Schönheitsreparaturen Wann Mieter renovieren müssen - und wann nicht

In vielen Mietverträgen werden Renovierungsarbeiten vorgeschrieben, aber häufig verstoßen die Vertragsklauseln gegen geltendes Recht.

Tapezieren, Anstreichen, Parkett abschleifen? Viele Mietverträge verlangen Schönheitsreparaturen, aber zu Recht? Jetzt muss der Bundesgerichtshof in der Frage urteilen, wer die Wohnung renovieren muss.

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Eigentlich läuft alles nach Plan: Die neue Wohnung ist gefunden, die Möbelpacker können kommen - aber beim Auszug macht der Vermieter Ärger. Muss ich wirklich renovieren? Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe klärt diese Frage seit diesem Mittwoch in einem besonders vertrackten Fall (Az.: VIII ZR 277/16).

Was gilt generell fürs Renovieren?

Die wenigsten Mieter wissen, dass das Gesetz eigentlich den Vermieter verpflichtet, die Wohnung in Schuss zu halten. Von diesem Grundsatz darf allerdings abgewichen werden, und deshalb ist die Ausnahme seit langem zur Regel geworden: „Es gibt aktuell kaum einen Mietvertrag, der nicht die Schönheitsreparaturen dem Mieter aufbürdet“, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Das heißt nicht, dass der Mieter unbedingt einen Handwerker kommen lassen muss. Er kann die Arbeiten auch selbst erledigen, solange er dies „fachgerecht“ macht.

Fünf kuriose Mietrechtsurteile
Chevrolet Corvette Stingray Quelle: Chevrolet
Das große KrabbelnUngeziefer in den eigenen vier Wänden ist ein Graus. Ein Mieter trieb es dem Amtsgericht Köln allerdings zu bunt: 27 Ameisen protokollierte der geflissentliche Mieter in seiner Wohnung – über einen Zeitraum von einem halben Jahr. Er erhob Anspruch auf Mietminderung, denn er befürchtete, die 27 Sechsbeiner seien Späher, die die eigentliche Invasion der Ameisen erst vorbereiteten. Das Gericht sah das anders und wies die Klage ab (Urteil des AG Köln; Az: 213 C 548/ 97). Quelle: Fotolia
Wenn der Hahn zu laut krähtDas morgendliche Krähen eines Hahnes mag so mancher angenehmer finden als einen Wecker. Eine Mieterin aus der Samtgemeinde des niedersächsischen Zeven sah das allerdings anders. Sie war durch die Lärmbelästigung des frühen Vogels so genervt, dass sie vor das Amtsgericht zog. Man dürfte glauben, dass dieses auf die Natur des Hahns verweisen würde, der nun mal morgens kräht. Doch weit gefehlt: Der Beklagte wurde verurteilt, die Hähne auf seinem Grundstück so zu halten, dass deren Krähen für die Klägerin in der Zeit von 20 Uhr bis 7 Uhr werktags und bis 8 Uhr samstags sowie an Sonn- und Feiertagen nicht hörbar ist (Urteil des AG Zeven; Az. 3 C 216/00). Quelle: Fotolia
Pizza sattJeder liebt Pizza - bis auf einen Mieter aus Köln, der seine Miete mindern wollte, weil der Geruch aus der benachbarten Pizzeria für ihn eher ein Ärgernis denn ein Wohlgeruch war. Dem wollten die Richter genau auf den Grund gehen und schickten einen Gutachter – mit dem Ergebnis, dass auch diesem nach 15 Minuten schlecht wurde und eine Mietminderung von 15 Prozent für rechtmäßig erachtet wurde. Ob es die Pizzeria noch gibt, ist nicht bekannt (AG Köln WuM 90, 338). Quelle: Fotolia
Stetes Plätschern höhlt den SteinBei diesem Fall haben die Richter sicherlich nicht schlecht gestaunt: Ein Mieter fühlte sich vom Toilettengeräusch seines Nachbarn belästigt und klagte darauf, dass dieser sich zukünftig hinsetzen solle. Das Gericht betrachtete dies aber als zu starken Eingriff in die Privatsphäre und urteilte, dass man niemandem vorschreiben dürfe, wie er seine Toilette zu benutzen habe (Urteil des AG Wuppertal; Az. 34 C 262/96). Quelle: Fotolia

Schönheitsreparaturen - was bedeutet das?

