Immobilienmarkt Deutschland Wo mieten günstiger als kaufen ist

Im Immobilienboom sind die Kaufpreise den Mieten weit enteilt. Trotz der günstigen Kredite ist das Ergebnis eindeutig: Vielerorts fahren Mieter besser. Wir zeigen wo.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Es ist ein Glaubensstreit, der gesellige Runden sprengen kann. Der Familien entzweit. Der einen Anlass für ernsthaften Ehestreit liefert. Also all das, was Politik oder Religion heute kaum noch schaffen. Und dabei geht es um die eigentlich simple Frage: Mieten oder kaufen?

Hilfreich ist es, sich Eines von Anfang an klarzumachen: Geht es bei der Entscheidung für oder gegen eine eigene Immobilie um eine Bauchentscheidung, um das gute Gefühl in den eigenen vier Wänden zu wohnen, sich nicht mit einem Vermieter um bunte Wände oder den Hund in Wohnung oder Haus zu streiten? Dann ist die Frage quasi beantwortet. Zahlen spielen dann eine untergeordnete Rolle. In solchen Fällen ist der Kauf eines Eigenheims (schon das Wort zeigt die fast metaphysische Bedeutung) so etwas wie eine Konsumentscheidung. Selbst wenn Haus oder Wohnung eigentlich viel zu teuer sind, müssen Käufer in spe sich dann nur fragen, ob sie sich das Objekt leisten können und wollen – ein Luxus, sozusagen. Dazu später mehr.

Für alle anderen geht es bei der Suche nach Wohnraum aber durchaus um Zahlen. Und Selbstnutzer, die also eine Immobilie suchen, um darin selbst zu wohnen, stehen vor zwei Optionen: Kauf oder Miete. Anders als Investoren kann es ihnen nicht egal sein, ob die Immobilie in München oder Leipzig steht. Sie brauchen dort Wohnung oder Haus, wo sie arbeiten. Zumindest ist das die Regel; ungebundene Selbstständige, die überall arbeiten können, wären die Ausnahme. So betrachtet, lässt sich die Frage „Mieten oder Kaufen?“ mit einem direkten Vergleich gut beantworten: Durch den Kauf sparen sich Selbstnutzer die alternativ fällige Miete. Im Gegenzug müssen sie meist einen Kredit aufnehmen.

In diesen zehn Städten lohnt sich der Kauf
Ludwigshafen Quelle: Fotolia
Leipzig Quelle: dpa
Hamburg Quelle: Fotolia
Duisburg Quelle: Fotolia
Osnabrück Quelle: Fotolia
Wuppertal Quelle: dpa
Gelsenkirchen Quelle: Fotolia

Eine Randbemerkung: Für besonders kapitalstarke Selbstnutzer, die ohne Kredit auskommen, stellt sich die Lage etwas anders dar. Sie stehen vor der gleichen Frage wie Immobilieninvestoren. Ein Blick auf die Mietrenditen der jeweiligen Stadt hilft ihnen weiter, da sie sich durch den Kauf eben die alternativ fällige Miete sparen und keine Kreditkosten tragen müssen. Die Mietrenditen der 50 größten Städte finden Sie etwa in der großen Analyse der WirtschaftsWoche zu den städtischen Immobilienmärkten - mit WirtschaftsWoche-Digitalpass. Mietrenditen von über vier Prozent würden im aktuellen Niedrigzinsumfeld dann klar für den Kauf sprechen, die gibt es noch vielerorts.

In diesen zehn Städten rentiert sich die Miete
Frankfurt-am-Main Quelle: dpa
Düsseldorf Quelle: DPA/Picture-Alliance
Rostock Quelle: DPA
Stuttgart Quelle: dpa
Kiel Quelle: dpa
Berlin Quelle: dpa
Münster Quelle: dpa

Um beide Szenarien für alle anderen Selbstnutzer, die einen Kredit bräuchten, sauber zu vergleichen, darf bei diesem Kredit keine Tilgung angesetzt werden. Natürlich ist das für Selbstnutzer weder empfehlenswert noch die Regel. Darum geht es auch nicht. Aber nur so, lassen sich die reinen Kreditkosten isolieren. Die Tilgung des Kredits hingegen ist ein Sparvorgang, so wie Mieter alternativ das freie Geld ansparen können, sei es auf dem Sparbuch oder renditereicher etwa mit Aktien. Mit der Entscheidung für oder gegen eine Immobilie hat das nichts zu tun.

In unserer großen Analyse zu den Immobilienmärkten der 50 größten deutschen Städte geben wir Selbstnutzern auf dieser Basis eine Empfehlung, was sich eher rechnet: Miete oder Kauf. Die komplette Analyse mit allen Preisen und Mieten in den 50 größten Städten, wichtigen Standortfaktoren (etwa einer Auswertung der Preise im Verhältnis zur lokalen Kaufkraft) und einem Ranking für Immobilieninvestoren zum Potenzial von Immobilien je nach Stadt finden Sie hier. Ein großes 36-Seiten-Dossier mit zusätzlichen Detailanalysen für die Metropolen Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln, Frankfurt und München samt Analyse aller Stadtteile können Sie hier herunterladen (Preis: 11,90 Euro).

Ist der Immobilienkauf tragbar?

