Immobilienmarkt im Osten Boomende Städte, verlassenes Land?

Vorbei ist die Zeit, als Häuser und Grundstücke im Osten zu Schnäppchenpreisen zu haben waren. Zumindest in den Großstädten. Das Gefälle zwischen Stadt und Land aber wächst.

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Hier ist Bauland in Deutschland am teuersten
Platz 15: Sachsen-Anhalt Kaufinteressenten, die ihr Grundstück besonders günstig erwerben wollen, sollten in Sachsen-Anhalt suchen: Dort gibt es Land zum Bauen schon für durchschnittlich 38,44 Euro – das gibt es nirgendwo sonst in Deutschland. (Die Daten für Bremen sind von der Auswertung ausgeschlossen.) Quelle: dpa
Platz 14: Thüringen Den 14. Platz belegt das vergleichsweise kleine Bundesland mit der Landeshauptstadt Erfurt: Im Freistaat Thüringen liegt der Kaufpreis für einen Quadratmeter Bauland im Schnitt bei 44,53 Euro. Quelle: dpa
Platz 13: Mecklenburg-VorpommernDas Land hoch im Norden verdankt den Ostseeinseln Usedom und Rügen zu Recht seinen Ruf als beliebtes Urlaubsziel. In Mecklenburg-Vorpommern zahlen Kaufinteressenten für baureifes Land im Schnitt 49,53 Euro für einen Quadratmeter. Quelle: dpa
Platz 12: Sachsen Den zwölften Platz belegt wieder ein Freistaat – und erneut einer im Osten Deutschlands: In dem an Polen und die Tschechische Republik grenzenden Bundesland kostet ein Quadratmeter baureifes Land im Schnitt 57,86 Euro. Quelle: dpa
Platz 11: Brandenburg Es umschließt das Land Berlin und hat Potsdam als Landeshauptstadt: Brandenburg ist reich an Seen, Wassergebieten und Wäldern. Wer bauen will, zahlt für baureife Grundstücke durchschnittlich 67,59 Euro pro Quadratmeter. Quelle: dpa
Platz 10: Niedersachsen Nach Bayern ist Niedersachsen flächenmäßig das zweitgrößte Bundesland und besteht 82 Prozent aus Wald- und Landwirtschaftsflächen. Obwohl mit Hannover, Braunschweig Oldenburg oder Osnabrück eine ganze Reihe beliebter Großstädte zum Land gehören, zahlen Käufer mit durchschnittlich 78,29 Euro für den Quadratmeter einen vergleichsweise moderaten Preis für Bauland. Quelle: obs
Platz 9: SaarlandIm Südwesten von Deutschland liegt das kleinste Flächenland und belegt bei den Baulandpreisen den neunten Platz: das Saarland. Ein Quadratmeter baureifes Grundstück kostet in dem bevölkerungsgeringen Bundesland durchschnittlich 88,02 Euro. Quelle: dpa

Niedrigzinsen und brummendem Arbeitsmarkt sei Dank: Der Immobilienmarkt boomt. Viele parken ihr Geld als Betongold in unbeweglichen Wertanlagen - oder erfüllen sich dank niedriger Zinsen den Traum vom Eigenheim. Aber gilt das auch für den schrumpfenden Osten? Einige Beispiele:

Speckgürtel als Magnet: Arbeiten in Berlin, Wohnen in Brandenburg - der Speckgürtel um die Hauptstadt wächst. Der Leerstand von Mietwohnungen der kommunalen Gesellschaften und Genossenschaften im Umland von Berlin liegt gerade einmal bei 2,3 Prozent. Die Nachfrage nach Bauland für ein Eigenheim steigt laut Immobilienverband Berlin-Brandenburg stark - vor allem bei jungen Familien. Das schlägt sich auch in den Grundstückspreisen nieder, die teils weit über den Bodenrichtwerten liegen. Der Obere Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Brandenburg nennt etwa Königs-Wusterhausen südöstlich von Berlin. In einigen Ortsteilen gibt es in diesem Jahr Preissteigerungen für Bauland zwischen 15 und 20 Prozent. Ende 2015 kostete im Speckgürtel ein freistehendes Einfamilienhaus im Schnitt rund 250.000 Euro, in Brandenburg waren 179.000 Euro fällig.

Prämien für Zuzügler: Lange Wege nach Berlin - das ist ein Grund, warum es Regionen wie das südbrandenburgische Grenzgebiet zu Polen schwerer haben. Fast jede fünfte Wohnung (17,4 Prozent) der kommunalen Gesellschaften und Genossenschaften steht leer. Viele Kleinstädte überlegen sich, wie sie Zuzügler locken können. Guben mit knapp 18.000 Einwohnern etwa hat vor kurzem ein Förderprogramm aufgelegt. Ein Teil der Umzugskosten wird demnach erstattet, wenn Zuzügler aus anderen Städten kommen - bis zu 1000 Euro pro Antragsteller. Bei Paaren oder Familien erhöht sich die Förderung. Der Kommune zufolge gab es etliche Nachfragen - aus brandenburgischen Städten, aber auch dem Allgäu, Jena oder Sachsen-Anhalt.

