Nachfrage nach Immobilien Hauskäufer werden vorsichtiger, Preise steigen langsamer

Wegen der hohen Preise sollte der Kauf eines Hauses vor allem bei Eigenbedarf gut überlegt sein. Quelle: imago images

Die weltweiten Immobilienpreise steigen so langsam wie seit sieben Jahren nicht mehr. Neben den aktuellen Handelsstreits sorgen Brexit und abgeschwächte Konjunkturprognosen für Zurückhaltung bei Investoren.

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Obwohl Immobilien im weltweiten Durchschnitt weiterhin teurer werden, verlangsamt sich der Preisanstieg derzeit so stark wie zuletzt im Jahr 2012. Das geht aus dem „Global House Price Index“ der Immobilienberatungsgesellschaft Knight Frank in London hervor, der in dieser Woche veröffentlicht wurde. Der Index analysiert die Entwicklung der Wohnungspreise in 56 Ländern und Gebieten. Mit einem Jahreswachstum von 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal hat sich die globale Teuerungsrate im Hinblick auf die Entwicklung vor zwei Jahren beinahe halbiert.

Diese Entwicklung ist laut Knight Frank vor allem auf die Handelsstreits zwischen den USA und China sowie zwischen Japan und Südkorea, den Brexit und die Abschwächung der Konjunkturprognosen zurückzuführen. Trotz einer Vielzahl von Zinssenkungen in den vergangenen drei Monaten belaste das die Stimmung der Käufer.

Mit einem Anstieg von 10,9 Prozent steigen die Immobilienpreise in China derzeit am schnellsten, allerdings ist das der niedrigste Spitzenwert des Index seit zehn Jahren. Im Vergleich der Weltregionen hingegen steigen die Preise für Wohnraum in Lateinamerika am schnellsten: Mexiko, Kolumbien und Chile verzeichnen jeweils ein Wachstum von mehr als sieben Prozent. Expandierende Volkswirtschaften, steigende Löhne und ein besserer Zugang zu Krediten stärkten laut der Studie die dortige Nachfrage.

Italien ist einziger G7-Staat mit sinkenden Immobilienpreisen

Ein Blick auf die größten Industrieländer der Welt (G7) zeigt, dass sich das Preiswachstum in allen Mitgliedsstaaten außer Frankreich in den letzten zwölf Monaten verlangsamt hat. Einen Preisrückgang verzeichnet jedoch nur Italien mit minus 0,8 Prozent. In Europa verlangsamt sich der Preisanstieg zwar generell, jedoch zeichnen sich einige Trends ab: Auf dem portugiesischen Immobilienmarkt hat sich das Preiswachstum mit einer Rate von aktuell 7,8 Prozent im Vergleich zum selben Quartal vor zwei Jahren beinahe verdoppelt. Außerdem steigen die Preise in Österreich mit 7,3 Prozent nun schneller als in Deutschland. Dagegen hat sich der Preisanstieg verglichen mit der Entwicklung vor zwei Jahren, als die Teuerungsrate 2,3 Prozent betrug, mehr als verdreifacht.  

In Deutschland beträgt die aktuelle Teuerungsrate im Vergleich zum Vorjahr fünf Prozent, das sind etwa 1,5 Prozentpunkte weniger als noch 2017. Laut Konstantin Kholodilin, Immobilienexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hat sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage kaum verändert: „Die Nachfrage hat sich zwar etwas verlangsamt, aber der Wohnungsbau in Deutschland kann sie noch immer nicht sättigen“. Vielmehr hänge der Rückgang des Preisanstiegs im deutschen Immobilienmarkt mit den Erwartungen der Investoren zusammen. Viele rechneten damit, dass nach einer sehr langen Niedrigzinsphase die Zinsen wieder steigen könnten, sagt Kholodilin. „Nach zehn Jahren der Immobilienpreissteigerung erwarten viele einen Trendwechsel. Dennoch werden Immobilien weiterhin als sichere Anlage gesehen, weshalb die Preise weiter steigen“, erklärt Kholodilin.

Auch Jochen Möbert, Volkswirt und Immobilienexperte bei der Deutschen Bank, erwartet kein Zyklusende vor dem Jahr 2022: „Zuwanderung, Zinsumfeld und träge Bauaktivitäten wirken weiterhin preistreibend. Die politischen Markteingriffe verpufften bisher zum größten Teil und dürften auch künftig den Preis- und ebenso den Mietdruck nur etwas bremsen“.

Bei hohen Preisen steigt das Verlustrisiko

Laut einer im August veröffentlichten Studie des DIW liegt die Wahrscheinlichkeit für eine spekulative Preisblase in Deutschland bei 92 Prozent. Sollte sie noch weiter steigen, müsse man sich als Anleger vorsichtiger verhalten, sagt Immobilienexperte Kholodilin: „Wenn die Preise zum Zeitpunkt der Investition schon hoch sind, steigt das Verlustrisiko. In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass man sein Geld verliert, gerade bei sehr starker Fremdfinanzierung hoch“.

Auch Experte Möbert sieht das steigende Risiko von Fehlinvestitionen. Er empfiehlt Anlegern hohe Tilgungsraten. Grundsätzlich hänge die richtige Entscheidung für Anleger angesichts einer möglichen Blasenbildung vor allem vom grundlegenden Investitionsziel ab: „Der Eigennutzer, der sowieso kaufen möchte, tut dies in vielen Fällen vermutlich besser heute als in zwei oder vier Jahren. Es stellt sich aber auch die Frage, ob ein Kauf sich langfristig rechnet. Wer heute in einer infrastrukturschwachen Region lebt, der riskiert einen ordentlichen Preisrückgang in 20 oder 30 Jahren“, so Möberts Einschätzung. Dies sei auch bei der Anlage zu berücksichtigen. „Wer heute in Immobilien investiert, muss sich fragen, wieso diese Region in Zukunft noch attraktiv ist“, sagt Möbert. Glaube man jedoch, dass die Zuwanderung nach Deutschland weiterhin auf hohem Niveau anhalte, versprächen infrastrukturschwache Regionen vermutlich die besten risikobereinigten Renditeaussichten, sagt Möbert.

Einen Rückgang des Preisniveaus verzeichnen laut der Studie aktuell nur vier Märkte. Neben Immobilien in Italien sinken die Preise auch in Australien, Marokko und Finnland. Mit minus 7,4 Prozent fällt der Kurs in Australien aktuell am stärksten. Angesichts von zwei Zinssenkungen in diesem Jahr, neuen Kreditanreizen und dem tiefen Preisniveau erwartet Knight Frank jedoch, dass die Immobilienwerte dort bis zum Jahresende wieder steigen werden. 

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