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Immobilienboom, Mietpreisbremse und Dämmen heizen Konflikte zwischen Mietern und Vermietern an, Normalverbraucher können sich die hohen Mieten nicht mehr leisten. Wie sich Mieter gegen renditelechzende Vermieter wehren.

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Wo Wohnen immer teurer wird
BerlinDie gute Nachricht vorweg: "Deutliche Mietsteigerungen treten nur regional begrenzt auf und sind in erster Linie ein Problem der Neuvermietungen in Ballungszentren, Groß- und Hochschulstädten". So heißt es jedenfalls in einem Bericht des statistischen Bundesamtes. Besonders in Berlin mussten Mieter tiefer in die Taschen greifen. Hier stiegen die Mieten mit 2,6 Prozent genau doppelt so stark an wie im Bundesdurchschnitt. "In Top-Städten wie Berlin, Hamburg und München dürften die Preise bei den Neuvermietungen um etwa fünf Prozent zulegen", sagte André Adami vom Marktforscher bulwiengesa, auf dessen Daten sich etwa die Bundesbank stützt. In einigen besonders begehrten Stadtgebieten wie dem Prenzlauer Berg in Berlin oder St. Pauli in Hamburg gebe es bereits Hinweise für eine Überhitzung. Quelle: dpa
DüsseldorfNeue exklusive Wohnungen entstehen in Düsseldorf am Rande der Altstadt. In Düsseldorf steigen die Preise für Wohneigentum rasant. Im Jahr 2013 kostete dort eine Eigentumswohnung durchschnittlich 3.034 Euro pro Quadratmeter. Im vierten Quartal 2013 waren es sogar 3.135 Euro. 2012 kostete die gleiche Wohnung noch 2.738 Euro. Das reicht für den Aufstieg von Platz 15 auf Rang 10 der teuersten Städte Deutschlands. Auch zur Miete zu wohnen, ist dort nicht günstig: 10,38 Euro kostete der Quadratmeter Ende vergangenen Jahres im Schnitt. Quelle: Grundlage sind Berechnungen des Beratungsunternehmens empirica für das vierte Quartal 2013. Das Referenzobjekt ist ein Neubau mit 60 bis 80 Quadratmetern und gehobener Ausstattung. Quelle: dpa
Ingolstadt Beschauliche Innenstadt und Heimat von Audi: Ingolstadt scheint immer beliebter zu werden. Im vierten Quartal 2013 kostete eine Eigentumswohnung dort 3.239 Euro, 2012 war das noch für 2.798 Euro zu haben. Damit rutscht Ingolstadt in die Top-Ten der Immobilienpreise. Quelle: dpa
Frankfurt Wer hier zu Miete wohnen will, muss tief in die Tasche greifen: Mit 11,98 Euro pro Quadratmeter liegt Frankfurt auf Platz zwei. Da ist eine Eigentumswohnung schon vergleichsweise günstig. 3.279 Euro pro Quadratmeter kostete die zuletzt, das sind etwa 250 Euro mehr als im Vorjahr. Quelle: dapd
RegensburgDie Donau trägt sicher zur Attraktivität Regensburgs bei. Eine Wohnung kostete hier im vierten Quartal vergangenen Jahres 3.336 Euro. Im Jahresschnitt waren es 3.266 Euro, im Vorjahr 3.062 Euro. Damit steigen in Regensburg zwar die Preise, im Ranking steht die Stadt aber nur noch auf Platz sieben statt wie 2012 auf Platz vier. Quelle: dpa
Erlangen Die Orangerie in Erlangen wurde erst vor kurzem restauriert. Die Stadt in Mittelfranken scheint immer beliebter zu werden: Von Platz acht auf sechs klettern die Preise für Wohneigentum und erreichten zuletzt 3.370 Euro pro Quadratmeter - das sind fast 500 Euro mehr als im Jahresschnitt 2012. Quelle: dpa
RosenheimWer seine Wochenenden so verbringen will, für den ist Rosenheim der ideale Wohnort. Billig wird das allerdings nicht - besonders, wenn es eine Eigentumswohnung sein soll. Ende 2013 kostete die stolze 3.403 Euro pro Quadratmeter. Im Jahr zuvor waren es durchschnittlich 2.890. Mit diesem Anstieg bleibt sich Rosenheim treu und ist weiterhin auf Rang fünf der Städte mit den teuersten Immobilien. Quelle: dapd

