Makler-Franchise Buffett nimmt Berliner Immobilienmarkt ins Visier

Warren Buffett macht Immobilienmakler reich. Quelle: Getty Images

Warren Buffett will seine Erfolgsformel auf den Berliner Immobilienmarkt übertragen und nimmt einen Berliner Makler in sein Netzwerk auf. Wie die Immobilienvermittler des Superinvestors arbeiten, was hinter dem Deal steckt.

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Rosemarie Zanghellini möchte die Freundin ihres Kunden werden, sagt die New Yorker Immobilienmaklerin. Eigentlich ist der nur auf der Suche nach einer neuen Wohnung. Aber Rosemarie sagt, sie müsse ihn richtig kennenlernen – um ihm das beste und wirklich passendste Apartment vermitteln zu können –, und bittet ins Büro. Die Filiale des Maklers Berkshire Hathaway HomeServices liegt in Midtown Manhattan, direkt neben dem Trump Tower, und damit auf einem der teuersten Pflaster in der ohnehin sündhaft teuren Stadt.

Berkshire Hathaway, das ist die Holding des legendären Investors Warren Buffett, der 1965 das abgewirtschaftete gleichnamige Textilunternehmen übernahm und binnen 53 Jahren einen Konzern formte, der heute 492 Milliarden Dollar wert ist – und ihn mit 84,6 Milliarden Dollar zum aktuell drittreichsten Mann der Welt machte.

Berkshire Hathaway HomeServices ist Buffetts Maklerfirma – mittlerweile der zweitgrößte Vermittler von Wohnimmobilien in den USA. Das Geschäftsprinzip hat sich Buffett bei McDonald’s abgeschaut, wo der bescheiden lebende Milliardär jeden morgen frühstückt: Franchising. Selbstständige Immobilienmakler dürfen als Franchisenehmer die Marke Berkshire nutzen. 41.000 tun dies in den USA – und die setzten mit Immobilien zuletzt 127 Milliarden Dollar um.

Nun will Buffett seine Erfolgsformel auch auf den Berliner Immobilienmarkt übertragen und Kapitalanleger aus aller Welt einfangen: Der auf reiche Kunden aus China, Russland und dem arabischen Raum spezialisierte Berliner Makler Rubina Real Estate wird als erster internationaler Partner in Buffetts Franchisenetzwerk integriert. Die Zeit sei reif, sagt Gino Blefari, Chef von Berkshire Hathaway HomeServices: „28 Jahre nach dem Fall der Mauer steigt die Einwohnerzahl in Berlin schnell. Hier leben Menschen aus 180 Ländern der Welt, und für sie entstehen zahlreiche neue Wohnbauprojekte“, schwärmt Blefari, der in den kommenden Monaten weitere Immobilienmakler „in Europa, Asien, Nordamerika und darüber hinaus“ zu Franchisenehmern machen will. Grund genug, mal zu schauen, wie Buffetts Makler arbeiten – in New York und in Berlin.

In Manhattan geht es schon mal sehr persönlich los: Auf dem Bildschirm hinter dem Pförtner wird der Kunde mit Namen begrüßt. An einer grauen Wand prangt ein Zitat von Warren Buffett: „Ein Haus ist der wichtigste Vermögenswert. Deshalb wollen Hauskäufer mit jemandem zusammenarbeiten, dem sie vertrauen können.“

Und so baut Zanghellini, hellblauer Blazer, schwarze, große Brille, erst mal Vertrauen auf. Bei der Führung durch das luftige Büro mit den modernen weißen Möbeln und dem beeindruckenden Blick aus dem 37. Stockwerk erzählt sie erst einmal von sich – und zwar auf Deutsch. Ihre Vorfahren seien aus der Schweiz. Leider habe sie aber nicht die Möglichkeit, regelmäßig Deutsch zu sprechen, entschuldigt sie sich für ihren harten Akzent. Dann wechselt sie auf Englisch und berichtet von ihrem Designstudium, zeigt auf eine Collage aus Zeitungsausschnitten und Fotos von der Hauptversammlung von Berkshire Hathaway 1996. „Die Krawatte, die Buffett dort getragen hat, habe ich entworfen“, sagt Zanghellini mit einem Mix aus Stolz und Schüchternheit. „Seitdem habe ich Berkshire Hathaway immer verfolgt“, sagt sie. „Ein tolles Unternehmen.“

