Was Mingazzini nicht sagt, andere aber seit Monaten kritisieren: Mit den steigenden Preisen sinkt die Erschwinglichkeit von Wohnraum in den Städten. Obwohl die Niedrigzinsen auch private Käufer in Scharen in den Immobilienmarkt treiben, stagniert die Quote für selbstgenutztes Wohneigentum in Deutschland nach wie vor bei 45 Prozent. In Europa schneiden nur die Schweizer schlechter ab.
Eine Ursache dafür dürfte auch in den hohen Preisen liegen. Im Durchschnitt zahlten Käufer in Berlin oder Köln 2016 rund ein Fünftel mehr für eine Eigentumswohnung als im Jahr zuvor. In Berlin berappten Käufer im Durchschnitt 266.712 Euro, in Köln 259.571 Euro, wie eine Auswertung der Gutachterausschüsse zeigt, die das Maklerhaus von Poll jüngst aufgearbeitet hat.
Tatsächlich gibt es vorsichtige Anzeichen einer Nachfragesättigung in den Großstädten – nicht, dass die Nachfrage fällt, sondern vielmehr, dass nicht mehr jeder Preis bezahlt wird. In Hamburg stiegen die Preise nur noch leicht. Beim Spitzenreiter München ist der durchschnittliche Verkaufspreis im vergangenen Jahr sogar gesunken, und zwar um ein Prozent auf 422.176 Euro.
Ein Zeichen, dass die Obergrenze nun erreicht ist oder gar eine Trendwende bevorsteht? Mitnichten, meint Mingazzini. „Die dynamischen Preissteigerungen der vergangen Jahre werden in den Top-Sieben-Städten sicher zurückgehen. Ich glaube aber nicht, dass wir an Obergrenzen stoßen.“
Ohnehin lässt sich beim Immobilienmarkt nur schwer über Durchschnitte sprechen, zu verschieden sind die einzelnen Standorte. Gerade die Städte im Osten Deutschlands holen rasant auf. Mit Erfurt, Köln und Rostock dominierten drei ostdeutsche Städte die Verkaufsentwicklungen im Zehn-Jahres-Rückblick, heißt es im Report. Seit 2006 hat sich die Zahl der jährlich verkauften Wohnungen in Leipzig auf zuletzt 4.900 nahezu verdoppelt.
Während die Politik noch nach Lösungen für die zunehmende Anspannung auf den Wohnimmobilienmärkten in den Großstädten sucht, schimpft Mingazzini über eine zu niedrige Zahl von Baugenehmigungen. In Berlin wiederum, dem wichtigsten Markt für Neubauwohnungen, speziell aber in Friedrichshain-Kreuzberg, herrsche ein regelrecht „investorenfeindliches“ Klima, wo sich Bauträger durch immer neue Milieuschutzmaßnahmen „gegängelt“ fühlen. Die Folge: Der Wohnungsmangel könne nicht gelindert werden. Immer mehr Bauträger wandern ins Umland ab.
Dort finden auch Wohnungssuchende noch bezahlbareren Wohnraum. Das jedoch ist nur eine bedingte Entschärfung des Problems. Wer weiter in der Großstadt arbeitet, muss eben länger pendeln. Schließlich werden sich auch die Märkte im Umfeld anpassen.
Die mögliche Folge beschreibt Tobias Just, Immobilienökonom der Universität Regensburg im Handelsblatt-Interview: „In vielen Umlandgemeinden dürften die Preise stärker steigen als in den Großstädten selbst. Schon heute sehen wir, dass wieder mehr Menschen in den Speckgürtel abwandern, weil die Kernstädte zu teuer wurden.“