Investieren in Agrarland „Der Flächenverbrauch in Deutschland kommt an seine Grenzen“

Deutsches Ackerland ist bei Investoren, Bauherren und Landwirten gleichermaßen begehrt.  Quelle: imago images

Deutsche Landwirte müssten zunehmend mit anderen Nutzungsarten konkurrieren – etwa für Wind- und Solarparks, sagt Christoph von Schenck. Der Agrarlandberater über die Besonderheiten des deutschen Markts für Ackerflächen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

In den USA investieren Milliardäre in Agrarflächen, auch um sich gegen die Inflation zu schützen. Private Käufer, die keine Landwirtschaft betreiben, haben in Amerika relativ leicht Zugang zu Acker- und Waldflächen. In Deutschland ist der Kauf von Agrarflächen durch Investoren dagegen stärker reguliert. Die Behörden wollen vermeiden, dass Ackerland zum Spekulationsobjekt wird. Das Risiko ist hoch, weil bei uns Verkehrs- und Wohnprojekte stärker mit der Landwirtschaft um Boden konkurrieren als in den USA. Die WirtschaftsWoche sprach mit dem Agrarlandberater Christoph von Schenck über die aktuelle Entwicklung auf dem deutschen Ackermarkt. 

Christoph von Schenck zu Schweinsberg ist Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Schenck Land- und Forstimmobilien. Er berät Landwirte, Investoren und Betreiber von Wind- und Solarparks.

WirtschaftsWoche: Herr von Schenck, was unterscheidet den deutschen Markt für Ackerland von dem in den USA?
Christoph von Schenck zu Schweinsberg: In den USA ist Ackerland eine Vermögensklasse wie jede andere. Es wird gekauft und nach einigen Jahren mit Gewinn verkauft. Der Markt ist daher sehr liquide. In Deutschland dagegen werden Agrarflächen langfristig gehalten, oft über Generationen. Das heißt, es sind weniger Flächen auf dem Markt. 

In den USA kaufen Fonds, Pensionskassen und milliardenschwere Unternehmen Agrarflächen.
Oft haben diese Käufer keinen emotionalen Bezug zur Landwirtschaft. Für sie ist es ein opportunistisches Investment. In Deutschland dagegen erwirbt der Mittelstand Ackerland und hält es langfristig. Oft sind diese mittelständischen Familienunternehmen in ländlichen Regionen gegründet worden. Landwirtschaft ist diesen Unternehmern daher vertraut.

Lesen Sie dazu auch: Nicht nur amerikanische Superreiche wie Bezos, Musk und Gates setzen auf Ackerland – das fördert ihr Ego und steigert die Rendite. Privatanleger können über Farmaktien mitverdienen.

Christoph von Schenck zu Schweinsberg ist Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Schenck Land- und Forstimmobilien. Er berät Landwirte, Investoren und Betreiber von Wind- und Solarparks. Quelle: Presse

Solarparkbetreiber, Bauherren und Landwirte konkurrieren um knappes Ackerland. Das treibt die Bodenpreise. 
Der Flächenverbrauch in Deutschland kommt an seine Grenzen. Wir haben schon jetzt das dichteste Autobahnnetz der Welt und dennoch bauen wir weitere Autobahnkilometer. Gleichzeitig wird das Umland der Großstädte für weitere Wohngebiete zunehmend zersiedelt. Dabei gäbe es in den Innenstädten durchaus noch Platz für Verdichtung. Momentan fehlt jedoch der politische Wille, mehr Wohnraum in den Innenstädten zu schaffen. 
In Berlin beispielsweise wäre auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof Platz für tausende neuer Wohnungen. 
In der Tat. Die Stadt Berlin könnte ihr Vorkaufsrecht mal sinnvoll nutzen. Leider tut sie das nicht. Stattdessen entstehen im Speckgürtel neue Wohnhäuser. Das geht zu Lasten der Landwirtschaft. Täglich gehen in Deutschland durch Verkehrs- und Siedlungsprojekte etwa 60 Hektar Ackerland verloren. 

Inflation und Niedrigzins treiben Investoren in Sachwerte. Nicht nur US-Milliardäre wie Jeff Bezos, Elon Musk und Bill Gates setzen dabei auf Ackerland. Privatanleger können über Farmaktien mitverdienen.
von Matthias Hohensee, Martin Gerth

Die Ampelkoalition will die erneuerbaren Energien auch auf Ackerland ausbauen. Ein Chance für Landwirte und Investoren?
Momentan besteht unser Hauptgeschäft darin, die Betreiber von Solarparks und Landwirte zusammen zu bringen. Meist geht es um Pachtverträge über 20 Jahre. Danach werden die Solaranlagen entweder wieder abgebaut oder oder eine Verlängerungsoption genutzt. In der Zwischenzeit können sich die Agrarflächen von der intensiven Landwirtschaft wieder erholen. Die Ernteerträge sollten danach steigen.

Warum sollten sich Landwirte auf ein solches Geschäft einlassen? Schließlich geht ihnen Anbau- oder Weidefläche verloren. 
Bei ertragsschwachen Flächen können Landwirte mit Solaranlagen höhere Einnahmen erzielen als mit der Landwirtschaft. Das kann sich also durchaus rechnen. Allerdings geht die Verpachtung an Solarparkbetreiber zu Lasten des Bestands an Agrarflächen. Das Konzept Agri-PV, bei dem Landwirtschaft und Energieerzeugung parallel auf der selben Fläche stattfindet, lohnt sich nur bei ertragsstarkem Ackerland. 

Was heißt das für Regionen mit ertragsschwachen Agrarflächen wie Brandenburg? 
Die Konkurrenz zwischen Landwirtschaft und den Betreibern von Wind- und Solaranlagen wird sich verschärfen. Es ist daher fraglich, ob die Bundesregierung ihre Ausbauziele erreichen wird. 

Das interessiert WiWo-Leser heute besonders

Geldanlage Das Russland-Risiko: Diese deutschen Aktien leiden besonders unter dem Ukraine-Krieg

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine belastet die Börsen. Welche deutschen Aktien besonders betroffen sind, zeigt unsere Analyse.

Krisenversicherung Warum Anleger spätestens jetzt Gold kaufen sollten

Der Krieg in der Ukraine und die Abkopplung Russlands von der Weltwirtschaft sind extreme Inflationsbeschleuniger. Mit Gold wollen Anleger sich davor schützen – und einer neuerlichen Euro-Krise entgehen.

Flüssigerdgas Diese LNG-Aktien bieten die besten Rendite-Chancen

Mit verflüssigtem Erdgas aus den USA und Katar will die Bundesregierung die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland mindern. Über Nacht wird das nicht klappen. Doch LNG-Aktien bieten nun gute Chancen.

 Was heute noch wichtig ist, lesen Sie hier

Die Privatisierungsstelle BVVG stoppte den Verkauf von Agrarflächen in den neuen Bundesländern. Welche Folgen wird das für den Markt haben? 
Ich halte das für eine Randnotiz. Die BVVG vermarktete zuletzt zumeist kleinere weniger attraktive Restflächen. Daran haben große Investoren kaum Interesse. In den neuen Bundesländen dominieren inzwischen Großbetriebe mit mehreren Tausend Hektar. Geführt werden diese Betriebe zumeist von erfolgreichen Landwirten und mittelständischen Unternehmen aus den alten Bundesländern.

Mehr zum Thema: Deutsches Ackerland wird knapp, auch weil die Ampelkoalition mehr Solaranlagen auf Agrarflächen will. Anlegern kommen die steigenden Preise zugute.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%