Auf der Stadtteilkarte des Berliner Mietervereins „Wem gehört Moabit?“ kleben viele gelbe Zettel mit Straßennamen und Hausnummern. Jeder steht für ein Mietshaus, dessen Bewohner befürchten, durch hohe Mieten aus ihrem Viertel gedrängt zu werden: Perleberger, Oldenburger, Krefelder, Stendaler, Lehrter Straße. „Wir wollen verhindern, dass Mieter mit kleinen und mittleren Einkommen aus Moabit vertrieben werden, und so die gemischte Sozialstruktur erhalten“, sagt Vereins-Vertreterin Susanne Torka. 2015 laufe bei vielen Mietverträgen in der Lehrter Straße die Sozialbindung aus. In den vergangenen Jahren hätten Investoren aus Luxemburg Wohnungen, die bis dahin in öffentlicher Hand waren, aufgekauft. Mieter müssten nach dem Wegfall der Sozialklauseln mit deutlichen Erhöhungen rechnen, so Torka – oder ausziehen. In Berlin gibt es mittlerweile Dienstleister wie Pro Soluta, die im Auftrag von Eigentümern, die sanieren wollen, Mieter überzeugen sollen, doch auszuziehen.

Der Immobilienboom fordert seinen Tribut. Wohnen wird teurer, vor allem für diejenigen, die jetzt eine neue Wohnung beziehen. „In Ballungszentren und Universitätsstädten, aber auch in deren Umlandgemeinden, rechnen wir damit, dass die Mietbelastung in diesem Jahr um etwa sieben bis in der Spitze zehn Prozent steigt – jedenfalls bei Neuverträgen“, sagt Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbunds.

Eigentümer, die in einen Markt mit steigenden Preisen hineingekauft haben, müssen bei Neuverträgen kräftig draufschlagen, um ihre Kosten hereinzuholen und noch Rendite zu erzielen (siehe Grafik unten). Nach Zahlen der Immobilienmarktforscher F+B aus Hamburg stiegen die Neumieten zuletzt doppelt so stark wie die Bestandsmieten.

Kaufpreise für Eigentumswohnungen sowie Neu- und Bestandsmieten. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Die Bundesregierung will die Mietpreisspirale stoppen. Künftig sollen die Bestands- und Neumieten binnen vier Jahren nur um maximal 15 Prozent steigen dürfen. Im März will die große Koalition einen Gesetzentwurf für die Mietpreisbremse vorlegen. Justizminister Heiko Maas fordert: „Auch in Großstädten muss das Wohnen bezahlbar bleiben. Wir wollen keine Gentrifizierung.“ Mit Gentrifizierung meint Maas, dass einkommensschwächere Mieter aus ihren Stadtvierteln gedrängt werden.

Wie die Mietpreisbremse wirkt

Nettokaltmieten nach Mietspiegel und Preisindex ohne Miete (2006 = 100). (zum Vergrößern bitte anklicken)

Wo die Preisbremse greift, entscheiden die Länder. Nordrhein-Westfalen hat gleich 59 Kommunen genannt. Mit dabei sind auch Bottrop, Wesel oder Leverkusen, deren Immobilienmärkte nicht gerade boomen. Ob die Mietpreisbremse erfolgreich sein wird, bleibt fraglich. „Wenn das Gesetz kommt, ist mit Torschluss-Preiserhöhungen durch Vermieter zu rechnen“, sagt Roland Maria Schäfer, Rechtsanwalt der Kanzlei GTW in Düsseldorf. In der Fläche ist eine Mietpreisbremse zudem überflüssig. In den vergangenen 15 Jahren stiegen die Mieten in Deutschland im Schnitt langsamer als die Verbraucherpreise (siehe Grafik oben). Nur in München zogen die Mieten mit plus 16 Prozent seit 2006 schneller an.

Schon heute greifen Kommunen ein. In Berlin, Hamburg und München dürfen Mieten über drei Jahre maximal um 15 Prozent steigen. Bundesweit liegt das Limit bei 20 Prozent über drei Jahre. Beide Obergrenzen gelten nur für bestehende Mietverträge – anders als bei der geplanten Mietpreisbremse, die auch bei einem Mieterwechsel greifen würde.

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