Sonderabschreibung und Baukindergeld Die Wahlgeschenke für Immobilieneigentümer

Trotz Mietpreisbremse ist das Angebot an bezahlbarem Wohnraum in Deutschlands Metropolen noch zu gering, die Neubauvorhaben schließen die Lücke nicht. Nach der Wahl soll es Geld regnen.

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Die Unionsparteien planen ein sogenanntes „Baukindergeld“ für Familien. Quelle: gms

Wohnungsmangel und horrende Mieten werden großes Wahlkampfthema. Die Parteien – zumindest jene mit Aussicht auf Regierungsbeteiligung – planen weitreichende Geldgeschenke, sowohl für Familien als auch für Wohnungsunternehmen. Als letzte große Parteien verkündeten CDU und CSU am Montag ihr gemeinsames Wahlprogramm für die Bundestagswahl im September. Gleich an mehreren Stellen wollen sie Wohnungsmarkt, Bauherren und Immobilienkäufer zu entlasten. Dafür wollen sie reichlich Geld in die Hand nehmen. Ein Blick in die Wahlprogramme der großen Parteien:

„Baukindergeld“ vs.“Familienbaugeld“ – auf jeden Fall fünfstellig

Die Unionsparteien planen ein sogenanntes „Baukindergeld“ für Familien. Beim Kauf oder Bau einer selbstgenutzten Immobilie wollen sie über einen Zeitraum von zehn Jahren 1200 Euro pro Kind und Jahr zuschießen. Außerdem könnte die einmalige Zahlung der Grunderwerbssteuer entfallen, wenn die Eltern zum ersten Mal ein Haus oder eine Wohnung kaufen – und zwar nicht nur in den Ballungsgebieten mit knappem und teurem Angebot, sondern deutschlandweit. Im aktuellen Wahlprogramm ist allerdings nur von einer Förderung zur Entlastung von der Grunderwerbssteuer die Rede, die Zuständigkeit der Bundesländer soll gewahrt bleiben. Konkreter wird das Regierungsprogramm an dieser Stelle leider nicht.

Die höchsten Preissteigerungen bei Mietwohnungen

Da die Grunderwerbssteuer je nach Bundesland bis zu 6,5 Prozent des Immobilienkaufpreises ausmacht, wäre das Gesamtpaket bei einem einmaligen Erlass beachtlich. Bei einem Kaufpreis von 300.000 Euro für das familiengerechte Eigenheim macht allein dieser Posten schon bis zu 19.500 Euro aus. In den vergangenen Wochen war allerdings immer wieder von einem Freibetrag von 100.000 Euro bei der Grunderwerbsteuer die Rede, die Ersparnis läge dann bei maximal 6500 Euro.

Zusammen mit dem Baukindergeld bekämen Familien mit einem Kind somit im Idealfall eine Förderung von 31.500 Euro, bei zwei Kindern sind es schon 43.500 Euro. Beschränkt sich der Steuernachlass bei der Grunderwerbssteuer auf die genannten 6500 Euro, bekämen Familien im Beispiel immer noch zwischen 18.500 (ein Kind) und 30.500 Euro (zwei Kinder) vom Staat.

Öl ins Immobilienfeuer

Mit derart hohen Zuschüssen ließe sich eine Immobilienfinanzierung deutlich einfacher bewältigen, zumal die Zinsen auf Baukredite auch nach der Wahl noch länger niedrig bleiben dürften. Da es den Steuererlass beim Grunderwerb nur für den ersten Immobilienkauf geben soll, zielt das Wahlversprechen der Unionsparteien an dieser Stelle klar auf Familien, die noch zur Miete wohnen.

Allerdings besteht die Gefahr, dass die Immobilienpreise angesichts einer solchen Förderung weiter rasant steigen. Über den gleichen Marktmechanismus sind aufgrund der niedrigen Finanzierungszinsen die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Wer mehr Geld für Immobilien ausgeben kann, baut oft auch teurer.

Die SPD hält mit Familienbaugeld dagegen, Ähnlichkeiten sind natürlich rein zufällig. Aber auch die Sozialdemokraten wollen Familien mit 8000 Euro für das erste und jeweils 6000 Euro für das zweite und dritte Kind beim Immobilienerwerb bezuschussen, ganz gleich, ob beim Neubau oder beim Kauf einer gebrauchten Immobilie. Entgegen erster Entwürfe soll auch diese Förderung bundesweit gelten und nicht auf Regionen mit knappem Wohnraumangebot beschränken. Eine Familie mit zwei Kindern käme so auf eine staatliche Förderung von 20.000 Euro.

