Immobilienmakler „Wir haben zu wenig Wohnungen, nicht zu wenig Regulierung“

Jürgen Michael Schick, Präsident des IVD, zum Bestellerprinzip Quelle: imago images

Das Bestellerprinzip soll nach Plänen der Justizministerin bald auch für Kaufimmobilien gelten. Warum Regulierung die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht löst und welche Ansätze sinnvoll sind, erklärt Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands IVD.

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Laut dem Gesetzentwurf von Justizministerin Katharina Barley zahlen künftig die Auftraggeber die Maklerprovision, in der Regel also die Verkäufer von Immobilien. Dieses sogenannte Bestellerprinzip gibt es bereits für den Mietmarkt. Ist die Ausweitung auf Kaufimmobilien sinnvoll?
Der Immobilienverband IVD lehnt die Pläne von Barley ab, weil es unserer Meinung nach keinen Bedarf für eine bundeseinheitliche Regelung des Immobilienmarktes gibt. Es gibt bereits ein sehr gutes System, in dem sich Käufer und Verkäufer die Provision teilen. In 75 Prozent der Märkte in Deutschland wird diese Praxis ohnehin schon gelebt. Die hälftige Teilung der Provision wird als fair und transparent empfunden. Zudem wird dieses System den unterschiedlichen Entwicklungen der Immobilienpreise in den verschiedenen Regionen gerecht. Deshalb glauben wir, dass diese Aufteilung der Kosten eine sinnvolle Lösung für ganz Deutschland ist.

Das Bestellerprinzip gilt bereits seit drei Jahren bei der Vermietung. Warum stellen sich Immobilienmakler nun so vehement gegen das Bestellerprinzip beim Immobilienkauf?
Der Mieter ist im Verhältnis zum Vermieter der strukturell Schwächere. Der Vermieter ist der wirtschaftlich Stärkere. Das ist allgemein anerkannt. Die Frage ist nun, ob das Verhältnis bei Immobilienkauffällen auch so ist. Der Immobilienverband hat den Eindruck, dass es beim Immobilienverkauf oft umgekehrt ist. Die Verkäufer im heutigen Markt sind häufig Geschiedene, Familien in einer wirtschaftlichen Notsituation oder ältere Menschen, die altersbedingt verkaufen müssen. Die Käufer bei den hohen Marktpreisen sind hingegen Vermögende, das typische Doppelverdiener-Akademikerehepaar. Wer ist hier also schutzbedürftig? Bei Kaufimmobilien ist es der Verkäufer.

Das Schöne an der Maklerprovision ist außerdem, dass sie nur im Erfolgsfall fällig wird und die Höhe frei verhandelbar ist. In jeder Transaktion wird zu einem gewissen Zeitpunkt über die Höhe der Provision diskutiert. Das ist in Deutschland sowie im nahen Ausland gängig.

Mit welchen Veränderungen in der Maklerbranche rechnen Sie im Falle der Durchsetzung des Bestellerprinzips?
Das Berufsbild des Maklers würde sich verändern. Der Makler wäre nicht mehr der Mittler zwischen Käufer und Verkäufer, sondern ein einseitiger Verkaufsgehilfe des Verkäufers. Der Makler müsste keine Rücksicht mehr auf den Käufer nehmen. Der Käufer wäre schutzlos gestellt – und das bei der größten Investition seines Lebens. Dagegen wehren wir uns.

Warum ist diese Alternative die sinnvollste?
Der Käufer wird durch das Bestellerprinzip nicht entlastet, sondern belastet. Es ist klar zu erwarten, dass der Verkäufer die Provision, die er dann per Gesetz alleine trägt, in den Verkaufspreis einpreist. Der Immobilienerwerber zahlt dann nicht nur einen höheren Kaufpreis, sondern auch eine höhere Grunderwerbsteuer. Der vermeintliche Vorteil der Provisionsfreiheit wird zum Nachteil für den Käufer. Am Ende profitiert nur einer: der Staat.

Sicher hofft der Gesetzgeber auch darauf, Wohneigentum für mehr Familien bezahlbar zu machen.
Es ist natürlich die Aufgabe des Staates, das Wohnungsproblem zu lösen. Wir haben in vielen Immobilienmärkten eine angespannte Situation. Wir sind der Meinung, dass wir das Problem der Wohnungsknappheit und der hohen Preissprünge im Immobilienmarkt nur durch eine massive Ausweitung des Angebots in den Griff bekommen können. Das heißt, wir brauchen eine echte Neubaupolitik. Dazu gehört jedoch keine nicht enden wollende Regulierung. Wir haben nicht zu wenig Regulierung. Wir haben zu wenig Wohnungen.

Welche Maßnahmen würden diesem Problem entgegenwirken?
Wenn der Staat die Käufer von Wohneigentum tatsächlich entlasten möchte, dann kann er dies beispielsweise durch die Befreiung von der Grunderwerbsteuer tun. Der Bundesgesetzgeber kann sehr eindeutig festlegen, welche Zielgruppe von der Grunderwerbsteuer ausgenommen wird. Eine Ausnahme könnte beim Erstkäufer einer Immobilie gemacht werden. Diese Ausnahmeregelung ist als Prüfauftrag auch im Koalitionsvertrag enthalten. Das Bestellerprinzip ist hingegen aus guten Gründen nicht im Koalitionsvertrag und wird in der großen Koalition zu Recht so kontrovers diskutiert.

Gibt es für Deutschland im umliegenden Ausland Vorbilder in Bezug auf die Regulierung des Immobilienmarktes?
Ein Bestellerprinzip, wie es Katharina Barley vorschlägt, kennt kein Land in Europa. Zum Beispiel in Österreich kann der Makler per Gesetz nach wie vor für beide Seiten arbeiten und muss nicht nur die Interessen des Verkäufers vertreten, wie das Bestellerprinzip es fordert.

Wie würde sich die Durchsetzung des Bestellerprinzips auf den Beruf des Maklers auswirken – der ja kein geschützter Beruf ist?
Mein Verband fordert seit vielen Jahrzehnten einen sogenannten Sachkundenachweis zur Berufsausübung. Diesen Sachkundeausweis haben wir in der alten Legislaturperiode gefordert, der war auch im parlamentarischen Verfahren, wurde dann aber wieder gestoppt. Das heißt, dort hatte die Politik nicht die Kraft, das Berufsbild des Maklers so zu definieren, dass er eine grundständige Ausbildung braucht, bevor er auf den Verbraucher losgelassen wird. Die Einführung einer Mindestqualifikation wäre das Beste, was man zur Reputationsstärkung des Maklerberufs machen könnte. Diesbezüglich hinkt Deutschland dem nahen Ausland stark hinterher. Ein Sachkundenachweis wäre aktiver Verbraucherschutz, der den Käufern viel mehr nützt als ein Scheingefecht wie dem Bestellerprinzip von Frau Barley.

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