
Die inzwischen in vier Bundesländern geltende Mietpreisbremse wirkt nach Ansicht von Mieterverbänden nicht immer wie sie soll. Wohnungsanzeigen erweckten regelmäßig den Verdacht von Verstößen, sagte Stefan Schmalfeldt vom Hamburger Mieterverein. Teilweise treffe das auf jede zweite Anzeige zu. Auch der Berliner Mieterverein beklagte, viele Vermieter hielten sich nicht an die Begrenzung. Zugleich ließen auch nur wenige Mieter überhaupt prüfen, ob sie zu viel zahlten.
Hingegen zeigte sich die Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbunds in Nordrhein-Westfalen, Silke Gottschalk, zuversichtlich in Hinblick auf eine Wirkung der Mietpreisbremse. Es sei jedoch zu befürchten, dass viele Mieter von ihrem Auskunftsanspruch gegenüber dem Vermieter keinen Gebrauch machen und sich einschüchtern ließen, sagte sie.
Risiken der Mietpreisbremse
Weil die Mietpreisbremse vor allem zulasten der Eigentümer geht, werden sie dem Gesetz ausweichen. Neben der Luxussanierung gibt es noch weitere Varianten:
Weil Vermieter die Kosten für Instandhaltung nicht auf die Mieter umlegen können, müssen sie Rücklagen bilden. Werden Mieterhöhungen gedeckelt, bleibt dafür weniger Geld. Mieter wohnen dann zwar billiger, aber eben auch in weniger gepflegten Häusern.
Angesichts der stark gestiegenen Kaufpreise lohnt sich Verkaufen für die Eigentümer oft mehr als Vermieten. Eingesessene Vermieter werden sich infolge der Staatseingriffe zurückziehen und an aggressive Investoren verkaufen. Diese teilen das Haus in viele kleine Wohnungen auf, die sie dann teurer an Anleger vermitteln. Die müssen dann auf Teufel komm raus die Mieter schröpfen, um ihr Investment zu refinanzieren.
Vollständig eingerichtete Wohnungen lassen sich teurer vermieten. Dabei geht es in der Regel nur um befristete Mietverträge.
Vor allem in touristisch interessanten Metropolen werden Wohnquartiere zu Touristenwohnungen, soweit die Städte dies zulassen. Die Mietpreisbremse wird diesen Trend verstärken. Städte steuern mit neuen Regeln dagegen, es droht eine Spirale von Regulierung und Ausweichreaktionen.
Seit dem 1. Juni können die Länder für Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt eine Preisbremse verhängen. Die Mieten in neuen Verträgen dürfen dann nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Ausnahmen gelten für Neubauten und umfassend modernisierte Wohnungen. Außerdem muss kein Vermieter seine bisher verlangte Miete senken. Als erstes Bundesland hatte Berlin diese Preisbremse eingeführt, es folgten Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bayern.
„Das größte Problem ist die Überprüfung der zulässigen Miete“, sagte der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild. Mieter müssen selbst überprüfen, ob sie zu viel zahlen und überhöhte Mieten dann rügen. Da es im Gesetz aber so viele Ausnahmen gebe, wollten viele keinen Streit mit dem Vermieter riskieren. „Sie wollen das Verhältnis zum Vermieter nicht aufs Spiel setzen und dann womöglich nicht Recht bekommen“, sagte Wild.
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Die Mietpreisbremse könne nur dann wirksamer werden, wenn Vermieter verpflichtet würden, dem Mieter vor Vertragsabschluss Informationen über die ortsübliche Vergleichsmiete, Modernisierungen und zuvor verlangte Mieten vorzulegen. Solche Ausnahmen nehmen nach Schätzungen des Mietervereins rund jede dritte Berliner Wohnung von der Mietpreisbremse aus.
Wie Vermieter die Mietpreisbremse umgehen können
Eigentümer können befristete Mietverträge mit Arbeitnehmern abschließen, die etwa für die Dauer eines Projekts eine Bleibe suchen. Vorteil: Die Miethöhe kann der Vermieter unabhängig von der Mietpreisbremse vereinbaren. Nachteil: Eine reguläre Kündigung vor Vertragsende ist nicht möglich. Für möbliertes Wohnen gibt es nur begrenzte Nachfrage.
Die Miete steigt mit den allgemeinen Lebenshaltungskosten. Nur die erste Miete unterliegt der Mietpreisbremse. Danach steigt die Miete mit der Inflationsrate. Vorteil: Die Miete ist nicht gedeckelt. Nachteil: Derzeit ist die Inflationsrate so niedrig, dass die Mieten kaum steigen.
In den touristisch interessanten Großstädten werden Mietwohnungen vermehrt in Feriendomizile umgewandelt. Vorteil: Die Mietpreisbremse greift nicht. Nachteil: Kommunen verhindern, dass Wohnungen in Touristenquartiere umgewidmet werden.
Einer Auswertung des Portals Immobilienscout24 von rund 20 000 Wohnungsanzeigen zufolge sind die Angebotsmieten zuletzt in Hamburg etwas gesunken, auf durchschnittlich 10,12 Euro pro Quadratmeter im Juli. In Nordrhein-Westfalen dagegen habe es nach Einführung der Preisbegrenzung keine Auffälligkeiten gegeben.
In Berlin sanken die durchschnittlichen Angebotsmieten laut Immoscout leicht und lagen bei durchschnittlich 8,46 Euro. Das sei aber noch immer deutlich über dem Niveau, das bei Wirken der Mietpreisbremse zu erwarten sei, sagte Wild. Bei Wohnungen ohne Ausnahmeregelung dürfe die Durchschnittsmiete dann eigentlich nicht über 6,42 Euro liegen.
Auch knapp zwei Monate nach der Einführung der Mietpreisbremse in 22 NRW-Städten seien bislang noch keine Fälle von Rügen bekanntgeworden, hieß es bei der Vermieterorganisation Haus & Grund in Düsseldorf. „Das wird sich wohl erst einspielen müssen“, sagte der Verbandsdirektor Rheinland, Erik Uwe Amaya.
In vielen Fällen sei die Berechnung auch für den Mieter „sehr, sehr schwierig“, räumte er ein. In einigen Fällen seien Mieter in besonders angespannten Wohnungsmärkten sogar von sich aus bereit, höhere Mieten zu zahlen, um eine besonders begehrte Wohnung zu bekommen, berichtete er.
Der Bundesverband von Haus & Grund ist dagegen bereits auf der Suche nach einem Musterfall, um die Mietpreisbremse juristisch überprüfen zu lassen. Denkbar wäre etwa eine Konstellation, in der jemand