Niedrigzinsen Auf der Suche nach den Renditetrüffeln

Offene Immobilienfonds erleben ein Comeback. Die Nachfrage steigt, obwohl die Rendite sinkt. Das stellt die Branche vor ungeahnte Probleme – Fondsverwalter wissen teils nicht, wohin mit dem Kapital.

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Die Nachfrage nach offenen Immobilienfonds ist riesig. Quelle: dpa

Frankfurt Der Ort des Geschehens sagt schon viel über das Ereignis aus: Das Steigenberger Airport Hotel in Frankfurt. Eine noble Adresse, wo nicht nur die Gäste, sondern schon die Servicekräfte Anzug und Krawatte tragen. Geschäftsreisende, die kurzfristig Deals schließen müssen, sitzen in Windeseile im Flieger. In Zeiten boomender Preise und umkämpfter Märkte gerade der richtige Treffpunkt für die Jahrestagung Immobilienfonds, zu der der Bundesverband der Immobilien-Investment-Sachverständigen (BIIS) geladen hat.

Die Bestandsaufnahme ist schnell gemacht: Der Markt wird auch im neunten Jahr nach der Finanzkrise weiter boomen. Die Nachfrage steigt. Offene Immobilienfonds sind übervoll mit Investorengeldern. Zugleich nimmt die Knappheit an attraktiven Immobilien zu. So unterschiedlich die Gesprächsthemen auch sein mögen, schwebt über allem doch die eine große Frage: Wo finde ich – wie es Andreas Muschter, Vorstandsvorsitzender von der Commerz Real beschreibt – noch „Renditetrüffel“? Die augenscheinliche Lösung ist spezieller, internationaler – aber auch riskanter.

Denn offene Immobilienfonds stehen vor einem Investitionsproblem: Am Markt konkurrieren sie wegen der dauerhaft niedrigen Zinsen mit Versicherungen, Versorgungskassen und institutionellen Investoren. Das treibt die Preise – und lässt die Renditen fallen.

Zuletzt lag die Rendite offener Immobilienfonds in Deutschland im Schnitt bei ungefähr zwei Prozent. Vor einigen Jahren waren es noch drei oder vier Prozent. In Zeiten der Niedrigzinsen bleibt Anlegern immerhin ein Trost: Im Vergleich zu zehnjährigen Bundesanleihen sind das immer noch 1,7 Prozent mehr.

So mancher in der Branche nimmt es pragmatisch: „Wir sind weit im Zyklus, ob uns das gefällt oder nicht. Wir haben Portfolien, die weltweit oder europäisch aufgestellt sind und investieren weiter. Wir können nicht nicht investieren“, sagt Daniel Tochtermann, der bei Credit Suisse die Käufe und Verkäufe von Immobilien leitet.

Dennoch haben die Deutschen die Immobilienfonds wieder für sich entdeckt. Allein 2016 haben sie bis Ende Oktober 4,2 Milliarden Euro investiert. Im ganzen Jahr 2015 waren es zuletzt 3,3 Milliarden Euro.


Erfahrungen aus der Finanzkrise überwunden

Offenbar haben Anleger ihre schmerzhaften Erfahrungen aus der Finanzkrise 2008 überwunden. Damals konnten einige Fonds den Zahlungsforderungen ihrer Anleger nicht nachkommen, wurden geschlossen und mit Verlusten abgewickelt. Das Problem heute: Die Nachfrage ist so groß, dass die Immobilienfonds gar nicht nachkommen, das Geld anzulegen. Und weil es in Zeiten von negativen Einlagezinsen teuer ist, Geld zu halten, nehmen Fonds von Union Investment oder der Deutschen Bank keine neuen Kundengelder mehr an oder die Neuausgabe ist strikt limitiert, wie bei der Deka. Ein Schutz für die Rendite sozusagen.

In diesem Umfeld plant nun die Swiss Life in den Markt einzusteigen und will offenbar einen neuen Fonds auflegen. Der soll auch Kleinanlegern offenstehen. Es wird der vierte neu aufgelegte Publikumsfonds seit der Fondskrise von 2008 sein, und Swiss Life ist die erste Gesellschaft seit mehr als zehn Jahren, die neu in das Geschäft mit Publikumsfonds einsteigt.