Großstädte - Mieten und Kaufpreise im Verhältnis zu den lokalen Einkommen

Teures Pflaster: In Städten, die als wirtschaftliche Leuchttürme gelten und junge Leute anziehen, müssen Immobilienkäufer tief in die Tasche greifen. Als besonders teures Pflaster im Osten gilt die Thüringer Industrie- und Universitätsstadt Jena. Im Schnitt 339.000 Euro müssen nach dem jüngsten Immobilienmarktbericht der Landesregierung dort Käufer von Ein- und Zweifamilienhäusern auf den Tisch legen. Innerhalb eines Jahres stiegen die Preise in Jena um stolze 11,7 Prozent. Das Angebot sei knapp, die Nachfrage hoch. Das treibe die Preise, berichten Makler. Händeringend suchen sie nach Objekten für Kauf- und Bauwillige. Wie weit sich Jena vom Thüringer Immobilienmarkt entfernt hat, zeigt eine Zahl: Im Durchschnitt kosten freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser rund 102.000 Euro.

Der Boom strahlt aus: Wenn eine begehrte Stadt dicht ist, freut sich die nächste. Statt nach Immobilien in Leipzig suchten immer mehr Investoren und Privatleute im etwa 40 Kilometer entfernten Halle in Sachsen-Anhalt, berichtet Beate Lüthje, Shopmanagerin bei Engel und Völkers in Halle. Sanierer suchten nach Mehrfamilienhäusern, Zugezogene nach gehobenen Eigentumswohnungen. „Das ist ganz klar der Ausstrahleffekt von Leipzig“, sagt Lüthje. „Leipzig ist für Investoren quasi ausverkauft, und die Preise sind jenseits von Gut und Böse.“ Inzwischen sei die Nachfrage nach Eigentumswohnungen in Halle größer als das Angebot. „Da müssen wir noch einige Sanierungen abwarten.“ Doch es gibt nicht nur Gewinner: Seit Halle im Aufwind sei, verliere der vorher boomende Speckgürtel zwischen Leipzig und Halle. „Der Trend geht vermehrt zurück in die Stadt.“

Immobilienboom außerhalb der Metropolen - Preisanstieg in den Landkreisen

Gespaltene Region: Der Immobilienmarkt in Mecklenburg-Vorpommern ist zweigeteilt. Während die Nachfrage nach Wohnraum in Rostock, Schwerin und den Städten entlang der Ostseeküste ungebrochen ist, sind in der Fläche schon auf niedrigerem Niveau auch weiter rückläufige Preise zu beobachten, berichtet der Immobilienverband Deutschland Nord. In Rostock, wo die Mitarbeiter vieler neuer Firmenansiedlungen nach Wohnraum suchen, sei das Niveau schon heute sehr hoch. Trotzdem haben die Preise bei Einfamilienhäusern mit einfachem oder mittlerem Wohnwert binnen Jahresfrist noch einmal um rund 15 Prozent angezogen. Bei sehr gutem Wohnwert sei dagegen keine Veränderung mehr zu verzeichnen, hier sei vielfach das obere Level erreicht.

Hier steigen die Mieten am stärksten
Platz 8: Frankfurt Quelle: DPA
Platz 7: StuttgartIn der baden-württembergischen Landeshauptstadt lagen die Angebotsmieten im ersten Halbjahr 2016 bei durchschnittlich 12,55 Euro pro Quadratmeter im Monat – ein Anstieg von 5,2 Prozent zum Vorjahr. Der Zwölfjahresvergleich zeigt: Gegenüber 2004 müssen Mieter heute 44 Prozent mehr zahlen – des bringt Stuttgart die Bronzemedaille unter den acht untersuchten Städten ein. Quelle: DPA
Platz 6: Berlin Quelle: REUTERS
Platz 5: München Quelle: DPA
Platz 4: Leipzig Quelle: DPA
Platz 3: Hamburg Quelle: DPA
Platz 2: Köln Quelle: DPA

Grenzregionen haben es schwer: In Sachsen sind Eigenheime billig im Vogtland oder rund um Görlitz - Regionen, die nahe an der Grenze zu Tschechien und Polen liegen. Während etwa ein Eigenheim in Leipzig um die 250.000 Euro kostet, sind in Zittau gerade einmal 80.000 Euro fällig, 105.000 Euro in Görlitz. Laut Immobilienverband Deutschland (IVD) Mitte-Ost droht Immobilien vor allem dort ein Werteverfall, wo Kindergärten und Schulen schließen und es kaum medizinische Versorgung gibt. „Dann kann auch die angedachte Altersvorsorge in Gefahr sein“, sagt der Vorsitzende Karl-Heinz Weiss. Auf der anderen Seite sieht der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Sachsen Potenzial im Dreiländereck - wenn grenzübergreifend gedacht wird. So wachse das tschechische Liberec (Reichenberg) rasant, davon könne etwa Zittau profitieren.

Kleinere Städte im Aufwind: Klein, aber fein: Die sächsische Bergstadt Freiberg hat eine Universität, ein attraktives Umland und ist nicht weit von Dresden entfernt. „Es gibt junge Menschen, Kultur, Ärzte und Bildungsangebote - Freiberg funktioniert“, sagt Karl-Heinz Weiss vom IVD Mitte-Ost. Die Stadt mit rund 40.000 Einwohnern ist eine Alternative für jene, die sich die Großstadt nicht leisten wollen oder können - und es etwas ruhiger mögen. Für eine Eigentumswohnung sind im Schnitt 1600 Euro pro Quadratmeter fällig, ein Eigenheim kostet rund 180.000 Euro.

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