Investitionen häufig unwirtschaftlich Politik treibt Hausbesitzer in Energiesparwahn

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Bessere Sanierungskonzepte gefordert

Wo es die schönsten Altbauten gibt
Alte GemäuerHistorische Gebäude sind bei den Deutschen beliebt. Wie sehr die Bundesbürger ihre Fachwerk- und Backsteinschätzchen lieben, zeigt jetzt eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Immobilienunternehmens Pantera. Vor allem die Fassade hat es den Menschen (71 Prozent) angetan. Gerade Frauen zeigen sich begeistert von baulichen Besonderheiten wie den Stuck, einem Erker oder Sprossenfenstern. Quelle: dpa
InnenstadtoasenFür viele gehören historische Immobilien zum Stadtbild - 84 Prozent der Deutschen wünschen sich bei Innenstadt-Sanierungen die Restaurierung alter Gebäude statt Neubauten. 79 Prozent befürworten außerdem Steuervergünstigungen bei Modernisierungsarbeiten. Gerade in Städten wie Berlin gilt das Restaurieren von Altbauten als gute Investition. Lange Zeit stand das denkmalgeschützte Haus Cumberland (Bild) am Kurfürstendamm leer. Ende 2012 sollen die Sanierungen abgeschlossen und neue Mieter eingezogen sein. Quelle: dpa
Steuervorteil und MieterlustDie Investition in eine alte Immobilie kann sich durchaus lohnen. Die Umfrage zeigt, dass vier von zehn Deutschen grundsätzlich bereit sind, für das Wohnen im denkmalgeschützten Gebäude mehr Miete zu bezahlen. Das trifft besonders auf Bewohner von Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern zu (47 Prozent). Beim Kauf einer historischen Immobilie würden immerhin 31 Prozent einen höheren Preis akzeptieren. Zusätzlich lockt der Staat mit Steuervorteilen bei der Sanierung von denkmalgeschützten Häuser. Vor allem in zentralen Lagen in der Stadt und bei Vermietung kann die Rechnung bei einem Kauf aufgehen. Nicht alles lassen die Interessenten den alten Objekten aber durchgehen. Einen schlechteren Energiesparstandard akzeptieren Bundesbürger auch in Altbauten nicht. 53 Prozent befürworten allerdings staatlichen Hilfen wie günstige Kredite oder Zuschüsse, um energiesparende Investitionen umzusetzen. Quelle: dpa
Zentrale LageGerade in Großstädten - wie hier in Berlin - finden sich ganze Viertel mit Wohnhäusern aus der Gründerzeit. Doch nicht allen Städten gelingt es in den Augen der Bevölkerung gleichermaßen, die historische Bausubstanz zu erhalten. Quelle: dpa
RankingDie Allensbach-Umfrage zeigt, welche Städte sich für die Erhaltung der historischen Bausubstanz ins Zeug legen. Düsseldorf - hier ein Bild des modernen Medienhafens - gehört nicht dazu. Nur fünf Prozent der Befragte glauben, dass die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen gute Arbeit beim Erhalt historischer Bauten leistet. Im Vorjahr waren es noch sieben Prozent. Quelle: obs
StuttgartDas Stuttgarter Schloss erscheint dem Besucher im guten Zustand. Das gilt nicht für alle historischen Gebäude in der baden-württembergischen Hauptstadt, glauben die Deutschen. Nur acht Prozent beurteilen den Umgang mit denkmalgeschützten Immobilien als gelungen. Quelle: dpa
Main-MetropoleFrankfurt ist bekannt für seine Hochhäuser-Skyline. Die historischen Immobilien machen auf die Bundesbürger jedoch keinen guten Eindruck - nur neun Prozent glauben, dass sich die deutsche Bankenhauptstadt ausreichend für den Erhalt alter Häuser einsetzt. Quelle: dpa