Zanghellini wechselt später von Modedesign über Marketing in die Immobilienwelt. Als Berkshire Hathaway HomeServices im Januar des vergangenen Jahres das erste Franchise in New York aufbaute, war für Zanghellini klar: „Hier will ich arbeiten.“ 41 Makler vermitteln inzwischen in dem Büro über den Dächern von Manhattan Immobilien. Sie bieten Wohnungen und Häuser zur Miete, vor allem aber zum Verkauf an. Dabei spricht Berkshire vor allem auch internationale Investoren und Expats an; 30 bis 40 Prozent der Kunden stammen aus dem Ausland.

Wenn es Gold regnet

Der Geschäftsansatz des Berliner Maklers Rubina Real Estate ist eher nüchtern deutsch als überschwänglich amerikanisch: Kein Smalltalk, von Freundschaft ist nicht die Rede, auch der Investor, den der Kunde angeblich vertritt, interessiert nicht. Der Makler, der jetzt den Bandwurm-Namen Berkshire Hathaway HomeServices Rubina Real Estate auf seine neue Visitenkarte quetschen muss, kommt direkt zur Sache. Drei Zimmer, 91 Quadratmeter, am Strausberger Platz, für 434 500 Euro. Als das Wort „Anlageobjekt“ fällt, legt er erst so richtig los. Kein Wunder: Berlin ist für Immobilieninvestoren, trotz des recht weit vorangeschrittenen Booms, weiter interessant. Verglichen mit anderen Metropolen, sind die Preise provinziell. 17 000 Euro kostet der Quadratmeter Wohnfläche etwa in New York – in Berlin selbst in Top-Lagen weniger als die Hälfte.

Günstig einkaufen, abwarten und teuer wieder verkaufen – das ist Buffetts einfache Faustformel, die ihn zu einem der reichsten Menschen der Welt gemacht hat. Auch bei Immobilien handelte er nach diesem Prinzip. So erwarb er 1971 eine Villa im Süden Kaliforniens für 150 000 Dollar: 325 Quadratmeter mit sechs Schlafzimmern in Laguna Beach. Im Februar vergangenen Jahres bot er das Anwesen für elf Millionen an – mit 7200 Prozent über dem Einkaufspreis. Sein in einem ruhigen Wohnviertel von Omaha/Nebraska gelegenes Eigenheim kaufte er 1958 für 31 500 Dollar, es wäre heute annähernd 700 000 Dollar wert. Verkaufen wollte er es nie: „Ich bin happy darin. Wenn ich glauben würde, woanders glücklicher zu sein, würde ich umziehen“, sagte er einmal der BBC. Mit gut 600 Quadratmetern und fünf Schlafzimmern ist das Anwesen vermutlich die bescheidenste Milliardärsbleibe der Welt. Buffett nannte das Haus einmal das „drittbeste Investment“ seines Lebens.

Dass er auch etwas von Immobilien im großen Stil versteht, bewies Buffett zuletzt mit der Aktie von Store Capital. Drei Jahre lang hatte er das Unternehmen, das vor allem Geschäftshäuser im Bestand hat, beobachtet. Im vergangenen Frühjahr kam die Aktie unter Druck: Investoren fürchteten, die von Amazon ausgelöste Krise im Einzelhandel könne Store Capital nach unten reißen. Buffett aber hatte erkannt, dass Stores Mieter, vornehmlich Schulen und Pflegedienste, wenig mit Amazon und dem Konsumverhalten der US-Bürger zu tun hatten. Als die Aktie nahe ihrem Allzeittief notierte, griff er zu. Heute steht sie 25 Prozent höher. „Gelegenheiten kommen unregelmäßig“, sagt Buffett, „wenn es gerade Gold regnet, stell einen Eimer vor die Tür und keinen Fingerhut.“