Der Vorwurf der amtierenden Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD), die Union verteile Geld mit der Gießkanne und das SPD-Familienbaugeld ziele genau auf jene, die wirklich Hilfe beim Wohnungskauf brauchen, geht durch die Ausweitung der SPD-Pläne allerdings ins Leere. Lediglich die angedachte Begrenzung der Förderung für Familien mit einem Haushaltseinkommen bis 70.000 Euro zielt in diese Richtung. Außerdem wünscht sich die SPD längere Laufzeiten und eine mehr tilgungsfreie Anfangsjahre bei den vergünstigten Krediten der staatlichen KfW-Bank zur Förderung von Wohneigentum.

Wohnungsbauunternehmen sollen Steuern sparen

Beide Parteilager stellen auch Steuererleichterungen für Wohnungsunternehmen in Aussicht, um auf dem Mietmarkt für mehr Entspannung zu sorgen. Dazu wollen CDU/CSU die Abschreibungsmöglichkeiten für Wohnungsinvestoren attraktiver gestalten.

Nach aktuellem Recht gibt es für den Neubau von Mietwohnungen nur die Möglichkeit, über 50 Jahre lang jährlich zwei Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten (ohne Grundstückskosten) linear steuermindernd abzuschreiben.

Sollte die Union wieder die Regierung stellen, soll für einen begrenzten Zeitraum die degressive AfA (Abschreibung auf Abnutzung) wiederbelebt werden – ein Vorhaben, das in der laufenden Legislaturperiode am Widerstand aus der SPD scheiterte. Eine zunächst favorisierte Erhöhung der linearen Abschreibung auf drei Prozent jährlich ist nun offenbar vom Tisch. Stattdessen favorisieren die Unionsspitzen nun ein altes Modell.

Demnach könnten Investoren, die Mietwohnungen bauen, vor allem in den ersten Nutzungsjahren hohe Steuererleichterungen erwarten. Schon für Neubauten der Jahre bis 2005 sah das degressive Modell eine Abschreibung von vier Prozent in den ersten zehn Jahren vor, 2,5 Prozent in den acht Jahren danach und 1,25 Prozent in weiteren 32 Jahren vor. Die 2016 gescheiterten Pläne hätten es Wohnbauunternehmen sogar ermöglich, in den ersten drei Jahren bis zu 35 Prozent ihrer Ausgaben steuermindernd anzusetzen, sofern die Baukosten nicht mehr als 3000 Euro pro Quadratmeter betragen. Der Bau neuer Mietwohnungen soll so attraktiver werden.

Der Immobilienkauf wird schwieriger. Reiner Braun vom Research-Institut empirica erläutert die Herausforderungen heutiger Hauskäufer und was der Staat tun könnte, um mehr Familien den Traum vom Eigenheim zu ermöglichen.
von Andreas Toller

Die verbesserten Abschreibungen könnten zwar den Wohnungsneubau beleben, bergen allerdings auch die Gefahr, dass die Grundstückpreise weiter steigen. Michael Voigtländer vom Kölner Forschungsinstitut IW meint deshalb, diese Art der Förderung sollte erst in schlechteren Zeiten zum Einsatz kommen. „Es ist genug Geld im Markt“, zitiert ihn die Immobilienzeitung.

50 Prozent mehr Wohnungsneubau

Mit diesen Maßnahmen wollen die Unionsparteien den Bau von 1,5 Millionen neuen Wohneinheiten bis 2021 erreichen. CDU/CSU und SPD wollen dabei gleichermaßen an der Mietpreisbremse festhalten, während die FDP sie gern abschaffen würde, die Linke hingegen ausweiten möchte. Einig sind sich Union und SPD darin, dass die Bauordnung bundeseinheitlicher werden soll. Durch einheitliche Baustandards soll der Neubau erleichtert werden.

Diskutiert wird in den großen Parteien allerdings die Verpflichtung für Vermieter, bei Neuvermietung die Höhe der bisherigen Miete den Interessenten mitzuteilen. Vor allem die SPD will die Vermieter dazu per Gesetz zwingen. Die verbesserte Transparenz soll den Mietpreisanstieg zusätzlich bremsen.

Bei all dem angekündigten Geldregen sollten Wohnungssuchende, Familien und Investoren aber eins nicht vergessen: Noch handelt es sich nur um Wahlkampfversprechen.

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