
Die Deutschen wohnen gerne im Einfamilienhäuschen, doch damit lässt sich der Wohnungsmangel, der gerade in Städten herrscht, nicht beheben. Wo viele Menschen günstig wohnen wollen, braucht es Mietshäuser mit vielen Parteien.
Das haben Städte und Gemeinden schon einmal erkannt und zwischen den 1920er und 1980er Jahren mehrgeschossige Miethäuser gebaut. In den so genannten großen Wohnsiedlungen befinden sich rund vier Millionen Wohnungen für circa acht Millionen Menschen. Doch seit Ende der 1980er Jahre ist Deutschland weg vom Hochhaus und Plattenbau. Ein Fehler, wie die Bau- und Wohnungswirtschaft findet. "Die Weiterentwicklung dieser Wohngebiete zählt nach Einschätzung der Gutachter allein schon aufgrund ihrer großen Dimension zu den zentralen Aufgaben der nachhaltigen Stadtentwicklung und sozialen Wohnraumversorgung", betonte Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen.
Das wird allerdings nicht ganz billig: Um die nachhaltige Weiterentwicklung der großen, im 20. Jahrhundert errichteten Wohnsiedlungen zu sichern, sind Investitionen in Höhe von 90 Milliarden Euro notwendig, wie eine von der Bau- und Wohnungswirtschaft beauftragte Studie ergab.
Städte müssen zurück zum Plattenbau
Für die Bauwirtschaft ist jedoch klar, dass der diese Investitionen unumgänglich sind. Die Siedlungen bieten bezahlbare Wohnverhältnisse für breite Schichten der Bevölkerung, erbringen wichtige Integrationsleistungen, die anderen Stadtquartieren indirekt zu gute kommen und eröffnen den Kommunen Spielräume für eine sozialverträgliche Belegungspolitik, heißt es in der Studie. "Für die Bauindustrie stellt gerade der in der Studie ermittelte Neubaubedarf in großen Wohnsiedlungen von jährlich 6.500 Wohnungen mit einem Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro eine interessante Beschäftigungsperspektive dar", ergänzte Marcus Becker, Vizepräsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.
Mietpreisentwicklung in den zehn größten Städten Deutschlands
Durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 8,27 Euro
Untersucht wurden Bestandswohnungen ab Baujahr 1949 mit mittlerem Wohnwert
Im Folgenden: Sortiert nach Einwohnerzahl in absteigender Reihenfolge
Quelle: Immobilienverband Deutschland IVD - Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V.; veröffentlicht am 1. Oktober 2013
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 7,05 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +7,62 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 8,95 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +5,29 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 11,90 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +6,25 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 8,50 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +6,25 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 8,80 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +2,33 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 10,00 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +4,17 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 5,50 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +5,77 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 8,50 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +0,00 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 6,50 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +8,33 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 7,00 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +7,69 Prozent
"Denn Fakt ist, die Zuwanderung nach Deutschland hält an, unsere Städte wachsen weiter und die Nachfrage nach bezahlbaren und qualitativ hochwertigen Wohnungen steigt. Es lohnt sich also, den seriellen Wohnungsbau aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken", so Becker weiter.
Große Wohnsiedlungen haben schlechtes Image
Optimistisch stimme, dass nach Jahrzehnten der Kritik eine ästhetische Umwertung der Großformen der Städtebaumoderne zu erfolgen scheint. Ein Beleg dafür sei die aktuelle Diskussion um die Renaissance des Hochhauses. Die großen Wohnsiedlungen sind als Modelle neuen Wohnens geplant und errichtet worden. Heute können in ihnen wiederum modellartig die neuen, mit dem Wohnen verbundenen gesellschaftlichen Anforderungen angegangen werden.
Was Mieter und Vermieter noch dürfen
- Aktuell gilt: Vermieter müssen eine Mieterhöhung drei Monate vorher ankündigen. Mieter können zustimmen oder ablehnen.
- Stimmt der Mieter innerhalb von zwei Monaten nicht zu, kann der Vermieter innerhalb von drei weiteren Monaten auf Zahlung der erhöhten Miete klagen.
- Mieter können innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Mieterhöhung außerordentlich kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt dann zwei Monate. Kündigt der Mieter in dieser Frist, bleibt die Miete bis Vertragsende unverändert.
- Vermieter können die Miete nur alle 15 Monate anheben.
- Binnen drei Jahren darf die Mieterhöhung bei bestehenden Verträgen insgesamt nicht mehr als 20 Prozent betragen.
Bei bestehenden Mietverträgen darf der Vermieter schon heute die Miete nur bis zum ortsüblichen Niveau anheben, das sich aus dem Mietspiegel der Kommune ergibt. Zudem begrenzen die Bundesländer in bestimmten Städten mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ die Mieterhöhung bei bestehenden Verträgen auf 15 Prozent in drei Jahren. Bei neuen Mietverträgen gelten 20 Prozent über dem ortsüblichem Niveau als Obergrenze. Tatsächlich liegen die Mieten in begehrten Lagen teilweise 30 bis 40 Prozent über den im Mietspiegel vorgegebenen Mieten, weil sich solche Verträge in der Praxis nur schwer anfechten lassen und Mieter Rechtsstreitigkeiten scheuen.