Die Entscheidungshilfe "Mieten oder Kaufen?" basiert auf den lokalen Preisen, Mieten und Kreditkonditionen. Die Berechnung geht vom Kauf einer bestehenden Wohnung (kein Neubau) mit 80 Quadratmetern aus. Dieser wird zu 60 Prozent per Kredit über 15 Jahre finanziert. Wie gesagt: Rein zu Vergleichszwecken ohne Tilgung gerechnet. Den Rest samt Kaufnebenkosten (Notar, Grundbuch, Grunderwerbsteuer, aber ohne Makler) bringt der Käufer auf. Ausgewertet wird nun, wie viel er an sonst fälliger Miete spart. Davon abgezogen werden die Kreditkosten, die auf die Kreditlaufzeit umgelegten Kaufnebenkosten und laufenden Kosten (angesetzt ist ein Euro je Quadratmeter als nur von Eigentümern zu tragende Nebenkosten wie Hausgeld). Erzielen Selbstnutzer so über 4,5 Prozent Ertrag auf ihre Investition, spricht einiges für den Kauf.

Dieser Schwellenwert von 4,5 Prozent mag im aktuellen Niedrigzinsumfeld noch recht hoch erscheinen. Doch auf das Kapital inklusive Kredit entspricht das nur einer Rendite von wenigstens 2,5 Prozent. Bei einer niedrigeren Rendite lohnt der Kauf angesichts der eingegangenen Risiken nicht. Mieten ist dann attraktiver. Der Vergleich berücksichtigt keine Ausgaben für die Instandhaltung der Immobilie, basiert deshalb aber auch nur auf stabilen Immobilienpreisen (also ohne jeglichen Wertzuwachs). Anders als bei Investoren stehen solche Wertzuwächse für Selbstnutzer nicht im Fokus. Sie vergleichen eher die laufenden Wohnkosten.

In unseren Bildergalerien finden Sie jeweils die Top-10-Städte, in denen Mieter im Vorteil sind sowie die Top-10-Städte, in denen Selbstnutzer rein finanziell eher kaufen sollten. Ein Ergebnis vorweg: In 17 der 50 Städte sollten Selbstnutzer mittlerweile eher mieten. Die stark gestiegenen Preise sind den Mieten hier zu weit enteilt, sodass auch die niedrigen Kreditzinsen den Kauf nicht attraktiv machen. Zu diesen Mieterstädten zählen auch Top-Metropolen wie Berlin, Hamburg und München.

Wer zum Ergebnis gekommen ist, dass der Kauf sich an seinem Standort lohnt oder wer die Entscheidung für den Immobilienkauf losgelöst von den Zahlen getroffen hat, der sollte nur noch darauf achten, dass dieser auch tragbar ist. Um dafür eine Richtschnur zu bekommen, hilft eine etwas andere Musterrechnung als beim Vergleich von Kauf und Miete. 20 Prozent des Kaufpreises und alle Kaufnebenkosten (für Grundbuch, Notar, Grunderwerbsteuer sowie vielleicht noch den Makler, was durchaus mehr als zehn Prozent sein können) sind das absolute Minimum, das Käufer aus Erspartem aufbringen sollten. Die weitere laufende Belastung, also vor allem durch den für den Kauf aufgenommenen Kredit, sollte dann nicht 40 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens übersteigen. Beispiel Hamburg: Für eine 80 Quadratmeter große Bestandswohnung würden hier im stadtweiten Durchschnitt 3200 Euro pro Quadratmeter fällig. Inklusive Grunderwerbsteuer (4,5 Prozent in Hamburg) und zwei Prozent für Notar und Grundbuch würde die Wohnung also 272.640 Euro kosten. 20 Prozent und die Kaufnebenkosten würden in unserem Beispiel 67.840 Euro entsprechen. Das sollten Käufer wenigstens aus eigener Tasche aufbringen, also mit Erspartem, sonst verlangen Banken oft besonders hohe Zinsen, weil das Risiko aus ihrer Sicht deutlich größer ist. Je mehr Eigenkapital Kreditkunden mitbringen, desto besser - logisch.

Kaufpreise und Mieten In diesen Stadtteilen sind Haus und Wohnung noch bezahlbar

Mit unseren interaktiven Karten bekommen Sie Einblick in den regionalen Immobilienmarkt. Sieben deutsche Großstädte im Vergleich.

Interaktive Kartengrafiken des Immobilienatlas

Den restlichen Kaufpreis von 204.800 Euro müssten Käufer als Kredit aufnehmen. Ein über 30 Jahre voll getilgter Kredit für die Hamburger Immobilie würde einen Angestellten mit guter Bonität im Schnitt mehrerer Banken (laut Kreditvermittler Dr. Klein) aktuell 844,25 Euro an Zins und Tilgung pro Monat kosten. Zusätzlich müsste er noch etwa drei Euro pro Quadratmeter an Nebenkosten tragen, inklusive der nur von Eigentümern zu zahlenden Posten, wie Hausgeld. In Summe wären das weitere 240 Euro pro Monat. Nun kommen die 40 Prozent ins Spiel, die als Belastung am Nettoeinkommen nicht überschritten werden sollten: Im Ergebnis wäre ein Mindest-Nettoeinkommen von 2710,63 Euro nötig. Bei dieser Einkommenshöher würde die Kreditbelastung genau den 40 Prozent entsprechen. Wer mehr verdient, kann den Kredit entspannter abzahlen. Natürlich hängt dieses Ergebnis stark von den getroffenen Annahmen ab. Schon wer mehr Eigenkapital als den Mindestwert von 20 Prozent mitbringt, der kann den Kauf auch mit einem geringeren Einkommen noch stemmen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%