Die Allianz spricht sich etwa gegen Sanierungszwang aus und betont die  Notwendigkeit klarer marktwirtschaftlicher Anreize. „Wir haben es mit einem Dilemma zu tun. Eine Wohnungsgesellschaft kann zum Beispiel alle Aspekte von Sanierungsmaßnahmen berücksichtigen  und so sogar in schrumpfenden Regionen zu erfolgreichen Konzepten gelangen. Die professionellen Immobilieneigentümer schaffen mit ihren umfassenden Gesamtkonzepten nämlich gute Amortisationszeiten. Aber das funktioniert nicht bei Einzeleigentümern und Eigentümergemeinschaften, die vor allem bei gegebenen Sanierungsanlass die energetische Optimierung ins Auge fassen“, erklärt Welter. „Wir brauchen statt der einseitigen und kurzfristigen Betrachtung einzelner Bauwerke also quartiersbezogenen Sanierungsstrategien als Bestandteil integrierter Stadtentwicklungskonzepte. Statt das Maximum an Energieersparnis für jedes einzelnes Gebäude zu erreichen, sollten sich die Energiekonzepte gleich auf ein ganzes Quartier beziehen. Dann könnten etwa sparsame Gebäude weniger energieeffiziente Denkmäler mittragen.“

Damit Hauseigentümer sinnvoll und realistisch kalkulieren können, bedarf es neben tatsächlichen Verbrauchswerten des unsanierten Gebäudes und aus der Erfahrung mit bereits sanierten Gebäuden auch einer intensiveren und vor allem umfassenderen Beratung. Derzeit sanieren viele Hausbesitzer auch energetisch, wenn ohnehin ein Anlass zur Sanierung – etwa eine Erneuerung der brüchigen Hausfassade – fällig ist. Dann schreibt der Gesetzgeber jedoch eine Fassadendämmung vor. Nur wenn sich die Maßnahme als unwirtschaftlich herausstellt, kann sich der Hausbesitzer von dieser Pflicht befreien lassen. Ob aber zum Beispiel nicht der Einbau einer neuen Heizanlage viel wirtschaftlicher wäre, bleibt ohne gegebenen Sanierungsanlass in der Regel unberücksichtigt. Der Bundesgerichtshof hat übrigens entschieden, dass die Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme gegeben ist, wenn sich die Investition innerhalb von zehn Jahr amortisiert.

von Dieter Dürand, Wolfgang Kempkens

Ein langfristiges Sanierungskonzept für das gesamte Gebäude ist schon vor Beginn der ersten Baumaßnahme notwendig. Dann könnten die wirtschaftlichen Aspekte einzelner Maßnahmen priorisiert und in ein langfristiges Sanierungskonzept gegossen werden. Bei der derzeitigen Förderpraxis und den gesetzlichen Vorgaben sieht Thomas Welter die Gefahr, dass die Ziele für ein Sanierungskonzept zu hoch angesetzt und bekannte Technologien bevorzugt werden. „Derzeit ist es so, dass ohne Dämmung nichts geht. Die EnEV schreibt etwa nicht die Gesamtenergieersparnis vor, sondern diktiert dem Immobilienbesitzer, welche Wärmeleitfähigkeit die verwendeten Baustoffe maximal haben dürfen. Dabei gibt es abseits der starren Vorgaben durchaus sinnvolle Alternativen. Zum Beispiel gibt es Passivbürohäuser, die ganz ohne Dämmung auskommen. Die Förderung muss daher verstärkt technologieoffen und anbieterunabhängig sein. Das würde auch dem technologischen Fortschritt Vorschub geben, wie wir ihn etwa bei der Innendämmung von Gebäuden und der Verwendung natürlicher Dämmmaterialien haben.“

Gerade die Außendämmung steht wegen relativ hoher Kosten, baulichen Problemen wie Veralgung und Schimmelbildung und mehr immer wieder in der Kritik. Ein weiteres Problem: Die üblichen Gebäudedämmstoffe sind zwar vergleichsweise günstig, aber die sogenannte graue Energie – also die für die Herstellung der Dämmstoffe verbrauchte Energie – sowie die Entsorgungskosten für Dämmstoffe auf Polysterol-Basis (Styropor und ähnlich Schäume) werden in die Energiebilanz der Maßnahme überhaupt nicht eingerechnet. „Wir sollten an vielen Stellen lieber weniger sanieren, dafür aber wirtschaftlicher über den Lebenszyklus der Gebäude“, ist Welter überzeugt. Schließlich ist für einen Großteil des Gebäudebestands eine Sanierung immer noch wirtschaftlicher als ein Neubau“, so Welter.

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