Bei neuen Mietverträgen darf die Miete nur noch auf maximal zehn Prozent über das ortsübliche Niveau gehoben werden. Dies gilt für die angespannten Wohnungsmärkte, die die Bundesländer festlegen. Mieten, die gegen die neuen Vorschriften verstoßen, sind unwirksam. Verstöße muss der Mieter nach Eingang der Mieterhöhung gegenüber dem Vermieter rügen.
Vermieter können auch Staffeln vereinbaren, nach denen die Miete in Stufen um einen festen Betrag steigt. Alternativ können Eigentümer eine Indexmiete fordern, die mit dem Index für die allgemeine Lebenshaltung steigt.
Die Staffeln müssen sich am Mietspiegel orientieren. Sie dürfen maximal zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen. Einmal erreichte Stufen genießen Bestandsschutz. Folge: Staffelmietverträge werden unattraktiv, wenn der Mietspiegel der aktuellen Entwicklung am Wohnungsmarkt hinterherhinkt. Bei Indexmietverträgen muss sich nur der Ausgangspunkt am ortsüblichen Niveau orientieren, danach steigt die Miete automatisch mit den Verbraucherpreisen, unabhängig vom Mietspiegel.
Vermieter, die Wohnungen modernisieren, können derzeit elf Prozent der Kosten pro Jahr auf die Mieter umlegen. Eine Deckelung durch den Mietpreisspiegel gibt es nicht. Mieterhöhungen nach Modernisierungen sind nicht an die Frist von 15 Monaten gebunden, können also auch zwischen regulären Mietanpassungen durchgeführt werden. Nicht zur Modernisierung zählen Instandhaltungsmaßnahmen. Bei einer Modernisierung muss der Mietwert der Wohnung nachhaltig erhöht werden, etwa durch Dämmen der Außenwände oder den Anbau eines Balkons.
Will ein Vermieter nach Mieterwechsel die Miete wegen Modernisierung über das ortsübliche Niveau heben, darf die Modernisierung nicht mehr als drei Jahre zurückliegen. Die elf Prozent darf der Vermieter nur auf die ortsübliche Miete aufschlagen, die sich ohne Modernisierung ergeben hätte. Liegt die Miete schon vorher über dem Wert aus dem Mietspiegel, geht dies zulasten des Vermieters.
Ausgenommen von der Mietpreisbremse sind umfassende Modernisierungen, die laufen, wenn die Wohnung leer steht. Laut Gesetzentwurf sind Modernisierungen dann umfassend, wenn sie mindestens ein Drittel dessen kostet, was ein Neubau kosten würde (ohne Grundstückspreis).
Dennoch weist das Gutachten auch auf aktuelle Herausforderungen für Kommunen und Wohnungswirtschaft hin. Die großen Wohngebiete haben nach wie vor Imageprobleme und kämpfen gegen Stigmatisierungen. Aufgrund des häufig höheren Anteils von Haushalten mit Zugangsschwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt bedürfen die Quartiere besonderer sozialer Aufmerksamkeit. Sie sind zwar nicht die Ursache, können aber zu Austragsorten sozialer Konflikte werden.
Entscheidend für den Erfolg der Siedlungserneuerung ist nach den Analysen der Gutachter das abgestimmte Vorgehen von Stadt und Wohnungseigentümern - sowohl was die Investitionstätigkeit als auch die Beteiligung der Bewohnerschaft betrifft. Das gelingt dort am besten, wo die großen Wohnsiedlungen einen ihrer Bedeutung entsprechenden Stellenwert in der kommunalen Stadtentwicklungsplanung haben. Ebenso wichtig sei die Kooperation der Eigentümer untereinander, die umso schwieriger ist, je kleinteiliger die Strukturen sind. Quartiersbezogenes Handeln wäre dort besonders erfolgreich, wo wenige professionelle Wohnungsunternehmen kooperativ miteinander zusammenarbeiten.
Aber auch die Politik müsse ihren Beitrag leisten. Zu überprüfen seien die kostentreibenden Anforderungen unter anderem im Bereich des Klimaschutzes und Barriereabbaus ebenso wie das Vergaberecht, das die frühzeitige Zusammenarbeit von Bau- und Wohnungsunternehmen erschwert. In diesen Bereichen könne die Baukostensenkungskommission einen erheblichen Beitrag leisten.
Das Zusammenspiel der Städtebauförderung, der Wohnraumförderung und der KfW - Programme hat Erneuerungsprozesse im Quartierszusammenhang wesentlich unterstützt. Die in den letzten Jahren erfolgte stärkere Fokussierung der Förderung auf die Innenstädte solle dahingehend ergänzt werden, dass die Gebietskulisse der großen Wohngebiete wieder stärker berücksichtigt wird. Ein neues Teilprogramm der Städtebauförderung "Integrierte Weiterentwicklung großer Wohnsiedlungen" könne hierzu einen besonders wirksamen Beitrag leisten.