Die Allianz spricht sich etwa gegen Sanierungszwang aus und betont die Notwendigkeit klarer marktwirtschaftlicher Anreize. „Wir haben es mit einem Dilemma zu tun. Eine Wohnungsgesellschaft kann zum Beispiel alle Aspekte von Sanierungsmaßnahmen berücksichtigen und so sogar in schrumpfenden Regionen zu erfolgreichen Konzepten gelangen. Die professionellen Immobilieneigentümer schaffen mit ihren umfassenden Gesamtkonzepten nämlich gute Amortisationszeiten. Aber das funktioniert nicht bei Einzeleigentümern und Eigentümergemeinschaften, die vor allem bei gegebenen Sanierungsanlass die energetische Optimierung ins Auge fassen“, erklärt Welter. „Wir brauchen statt der einseitigen und kurzfristigen Betrachtung einzelner Bauwerke also quartiersbezogenen Sanierungsstrategien als Bestandteil integrierter Stadtentwicklungskonzepte. Statt das Maximum an Energieersparnis für jedes einzelnes Gebäude zu erreichen, sollten sich die Energiekonzepte gleich auf ein ganzes Quartier beziehen. Dann könnten etwa sparsame Gebäude weniger energieeffiziente Denkmäler mittragen.“
Damit Hauseigentümer sinnvoll und realistisch kalkulieren können, bedarf es neben tatsächlichen Verbrauchswerten des unsanierten Gebäudes und aus der Erfahrung mit bereits sanierten Gebäuden auch einer intensiveren und vor allem umfassenderen Beratung. Derzeit sanieren viele Hausbesitzer auch energetisch, wenn ohnehin ein Anlass zur Sanierung – etwa eine Erneuerung der brüchigen Hausfassade – fällig ist. Dann schreibt der Gesetzgeber jedoch eine Fassadendämmung vor. Nur wenn sich die Maßnahme als unwirtschaftlich herausstellt, kann sich der Hausbesitzer von dieser Pflicht befreien lassen. Ob aber zum Beispiel nicht der Einbau einer neuen Heizanlage viel wirtschaftlicher wäre, bleibt ohne gegebenen Sanierungsanlass in der Regel unberücksichtigt. Der Bundesgerichtshof hat übrigens entschieden, dass die Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme gegeben ist, wenn sich die Investition innerhalb von zehn Jahr amortisiert.
Ein langfristiges Sanierungskonzept für das gesamte Gebäude ist schon vor Beginn der ersten Baumaßnahme notwendig. Dann könnten die wirtschaftlichen Aspekte einzelner Maßnahmen priorisiert und in ein langfristiges Sanierungskonzept gegossen werden. Bei der derzeitigen Förderpraxis und den gesetzlichen Vorgaben sieht Thomas Welter die Gefahr, dass die Ziele für ein Sanierungskonzept zu hoch angesetzt und bekannte Technologien bevorzugt werden. „Derzeit ist es so, dass ohne Dämmung nichts geht. Die EnEV schreibt etwa nicht die Gesamtenergieersparnis vor, sondern diktiert dem Immobilienbesitzer, welche Wärmeleitfähigkeit die verwendeten Baustoffe maximal haben dürfen. Dabei gibt es abseits der starren Vorgaben durchaus sinnvolle Alternativen. Zum Beispiel gibt es Passivbürohäuser, die ganz ohne Dämmung auskommen. Die Förderung muss daher verstärkt technologieoffen und anbieterunabhängig sein. Das würde auch dem technologischen Fortschritt Vorschub geben, wie wir ihn etwa bei der Innendämmung von Gebäuden und der Verwendung natürlicher Dämmmaterialien haben.“
Gerade die Außendämmung steht wegen relativ hoher Kosten, baulichen Problemen wie Veralgung und Schimmelbildung und mehr immer wieder in der Kritik. Ein weiteres Problem: Die üblichen Gebäudedämmstoffe sind zwar vergleichsweise günstig, aber die sogenannte graue Energie – also die für die Herstellung der Dämmstoffe verbrauchte Energie – sowie die Entsorgungskosten für Dämmstoffe auf Polysterol-Basis (Styropor und ähnlich Schäume) werden in die Energiebilanz der Maßnahme überhaupt nicht eingerechnet. „Wir sollten an vielen Stellen lieber weniger sanieren, dafür aber wirtschaftlicher über den Lebenszyklus der Gebäude“, ist Welter überzeugt. Schließlich ist für einen Großteil des Gebäudebestands eine Sanierung immer noch wirtschaftlicher als ein Neubau“, so Welter.