So sieht das Portfolio von Warren Buffett aus

In Berlin soll die Marke Buffett, die für Value-Investment und hohe Qualität zu einem günstigen Preis steht, nun die internationale Nachfrage ankurbeln. Und die Berkshire- Rubina-Makler haben Buffetts Philosophie schon übernommen – zumindest in der Kundenansprache. „Der eigentliche Gewinn hängt vom Einkauf ab“, sagt der Makler in Berlin. „Im Schnitt kostet bei uns der Quadratmeter nur 4000 Euro. Bei der Konkurrenz müssen sie schon 6000 bis 7000 Euro bezahlen“. Die knapp sechs Prozent Courtage, die Berkshire Rubina für die Vermittlung der Immobilie berechnet, lässt er dabei dezent unter den Tisch fallen.

Berkshire Rubina hat viele chinesische Kunden – und auf die hat auch Buffett es abgesehen. Im vergangenen Jahr ging Berkshire Hathaway HomeServices eine Kooperation mit Juwai.com ein, dem größten chinesischen Immobilienportal. Auf dem sind pro Monat zwei Millionen Chinesen unterwegs, die im Ausland Immobilien suchen. Im Angebot seien rund 2,5 Millionen Objekte in 89 Ländern wirbt Juwai. Zu den Kunden von Juwai zählen internationale Maklerkonzerne wie JonesLangLasalle und deutsche Vermittler wie Engel & Völkers.

Berkshire Rubina spricht die begehrte Klientel auch auf YouTube-Videos mit chinesischen Untertiteln an. In den kurzen Clips beantworten Makler oft gestellte Fragen. Zum Beispiel die, ob man als ausländischer Investor in Deutschland einen Kredit beantragen kann (man kann) und mehrere Immobilien besitzen darf (darf man). Oder ob man persönlich anreisen müsse, um einen Vertrag abzuschließen (muss man nicht).

Das befremdliche Werbevideo

Für das 435 000-Euro-Objekt am Strausberger Platz, das im Exposé unter dem Projektnamen „Central Berlin“ firmiert, gibt es auch ein Werbevideo – zugegeben ein etwas befremdliches: Eine attraktive junge Frau in Businesskleidung und mit dicker Sonnenbrille steigt zu Techno-Trance-Musik in eine Mercedes-Limousine, die sie durch Berlin kutschiert. Durch die halb geöffnete Scheibe begutachtet die junge Frau lässig im Vorbeifahren den Berliner Immobilienmarkt, dessen Vorteile im Video in Textboxen aufgezählt werden. Am Strausberger Platz steigt sie aus. Zielstrebig geht sie zum Wohnkomplex. Die modern-minimalistische Einrichtung der Wohnung wird gezeigt. Die Frau, mit einem Kaffee in der Hand, schaut verträumt aus dem Fenster. Am Ende lassen sie dann tatsächlich auch noch John F. Kennedy seine berühmten Worte sprechen: „I take pride in the words – Ich bin ein Berliner.“

Der Wohnkomplex am Strausberger Platz ist die einzige ältere Wohnung, die Berkshires neue Franchisenehmerin Rubina in Berlin anbietet: „Normalerweise sind wir nur im Neubaugeschäft tätig“, sagt der Makler. Im Gegensatz zu modernisierten Bestandsobjekten, die zu günstigeren Preisen angeboten werden können, sind bei Neubauten die Renditechancen in den ersten Jahren erst mal begrenzt. Doch der Makler bemüht einen schrägen Vergleich. „Das ist ähnlich wie auf dem Automarkt“, sagt er. „Ein Gebrauchtwagen ist auch günstiger als ein Neuwagen. Nur bekommen Sie dann keine Garantien, und der Gebrauchte kann auch schneller kaputtgehen als ein Neuwagen.“

