlich auch auf Großbritannien und die Niederlande zu, auch wenn die vollzogenen Preiskorrekturen hier schon Druck abgebaut haben.

Anders sieht die Risikolage in Finnland, Frankreich und Italien aus. Hier leiden die Wohnungsmärkte unter der wirtschaftlichen Schwäche. Größeres Unheil dürfte aber ausbleiben, weil die Verschuldung der Haushalte dort relativ moderat ausfällt. Am niedrigsten ist das vom Immobilienmarkt ausgehende Risiko in Deutschland und Österreich. Aber auch hier sind die Immobilienmärkte nicht frei von Risiken. Das betrifft die hohe Preisdynamik in den Metropolen. In Österreich kommt das schwache gesamtwirtschaftliche Wachstum hinzu.

Alles in allem hat sich also die Temperatur der Wohnungsmärkte merklich erhöht, auch wegen der anhaltend niedrigen Zinsen. Im Unterschied zur letzten Krise hat sich jedoch das Risikobewusstsein verändert. Nationale und internationale Organisationen analysieren die Märkte, die Aufsichtsbehörden arbeiten an besseren Instrumenten. Das ist schon viel wert, auch wenn nicht jede Krise verhindert werden kann.

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