
Rein geht es nur über die Ausfahrt des Parkhauses. Die Vordereingänge des Hochhauses an der Düsseldorfer Emanuel-Leutze-Straße sind mit Gitterzäunen abgesperrt. Drinnen ist von dem heftigen Regen nichts zu hören, stattdessen dröhnen Presslufthämmer. In den ersten fünf Etagen wird der Betonboden aufgestemmt. Unter dem Bodenbelag hat sich Schimmel durch die Isolierung gefressen. Bauarbeiter laufen durch die Flure. Einer von ihnen freut sich über den Regen: „Ist gut gegen den Staub.“ Wie Mehltau hat sich der Schmutz im Hochhaus verteilt. Aufwärts geht es mit dem Aufzug in den 15. Stock. Im Flur verdecken an die Wände geschraubte Gipsplatten Löcher von früheren Sanierungsversuchen. Balkonfronten werden abgeschnitten, asbestverseuchte Versorgungsleitungen entfernt, feuchte Wände aufgestemmt.





Und dennoch: Hier leben Menschen. Christine Sturm etwa. Die 51-Jährige hatte bereits beim alten Eigentümer vor Gericht eine Mietminderung von 35 Prozent wegen Baulärm, defekter Lüftung und Schimmelstaub durchgesetzt. Im vergangenen Jahr wechselte der Besitzer, der die Sanierung weiter vorantrieb. Der neue Vermieter wollte sich nicht auf eine Mietminderung von 35 Prozent einlassen. Beide Parteien konnten sich nicht auf eine neue Regelung einigen. „Im Dezember erfuhren wir als Mieter, dass das Trinkwasser mit Bakterien belastet ist“, sagt Sturm. Deswegen zahlt sie seit Januar nur noch 50 Prozent der Miete. Prompt kündigte der neue Eigentümer ihr im März – fristlos.
Darüber streiten Mieter und Vermieter vor Gericht
Modernisierung: 1,0 % der Konfliktfälle
Quelle: Deutscher Mieterbund; Mai 2013
Schönheitsreparaturen: 2,2 %
Andere Gründe: 9,1 %
Kündigung: 9,7 %
(fristlos, ordentlich und wegen Eigenbedarf)
Mieterhöhung: 12,9 %
Mietkaution: 18,3 %
Betriebskosten: 19,9 %
Vertragsverletzungen: 26,9 %
(zum Beispiel Mietmängel, Mietschulden, Beschädigung)
Explosive Gemengelage
In den über Jahrzehnte in einem Dornröschenschlaf versunkenen deutschen Immobilienmarkt ist kräftig Bewegung gekommen: Der Run auf Sachwerte zieht Investoren an, die Geld in Sicherheit bringen oder lukrative Geschäfte machen wollen. Wohnungen und ganze Siedlungen wechseln den Besitzer, in den Großstädten wird renoviert und ausgebaut, was das Zeug hält. Allein von Januar bis März wurden in Deutschland Immobilien im Wert von 49 Milliarden Euro umgesetzt, gut sechs Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Insbesondere private Käufer schlagen zu. In Berlin etwa wurden im vergangenen Jahr 13 Prozent mehr Eigentumswohnungen verkauft.
Bundesweit verteuerte sich Wohneigentum laut Verband der deutschen Pfandbriefbanken im ersten Quartal dieses Jahres um 3,4 Prozent. Besonders stark ziehen die Preise in Ballungsräumen an. In München verteuerten sich Eigentumswohnungen 2012 im Schnitt um 14 Prozent. Auch die Mieten steigen: Das Beratungsinstitut Empirica ermittelte im Bundesdurchschnitt ein Mietpreisplus von 4,3 Prozent, allein im ersten Quartal.