Anschließend kommt er dann zum Thema Vermietung. Berkshire Rubina hat gleich einen passenden Hausverwalter an der Hand, die Tochtergesellschaft Eichen Global. Der verspricht Komfort durch Digitalisierung: Der künftige Wohnungsbesitzer und Vermieter soll sich nicht um jede Kleinigkeit kümmern und vor allem nicht immer anreisen müssen. „Über eine App kann der Immobilienbesitzer mit Eichen Global kommunizieren und die Hausverwaltung managen“, sagt der Makler. Gerade bei Investoren aus dem Ausland kommt der Service an: Wenn sie vermieten wollen, können sie zum Beispiel per Smartphone die Möblierung ihrer Wohnungen organisieren.

Die App zeigt zudem die Preisentwicklung einzelner Objekte an. Potenzial scheint vorhanden: Im Exposé für das Objekt am Strausberger Platz wirbt Berkshire Rubina damit, dass die Preise in Berlin zwischen 2009 und 2014 um 70 Prozent gestiegen sind, die Mieten immerhin um 56 Prozent. „Wenn ein Investor die Mieten erhöhen will, kann er das einfach über das Smartphone tun“, sagt der Makler. Mietpreisbremse und andere Abgründe des deutschen Mietrechts, der Verdacht liegt nahe, werden ausländischen Investoren gegenüber nicht besonders herausgestellt.
Auch Berkshire Hathaway HomeServices in New York versteht sich nicht nur als Wohnungsvermittler, sondern als Dienstleister rund ums Wohnen. „Wir bieten ein Rundum-sorglos-Paket“, verspricht die New Yorker Büroleiterin Ellie Johnson. Berkshire helfe bei Gesprächen mit Banken, informiere über die Nachbarschaften in New York und assistiere etwa bei der Suche nach einer internationalen Schule oder dem passenden Kindergarten. „Eine Immobilie zu vermitteln bedeutet viel mehr, als nur eine Wohnung zu suchen“, sagt Johnson.

Rosemarie Zanghellini hat an ihrem Schreibtisch Platz genommen und bittet nun ihren Kunden, etwas über sich zu erzählen. Wohnort, Job, Freizeit, Beziehungsstatus, alles interessiert. Am Ende empfiehlt sie Harlem, das sei genau die richtige Nachbarschaft. Sie zählt die Vorteile des Stadtteils auf, nennt nur wenigen bekannte Szenekneipen und schwärmt vom Morningside Park, dem kleinen Pendant des Central Park.

Obwohl HomeServices hauptsächlich teure Immobilien auf seiner Website präsentiert – schicke Apartments in Manhattan können schnell über zehn Millionen US-Dollar kosten –, ist ein bescheidenes Budget kein Problem. Zanghellini nimmt sich Zeit und betont auf Nachfrage, dass hier jeder willkommen sei. „Unsere Kunden sind Studenten, Familien, Millionäre – alles dabei.“ Das übrigens sei gerade eine Stärke des Hauses. Denn: „Wir haben viele Investoren als Kunden, die ein Objekt kaufen und dann direkt über uns vermieten.“
Per se hätten sie – natürlich – ein tolles Portfolio, da viele Verkäufer und Vermieter „Warren Buffett, Berkshire Hathaway und damit auch uns vertrauen“. Der Franchisename öffne viele Türen, auch bei Banken. Gleichzeitig sei der Name aber auch Herausforderung. „Die Kunden haben hohe Erwartungen an uns.“

Rosemarie Zanghellini will die um keinen Preis enttäuschen. Der Kunde könne sich jederzeit an sie wenden, sagt sie – wie an eine gute Freundin. Am Ende tauschen Maklerin und Kaufinteressent E-Mail-Adressen und WhatsApp-Kontaktdaten aus, auch über WeChat und die anderen gängigen Social Media sei sie rund um die Uhr zu erreichen, sagt die Familienmutter.

Für Warren Buffett zu arbeiten ist offenbar eine besondere Verpflichtung. Acht Stunden täglich reichen dafür nicht.

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