Vereinfacht gesagt umfassen die Schönheitsreparaturen alle Malerarbeiten in der Wohnung - etwa das Streichen oder Tapezieren der Wände und Decken, aber auch das Lackieren von Heizkörpern, Türen oder Fensterrahmen von innen. Muss der Teppichboden ausgetauscht oder das Parkett abgeschliffen werden, ist dagegen der Vermieter zuständig.

Warum gibt es wegen Schönheitsreparaturen oft Streit?

„Schönheitsreparaturen sind teuer“, erläutert Ropertz. „Wenn ich als Mieter beim Auszug die Wohnung komplett renovieren lassen muss, geht es schnell um ein paar Tausend Euro.“ Im Zweifel hilft der Blick in den Mietvertrag allein Laien nicht unbedingt weiter. Denn etliche gängige Klauseln haben Gerichte inzwischen für unwirksam erklärt, weil sie die Mieter unangemessen benachteiligen. Hat der Mieter eine solche unwirksame Klausel in seinem Vertrag stehen, ist er fein raus: Er muss die Schönheitsreparaturen dann gar nicht ausführen.

Welche Klauseln sind im Mietvertrag nicht erlaubt?

Vermieter dürfen beispielsweise nicht vorgeben, dass Küche und Bad zwingend alle drei Jahre zu streichen sind - unabhängig davon, wie die Räume aussehen. Mietern ist auch nicht zuzumuten, in jedem Fall bei Auszug zu renovieren. Denn was wäre dann mit jemandem, der nur ein halbes Jahr in der Wohnung gelebt hat? 2015 hat der BGH außerdem seine Linie in einem wichtigen Punkt geändert: Seither dürfen Mieter die Schönheitsreparaturen zumindest nicht mehr ohne Ausgleich aufgebrummt bekommen, wenn sie eine unrenovierte Wohnung beziehen. Sonst müssten sie die Räume womöglich schöner hinterlassen, als sie sie vorgefunden haben. Gibt es deswegen Streit, muss allerdings der Mieter nachweisen können, dass die Wohnung renovierbedürftig war.

Um was geht es in dem Fall vor dem BGH?

Der Mieter hatte seine Wohnung in Celle (Niedersachsen) zwar gestrichen. Der vermietenden Wohnungsbaugenossenschaft waren die Decken und Wände aber zu streifig - sie beauftragte für knapp 800 Euro einen Maler. Gestritten wird darum, wer das bezahlt. Eigentlich hätte der Mieter nicht streichen müssen, denn er war in eine unrenovierte Wohnung eingezogen. Gäbe es nicht eine Vereinbarung mit der Vormieterin: Von ihr hatte der Mann den Teppichboden und die Einbauküche übernommen und dafür 390 Euro gezahlt. Im Übergabeprotokoll ist festgehalten, dass er „Renovierungsarbeiten u. Tebo“ übernimmt. Darauf pocht nun die Genossenschaft - der Mieter habe sich den deutlich teureren Teppichboden („Tebo“) mit seiner Zusage erkauft, zu renovieren.

Wie stehen die Chancen vor Gericht?

In den Vorinstanzen blieb der Mieter auf den Kosten sitzen. Wegen seiner Vereinbarung mit der Vormieterin sei der Mann so zu behandeln, als ob ihm der Vermieter eine renovierte Wohnung überlassen hätte, urteilte zuletzt das Landgericht Lüneburg. Die BGH-Richter haben in der Verhandlung am Mittwoch durchblicken lassen, dass sie das nicht überzeugt. Ihr Urteil wollen sie am 22. August verkünden.

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