Kanada Die nächste Immobilienblase droht zu platzen

Während die USA noch immer unter den Folgen des Häusermarkt-Kollapses von 2007 leiden, ging der Immobilien-Boom in Kanada in den letzten zehn Jahren munter weiter. Nun könnte eine teure Quittung folgen.

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Die Stadt könnte besonders stark unter einem Platzen der Blase leiden. Quelle: Reuters

Toronto Vor zehn Jahren begann die Kreditpyramide, auf der der US-Immobilienmarkt stand, wie ein Kartenhaus in sich zusammenzufallen. Der Crash stürzte die Weltwirtschaft in die tiefste Krise seit der großen Depression der 1930er Jahre, um den völligen Kollaps des Finanzsystems zu verhindern, wurden Banken mit Hunderten Milliarden an Steuergeld gerettet. Während sich der US-Markt nach dem Schock deutlich abkühlte, stiegen die Häuserpreise im Nachbarland Kanada einfach weiter. Nun droht auch hier eine hohe Rechnung.

In der boomenden Großstadt Toronto platzt die Immobilienblase gerade. Im Juli fielen die Verkäufe von Wohnobjekten in der Metropolregion verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um enorme 40 Prozent, wie Daten des lokalen Branchenverbands TREB zeigen. „Es handelt sich um einen der rasantesten Markteinbrüche der Geschichte - wann der Boden erreicht sein wird, ist noch nicht abzusehen“, warnt der kanadische Finanzexperte und Investmentberater Garth Turner.

In seinem Blog beschreibt Turner den Niedergang lebhaft mit Beispielen aus Torontos Immobilienszene. „Der Mist nimmt kein Ende. Die Käufer reagieren nicht einmal auf unsere Anwälte“, klagt dort ein Hausbesitzer. Er hatte seine Immobilie für 2,25 Millionen kanadische Dollar verkauft, doch dann bekamen die Vertragspartner im allgemeinen Abwärtsstrudel kalte Füße. Das Objekt musste neu inseriert werden, der Wert schrumpfte innerhalb von drei Monaten um fast ein Viertel.

In Toronto ist die Lage besonders angespannt, doch auch landesweit sieht es kritisch aus. Im Juni sanken die Häuserverkäufe nach Daten der Canadian Real Estate Association (CREA) im Jahresvergleich um saisonbereinigte 6,7 Prozent. Es ist der stärkste Rückgang seit sieben Jahren. In teureren Gegenden wie Toronto oder Vancouver hätten sich potenzielle Käufer bereits zurückgezogen, sagt Andrew Peck, der Präsident des Branchenverbands.

Ein Grund dafür ist auch die Geldpolitik. Angesichts der robusten Konjunktur und des verbesserten Jobaufbaus - aber auch um einer Überhitzung des Immobilienmarkts vorzubeugen - hat die kanadische Notenbank ihren Leitzins Im Juli um 0,25 auf 0,75 Prozent erhöht. Es war die erste Anhebung seit 2010. Für Immobilienhändler ist das keine gute Nachricht, denn steigende Zinsen verteuern die Finanzierung. „Das kann das Vertrauen in den Hauskauf dämpfen“, so CREA-Chef Peck.

Betrachtet man den Absturz des US-Häusermarkts, der 2007 ähnlich begann, könnte Kanada das Schlimmste noch bevorstehen. Denn auch wenn die Immobilienverkäufe in einigen Regionen bereits im freien Fall scheinen, halten sich die Preise bislang relativ stabil. In Toronto lagen sie im Juli noch 18 Prozent über dem Vorjahresniveau, im Vergleich zum Vormonat gab es jedoch schon ein deutliches Minus von fünf Prozent. Landesweit kam der Preisanstieg nach Jahren mit kräftigen Zuwächsen zuletzt schon fast zum Erliegen.

Richtig brenzlig wird es aber in der Regel erst, wenn es am Immobilienmarkt zu einer plötzlichen Preiskorrektur kommt. Die Frage ist, wie groß in einem solchen Fall die Kreditrisiken für den kanadischen Finanzsektor wären. Einen Vorgeschmack lieferte bereits Home Capital, Kanadas größter Hypothekenfinanzierer außerhalb des Bankensystems. Ermittlungen wegen möglicher Falschangaben bei der Darlehensvergabe und Sorgen um die Qualität des Kreditportfolios führten dazu, dass in großem Stil Geld abgezogen wurde.

Home Capital steht zwar nur für einen Bruchteil des Marktes und hat inzwischen rettende Milliarden-Finanzspritzen unter anderem von US-Investor Warren Buffett erhalten, dennoch waren die Mittelengpässe ein Alarmzeichen. Die Möglichkeit, dass ein Immobilien-Crash die Banken erfassen und einen Sturm auf die Konten auslösen könnte, bleibe zwar unwahrscheinlich, sagte Investmentchef Jim Hall vom Vermögensverwalter Mawer jüngst der „Financial Post“. Doch die Chancen seien von „unendlich klein auf durchaus möglich“ gestiegen.

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