Bleibt die Frage: Wo liegt künftig die Rendite, die sich Anleger nun erhoffen? Wenn es nach Muschter von der Commerz Real geht, etwa im Hotel 11 Howard im New Yorker Stadtteil Soho, das die Commerz Real im vergangenen Jahr gekauft hat. Nicht nur die Lage sei hervorragend. „Wenn Sie mit Jugendlichen anreisen, interessiert Sie vielleicht, dass Rihanna direkt gegenüber wohnt. Da können Sie direkt in den Küchentrakt sehen.“

Der Kauf von Commerz Real verbindet gleich zwei große Trends der Fondsmanager auf der Jagd nach Rendite: Objekte in Nordamerika und Spezialimmobilien wie Hotels.

Auch Martin Brühl, Geschäftsführer von Union Investment Real Estate, wähnt gute Geschäfte in den USA. Für ihre offenen Immobilienfonds hat die Gesellschaft allein im vergangenen Jahr 1,3 Milliarden Euro und damit mehr als ein Drittel aller Investitionen in den USA getätigt.

Obwohl Brühl auch bei deutschen Gewerbeimmobilien noch Luft nach oben sieht, sprechen für ihn zwei Dinge für die USA: „Erstens wollen wir unsere Anleger an diesem Wachstumsmarkt teilhaben lassen“, erklärt Brühl. Immerhin finden gemessen am Volumen die größten Transaktionen von Gewerbeimmobilien in den USA statt. „Zweitens wollen wir damit unser Portfolio auch außerhalb der europäischen Kernmärkte diversifizieren.“ Allerdings sind die Union Investment-Fonds nach wie vor für Neuanleger geschlossen. Die Annahme wieder zu öffnen sei aber ein klares Ziel, erklärt Brühl. Wann genau es soweit sein wird, vermag er nicht zu sagen.


Keine Gedanken über Trump

Die Deka Immobilien geht noch einen Schritt weiter. Neben den drei bestehenden Fonds – WestInvest Interselect, Deka Immobilien Europa und Deka-Immobilien Global – hat die Gesellschaft unter dem Vorsitz von Torsten Knapmeyer gleich einen ganz neuen Fonds aufgelegt, den Deka Investment Nordamerika – intern auch „Dina“ genannt. Er richte sich vor allem an eher vermögende Kunden. „Der durchschnittliche Anleger investiert 30.000 Euro“, sagt Knapmeyer. Gedanken ob des designierten US-Präsidenten Donald Trump macht er sich nicht. Er sei ja schließlich ein „Mitarbeiter auf Zeit“ – und betont, das nicht despektierlich zu meinen.

Die Realität sei ja aber die, dass Trump maximal eine Amtszeit von acht Jahren vor sich habe. Sein Fonds habe eher 50 Jahre im Blick. Bei der Rendite schwebt ihm eine 3 vor dem Komma vor – also rund ein Prozent mehr als der Durchschnitt offener Immobilienfonds.

Das Ziel liegt deutlich über der Rendite anderer offener Immobilienfonds, die um die zwei Prozent liegt. Das ist auch in den weiteren Deka-Fonds kaum anders als am Markt. Und obwohl die Zukunft eher nach mehr Renditedruck aussieht, bleibt Knapmeyer gelassen. Er erwartet, dass die Rendite sich „stabil seitwärts“ entwickelt.

Schwieriger wird es für jene Fonds, die nur in Deutschland investieren dürfen. Wer nicht teuer in zentralen Lagen kaufen will, muss entweder an den Stadtrand ausweichen oder gleich Spezialimmobilien kaufen. Angefangen bei Hotels geht die Liste über Logistikzentren bis hin zu Studentenwohnheimen. Laut einer Untersuchung vom Immobiliendienstleister CBRE liefern deutsche Büroimmobilien im Schnitt Erträge zwischen drei und vier Prozent. Bei den Hotels sind es schon fünf bis sechs Prozent.

Der neue Fokus der Fondsmanager birgt aber nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Was für Spezialimmobilien wie Studentenwohnheime das Risiko einer wegbrechenden Nachfrage ist, sind bei Anlagen im Ausland wie Nordamerika Währungsrisiken.

Während die Party am Immobilienmarkt, nicht zuletzt in Deutschland, ob der seit Jahren steigenden Preise, scheinbar ungehemmt weitergeht, dämpft Gunnar Herm von der UBS die Stimmung. Der Leiter der Immobilienanalyse Europa sieht eine Periode mit „deutlich niedrigeren Gesamtrenditen“ auf Immobilien aus. „In den letzten vier bis fünf Jahren haben wir weltweit überdurchschnittliche Wertzuwächse bei den Immobilien gesehen“, sagt Herm. „Die globalen Immobilienmärkte stehen 2017 an einem Wendepunkt. Bis hierhin sind sie von einer geldpolitischen Welle getragen wurden. Ab jetzt muss wieder hart gearbeitet werden.“

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