Investitionen häufig unwirtschaftlich Politik treibt Hausbesitzer in Energiesparwahn

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Wirtschaftlichkeit zweifelhaft

Tipps zum Sparen von Heizkosten
Heiztemperatur richtig wählen Quelle: dpa
Temperaturabsenkung bei Abwesenheit Quelle: dpa
Türen, Fenster und Rolllädenkasten abdichten Quelle: dapd
Heizkörper entlüften Quelle: Ewald Fröch - Fotolia.com
Gerade der Brenner von Heizungsanlagen – gemeinhin Heizkessel genannt – muss regelmäßig eingestellt werden, Quelle: Kadmy - Fotolia.com
Heizkörper frei lassen, zur Wand isolieren Quelle: dpa
Thermostat digitale Temperaturregelung Quelle: sugar0607 - Fotolia.com

Allerdings bleibt die Studie eine Antwort auf die Frage schuldig, ob damit auch die Wirtschaftlichkeitsprognosen der Sanierungsmaßnahmen aufgehen. Die durchschnittlichen Mehrkosten für die energetische Optimierung hat die Deutsche Energie-Agentur nicht den eingesparten Energieausgaben gegenübergestellt. In anderen Untersuchungen hat die dena zwar die Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen bestätigt, sofern ohnehin dringender Sanierungsbedarf besteht. Wer jedoch nur wegen der in Aussicht gestellten Energieersparnis saniert und darauf baut, dass sich die Investition über die Energieersparnis refinanziert, geht weiterhin hohe Risiken ein.

Für Sanierungswillige ist das Investieren in die energetische Gebäudesanierung nur ungenau kalkulierbar. Denn auch in der aktuellen dena-Studie gibt es unter den untersuchten Gebäuden einzelne Ausreißer, die deutlich die geplante Energieersparnis verfehlten. Diese Fälle werden noch genauer untersucht. Fest steht jedoch, dass die spezifischen Gebäudeeigenschaften und das Nutzungsverhalten der Bewohner – das sich nach erfolgter Sanierung durchaus ändern kann – eine große Rolle spielen. Außerdem stellt die dena nochmals fest, dass unsanierte Gebäude regelmäßig einen geringeren tatsächlichen Energieverbrauch im Vergleich zum berechneten Energiebedarf aufweisen – im Durchschnitt verbrauchen die Gebäude elf Prozent weniger Energie als die Bedarfsberechnung – wie sie auch Energieberater in der Regel verwenden - glauben macht. Gingen die Kalkulationen von einem Bedarf von 250 kWh pro Quadratmeter und Jahr aus, so waren es im tatsächlichen Verbrauch lediglich 223 kWh. Kritiker sprechen sogar von deutlich größeren Abweichungen. Das sollten Immobiliensanierer unbedingt im Hinterkopf behalten, wenn sie die Wirtschaftlichkeit und Amortisationszeit der Sanierungsvorhaben berechnen.

Typische Baumängel in Altbauten

Der Erfolg einer energetischen Gebäudesanierung unter Investitionsaspekten hängt somit wesentlich von einer individuell erstellten, präzisen und unter realistischen Vorgaben erstellten Planung ab. Auch die gewährten Fördermittel sollten in die Betrachtung einfließen. Weil aber die Skepsis unter den Immobilienbesitzern wächst, sank die Sanierungsrate im Gebäudebestand zuletzt auf 0,7 Prozent. Gelingt es nicht, jährlich zwei Prozent des Gebäudebestands energetisch auf Vordermann zu bringen, sind die von der Regierung formulierten Klimaziele mit einem um 80 Prozent gesenkten Energiebedarf bis 2050 definitiv nicht zu schaffen. Schließlich fließen in die Gebäude hierzulande rund 40 Prozent der gesamten verbrauchten Endenergie. Etwa ein Drittel der von Deutschland zu verantwortenden CO2-Emissionen entstehen hier.

Schon in der Planungsphase einer Sanierung läuft einiges schief. Thomas Welter, Geschäftsführer beim Bund Deutscher Architekten (BDA) ist der Überzeugung, dass sich der Gebäudebestand günstig sanieren lässt, so dass es sich rechnet. „Derzeit fördert die Staatsbank KfW mehrheitlich Einzelmaßnahmen bei der Gebäudesanierung. Das führt dazu, dass jeder Anbieter einzelner Gewerke die beste Lösung verkaufen will – ungeachtet, ob die Maßnahme im Rahmen eines Gesamtkonzeptes sinnvoll und angemessen ist“, sagt Welter. „Wenn wir so weitermachen, kommen wir in eine Kostenspirale. So ist die energetische Sanierung de facto zu aufwändig und zu teuer. Wir müssen uns die Frage stellen, ob sich das jeder leisten kann.“ Welter zufolge sind wirtschaftliche Sanierungen durchaus möglich. Dazu müssten sich aber gesetzliche Vorgaben und Anreizsysteme an integralen Konzepten orientieren. Die Politik hat die Anreizsysteme im Frühjahr zwar nachjustiert, auf einen Sanierungszwang für Bestandsgebäude bei der Novelle des Energieeinsparungsgesetzes (EneG) verzichtet und die Fördermittel erhöht, aber ein schlüssiges Gesamtkonzept fehlt.

So finden Sie einen Sachverständigen

Damit die energetische Sanierung des Gebäudebestands erfolgreich voran kommt, hat sich erst vor kurzem eine Allianz aus BDA, Deutschem Mieterbund (DMB), Naturschutzbund (NABU) und weiteren Partnern aus Industrie, Verbraucherschützern, Gewerkschaften und Umweltverbänden formiert. Die Allianz will die notwendige Debatte mit den politischen Entscheidungsträgern von Bund und Ländern anstoßen, um die Umsetzung der Regierungsziele durch das Zusammenspiel von Beratung, Fordern und Fördern zu forcieren. Gesucht ist ein verbessertes und weniger an Einzelmaßnahmen orientiertes Anreizsystem. „Wir müssen zu einem Sanierungsverständnis kommen, das eine  effiziente, aber möglichst einfache Lösung für den Gebäudebestand sucht“, sagt BDA-Geschäftsführer Welter.

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