Porr-CEO Karl-Heinz Strauss „Und dann beginnt das Gejammer über die angeblich zu hohen Preise“

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Porr verabschiedet sich vom Balkan

Die Bauprojekte in Katar sind ja nicht ganz unumstritten. Die Arbeitsbedingungen für die Bauarbeiter, die in Katar die Infrastruktur für die Fußball-WM 2022 bauen, sind medial stark in die Kritik geraten. Wie gehen Sie mit solchen Vorwürfen um?
Wir sind seit 2010 in Katar und haben etwa gerade das Fußballstadion in Al-Wakrah fertiggebaut, eines der größten Stadien des Turniers mit wirklich beeindruckender Form, auf das wir auch sehr stolz sind. Und jetzt lassen Sie mich etwas zu dieser sogenannten Kritik an den Bauprojekten in Katar sagen. Diese Kritik ist vollkommen – und zwar wirklich vollkommen – an den Haaren herbeigezogen. Bei sämtlichen öffentlichen Bauprojekten, egal ob für den U-Bahn-Bau oder die Errichtung von Fußballstadien, gelten strengere Bestimmungen als hier in Europa.

Die Camps, die wir für unsere Arbeiter gebaut haben, haben einen extrem hohen Standard. Es gibt ein angeschlossenes Krankenhaus, es gibt Sportmöglichkeiten, die Temperatur ist überall heruntergekühlt und selbst die Küchen haben wir so gebaut, dass jeder nach seiner Religion Speisen zubereiten kann. Natürlich: Wo viel gebaut wird, kann auch etwas passieren. Aber im Vergleich zu Europa passiert in Katar deutlich weniger. Ich bestreite keineswegs, dass es im privaten Umfeld zur Ausbeutung von Arbeitern kommen kann. Das kann man bei privaten Bauherren nie ausschließen.

Das System in Katar ist einfach so, dass angereiste Arbeiter ihre Pässe abgeben müssen. Es wird allerdings auch niemand gezwungen, in Katar zu arbeiten. Aber von der Sicherheit und der Versorgung der Arbeiter ist Katar ein absolutes Vorbild als öffentlicher Auftraggeber. Ich sehe die Kritik an Katar auch als Kampagne, um die Fußball-WM woanders stattfinden zu lassen. Dass die Kritik stets von einer europäischen Insel kommt, die wohl gerne einspringen würde, verrät glaube ich schon einiges über den Inhalt der Kritik.

Sie können also vollkommen ausschließen, dass Arbeitskräfte auf Baustellen der Porr in Katar ausgebeutet werden?
Ich kann das zu hundert Prozent ausschließen. Wir haben klare Regeln und klare Anweisungen innerhalb des Verhaltenskodex der Porr. Und an diesen Prinzipien halten wir eisern fest. Auch unsere lokalen Partner halten sich an diese Regeln. Denn die Strafen für Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen oder andere Vorgaben in Katar sind drakonisch.
In Ihrem letzten Quartalsbericht ist von „intelligentem Wachstum“ die Rede. Was ist denn darunter zu verstehen?
Das heißt, dass wir uns auf jene Märkte konzentrieren, in denen wir auf Rechtssicherheit vertrauen können und wo wir unsere Kompetenz voll ausspielen können. Zu intelligentem Wachstum gehört aber auch, dass wir Märkte, die diese Kriterien nicht erfüllen, wieder verlassen.

Welche Märkte verlässt die Porr denn?
Wir ziehen uns gerade von einer ganzen Reihe von Märkten in der Balkan-Region zurück. Dazu gehören Slowenien, Bulgarien, Kroatien, Serbien, Mazedonien, Montenegro und Ungarn. Die Porr konnte auf diesen Märkten nicht in der von uns gewünschten Form reüssieren. Deshalb ziehen wir uns seit Ende 2018 schrittweise aus diesen Ländern zurück.

Hat der Rückzug aus den Balkan-Ländern auch mit Compliance-Gründen zu tun? Gab es dort Probleme mit Korruption?
Ich denke, dass viele diese Länder noch einiges tun müssen, damit sie Compliance-konform sind. Für unseren Rückzug standen Kapazitätsgründe im Vordergrund.

Und in Rumänien haben Sie keinerlei Compliance-Probleme?
Unser gesamtes Team ist in Compliance ausgebildet und legt auch regelmäßig entsprechende Prüfungen ab. In Rumänien treffen wir eine sehr strikte Auswahl, für wen wir arbeiten. Im Hochbau bauen wir in Rumänien prinzipiell nur für private, internationale Auftraggeber. Im Infrastrukturbereich nehmen wir auch kleinere und mittlere Projekte an, die für viele Mitbewerber wohl zu klein sind. Für uns reicht das aber, um in der Region konsequent zu wachsen. Vor einem schnellen Wachstum steht bei der Porr jedoch immer die Vorsicht.

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