Singapur ist das Finanzdrehkreuz der ASEAN-Staaten. Das Land war nach Ausbruch der Finanzkrise gefragt bei Investoren, die ihr Geld in Sicherheit bringen und eine sichere Währung suchten. Die Netto-Kapitalzuflüsse haben sich seither mehr als vervierfacht. Der Singapur-Dollar wertete gegenüber dem US-Dollar um mehr als 20 Prozent auf.
Nach der Bauindustrie ist die Finanzindustrie der zweitwichtigste Industriezweig und verantwortlich für den größten Teil der Beschäftigungs- und Einkommenszuwächse der vergangenen Jahre. Zwischen 2008 und 2012 ist die Finanzindustrie um 163 Prozent gewachsen. Lokale und ausländische Banken verwalten zusammen 1700 Milliarden Dollar. Allein 2012 legten die Vermögensanlagen bei den lokalen Banken um 22 Prozent zu. Rund 70 Prozent der in Singapur verwalteten Vermögen waren 2013 in Asien investiert. Ein Plus von 60 Prozent gegenüber 2012. Länder wie Malaysia, Thailand, Philippinen, Indonesien und auch China haben eigene Spekulationsblasen, die platzen könnten. Investoren, die viel Kapital nach Singapur getragen, könnten es dort schnell wieder abziehen. Singapurs Rolle als sicherer Hafen und Steuerparadies wäre in Gefahr.
Drehkreuz in der Klemme
Der so genannte SIBOR, der Referenzzinssatz im Interbankenmarkt des Stadtstaates, orientiert sich an den amerikanischen Leitzinsen und ist zu tief für eine schnell wachsende Wirtschaft wie jene Singapurs. Der SIBOR bestimmt die Zinssätze für alle Arten von Krediten. Das extrem tiefe Niveau des SIBOR hat das Kreditwachstum explodieren lassen. Allein seit 2010 nahm das Kreditvolumen von Privathaushalten und Unternehmen um 133 Prozent zu. Die privaten Haushalte sind in Höhe von 75 Prozent der Wirtschaftsleistung verschuldet, 2010 lag die Quote noch bei 55 Prozent. In wenigen Ländern Asiens hat sich das Kreditwachstum so weit entfernt vom Wirtschaftswachstum wie in Singapur.
Die Kreditblase in Singapur ist eng mit der Immobilien- und Bevölkerungsblase verbunden. Singapur hat mit 1,2 Kindern pro Frau eine der geringsten Geburtenraten der Welt. Die Regierung fördert deshalb die Zuwanderung. Heute leben in dem Stadtstaat 5,3 Millionen Menschen, 40 Prozent davon sind sind Ausländer. Eine Rezession oder Krise im wichtigen Bau- und Finanzsektor sorgte für eine Abwanderung vieler Ausländer und bedrohte den Immobilienmarkt, wo die Preise allein seit 2008 um 70 Prozent zugelegt haben. Eine 90-Quadratmeter-Wohnung kostet heute zwischen zwischen 1,0 und 1,2 Millionen Singapur-Dollar. Zuviel für die Mittelklasse des Stadtstaates. Singapurs Banken halten die Hälfte ihrer Kreditportfolios in immobilienbezogenen Krediten. Auf Hypothekenkredite entfallen 30 Prozent. Etwa ein drittel Drittel aller Hypotheken wird zu spekulativen Zwecken genutzt.
Die Bilanzsumme der Banken in Singapur beträgt 650 Prozent der Wirtschaftsleistung. Viel Hilfe von der Regierung können die Banken im Ernstfall nicht erwarten. Mit 110 Prozent der Wirtschaftsleistung hat der Stadtstadt bereits jetzt schon eine der höchsten Schuldenquoten der Welt. Zwar stünden im Ernstfall die zusammen 450 Milliarden Dollar schweren Staatsfonds Temasek Holdings und Government of Singapore Investment Corporation zur Verfügung. Nur sind die ebenfalls stark in Asien engagiert.