Im derzeitigen Zinsumfeld fällt die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung allerdings regelmäßig besonders hoch aus. „Ich schätze, dass sich die Größenordnung momentan im Bereich von 17 bis 20 Prozent der verbliebenen Restschuldsumme der Hypotheken bewegt“, sagt Verbraucherschützer Schwarz. Wer eine Hypothek kündigt und beispielsweise noch 100.000 Euro abzahlen müsste, kann also mit einer Vorfälligkeitsentschädigung von bis zu 20.000 Euro rechnen.
Die gefallene Umlaufrendite ist schuld
Der Grund für die derzeit hohen Schadenersatzzahlungen an die kreditgebende Bank liegt in der Berechnungsmethode für die Vorfälligkeitsentschädigung. Sie ergibt sich aus der Restschuld, der Restlaufzeit des Vertrages, sowie der Differenz zwischen dem Anlagezins der Bank und dem vereinbarten Vertragszins. Als Anlagezins gilt die Umlaufrendite für Hypothekenpfandbriefe, die die Bundesbank täglich berechnet und auf ihrer Internetseite ausweist. Da die Bank bei Rückzahlung der Restschuld das Geld am Kapitalmarkt für die fehlenden Vertragsjahre mit diesen Renditen anlegen könnte, muss sie diesen Anlagezins vom vereinbarten Vertragszins abziehen.
Das Problem: Bei den gekündigten Immobilienkrediten liegt der Vertragszins oft noch bei vier oder fünf Prozent, die Umlaufrendite ist jedoch derzeit noch besonders niedrig. Bei einer Restlaufzeit von drei bis vier Jahren liegt die Umlaufrendite momentan im Bereich von 1,0 Prozent. Läuft der Vertrag noch sechs bis sieben Jahre, unterstellt die Bank einen Anlagezins von rund 1,6 Prozent. Eine Vorfälligkeitsentschädigung geht somit schnell von einem entgangenen Zinsgewinn in Höhe von drei bis vier Prozent auf die Restschuld aus – für jedes Jahr bis zum Ende der regulären Vertragslaufzeit. Wer die gegebenenfalls fällige Vorfälligkeitsentschädigung im Vorfeld einer Vertragskündigung schon mal grob überschlagen möchten, findet dazu im Internet diverse Rechner, beispielsweise auf den Seiten der FMH-Finanzberatung oder bei Stiftung Warentest.
Streit um die Vorfälligkeitsentschädigung entsteht vor allem, weil viele Banken die Summe zu großzügig ansetzen. Oft bleibt unberücksichtigt, dass die Kreditnehmer das Recht haben, während der Vertragslaufzeit Sondertilgungen zu leisten und den Tilgungssatz heraufzusetzen. Die Banken müssen bei ihrer Berechnung unterstellen, dass der Kunde bis zum Ende der Zinsbindungsfrist beziehungsweise Vertragslaufzeit das Maximum an Sondertilgungen leistet und den Tilgungssatz im Rahmen der Vertragsbedingungen so hoch wie möglich ist. Dadurch sinkt die zugrunde gelegte Restschuld – und damit die entgangenen Zinsgewinne des Kreditinstituts. „Das Vorgehen der Banken hat Methode. Betroffene Kunden sollten sich unbedingt dagegen wehren“, sagt Schwarz. „Die Banken müssen den für den Kreditnehmer günstigsten Fall annehmen.“
Einer von Schwarz Kunden hatte zum Beispiel eine Baufinanzierung der Bausparkasse Wüstenrot, die nach acht Jahren regulärer Rückzahlung jederzeit voll getilgt werden durfte. Somit hätte eine Vorfälligkeitsentschädigung nur bis zum Ablauf dieser acht Jahre berechnet werden dürfen. In ihrer Kalkulation der fälligen Entschädigung unterstellte die Wüstenrot jedoch zehn Jahre. Auch nach dem Einwand der Verbraucherschützer korrigierte die Wüstenrot ihre Berechnung noch nicht.
So kommt es, dass die von Banken verlangten Vorfälligkeitsentschädigungen regelmäßig um viele tausend Euro zu hoch ausfallen. Wer befürchtet, die verlangte Summe könnte zu hoch angesetzt sein, kann sich die korrekte Höhe von einer Verbraucherzentrale anhand der Vertragsunterlagen ausrechnen lassen. Dafür verlangt etwa die Verbraucherzentrale Bremen lediglich eine Gebühr von 70 Euro. „Schickt der Kreditkunde unsere Berechnung an die Bank, genügt das meist, um die Bank zu einer korrekten Neuberechnung zu bewegen“, weiß Schwarz aus Erfahrung. Hilft das nicht, sollten Kreditnehmer einen Anwalt einschalten.