Kampf um Wohnraum Wenn nur noch Bauen hilft

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Instrument des Milieuschutzgebietes

Hinzu kommt: Einige Projektentwickler lassen sich auf solche Vorgaben gar nicht erst ein. "Wir fassen in Berlin grundsätzlich keine Projekte mehr an auf Grundstücken, auf denen ein Bebauungsplan geändert oder neu aufgestellt werden muss", sagt Michael Staudinger, geschäftsführender Gesellschafter des Immobilienunternehmens Bauwert. Auf solchen Grundstücken gilt in der Hauptstadt seit einigen Monaten das Modell der "kooperativen Baulandentwicklung", das Investoren im Prinzip verpflichtet, einen Anteil von mindestens 25 Prozent geförderter Wohnungen zu realisieren. "Der ungebrochene Einwohnerzuwachs und die weiterhin steigenden Mietpreise", rechtfertigt Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) das Modell, "zeigen, wie wichtig es ist, dass wir den Fokus noch stärker auf die soziale Ausgewogenheit in den Quartieren legen."

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Das Essener Wahrzeichen, der Förderturm der ehemaligen Zeche und des heutigen Museums Zeche Zollverein Quelle: dpa
Das "U" auf dem Dach der Unions-Brauerei Quelle: dpa
Skyline von Düsseldorf im Winter Quelle: dpa
Bremer Marktplatz Quelle: dpa
Blick über den Rhein auf Köln Quelle: dpa
Menschen auf dem Schlossplatz in Stuttgart Quelle: dpa
Neues Rathaus in Hannover Quelle: dpa

Doch ist das Ideal der sozial gemischten Stadt überhaupt noch zu verwirklichen? "Wir sollten die soziale Mischung nicht zu dogmatisch sehen", meint Immobilienexperte Voigtländer. "Ich habe noch kein Argument gefunden, warum es für die Gesellschaft schlecht sein soll, wenn Menschen mit hohem Einkommen zusammenwohnen." Umgekehrt könne es für ein sozial schwaches Stadtviertel gut sein, wenn bessergestellte Haushalte zuzögen: Dann erhöhe sich die Qualität der Schulen und der Kitas, das ganze Quartier profitiere.

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Viele Kommunalpolitiker allerdings sehen das anders. Deshalb greifen sie immer öfter zum Instrument des "Milieuschutzgebiets". In Milieuschutzgebieten - das Baugesetzbuch spricht von "sozialen Erhaltungsverordnungen" - können die Behörden aufwendige Modernisierungsmaßnahmen untersagen, die steigende Mieten nach sich zögen. "Mit der Milieuschutzsatzung wollen wir angemessenen Wohnraum für untere und mittlere Einkommensgruppen erhalten und die Verdrängung dieser Sozialgruppen verhindern", erläutert Frankfurts Baubürgermeister Olaf Cunitz (Grüne). Er hat zu Beginn dieses Jahres eine Milieuschutzsatzung für den Stadtteil Bockenheim erlassen.


Stadt der Zukunft hat Platz für alle Schichten

Dieses Vorgehen habe keinen Erfolg, sagt hingegen Michael Voigtländer: Die Erfahrung zeige, dass Eigentümer von Wohnhäusern in Milieuschutzgebieten verstärkt Miet- in Eigentumswohnungen umwandelten. Zumindest dort, wo die Politik dies zulässt: In Hamburg und Berlin versperrt eine Umwandlungsverordnung den Investoren genau diesen Ausweg. "Dies", freut sich Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, "ist ein wichtiger Schritt, um der Verdrängung einkommensschwacher Haushalte aus der Innenstadt entgegenzuwirken."

Wann sollte man keinen Bausparvertrag abschließen?

Auch Nordrhein-Westfalens Bauminister Michael Groschek (SPD) betont: "Die Stadt der Zukunft ist eine Stadt, die Platz hat für alle sozialen Schichten." Als Vorbild dient vielen Experten Wien: In Österreichs Hauptstadt wohnen nicht weniger als 60 Prozent aller Menschen in städtischen oder öffentlich geförderten Wohnungen. Wer eine solche Wohnung mietet, darf zu diesem Zeitpunkt zwar bestimmte, recht großzügig bemessene Einkommensgrenzen nicht überschreiten. Der Mieter kann aber später selbst dann in der subventionierten Wohnung bleiben, wenn er sich vom Medizinstudenten zum Chefarzt hochgearbeitet hat. Diese Regelung sei auch richtig, sagt Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig: "Ein wesentlicher Erfolg der Wiener Wohnbaupolitik ist, dass in der gesamten Stadt Durchmischung stattfindet. Wir wollen keine Siedlungen nur für Arme oder nur für Reiche, wie wir sie aus den Vororten anderer Städte kennen."

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