Steuererklärung Der Grundsteuer-Albtraum wird nicht mit dem Januar enden

Eine Reform stellt auch 2023 weiter alles auf den Kopf: Das Chaos bei der Grundsteuer bleibt. Quelle: dpa Picture-Alliance

Die Abgabefrist für die Grundsteuererklärung läuft am 31. Januar ab. Millionen Eigentümer müssen noch ran. Doch wer hofft, dass der Wahnsinn dann vorbei ist, der irrt sich leider. Ein Kommentar.

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Haben Sie schon oder müssen Sie noch? Für 36 Millionen Grundstücke in Deutschland müssen Eigentümer eine Grundsteuererklärung abgeben. Ende Januar läuft die verlängerte Frist ab. Der Hintergrund ist eine Reform der Steuer, die dann von 2025 an nach neuen Regeln erhoben wird. Mitte Januar fehlte aber noch etwa jede zweite Grundsteuererklärung.

Dahinter steckt mehr als die bei Steuerthemen verbreitete Aufschieberitis. Die Umsetzung der Grundsteuerreform ist schlicht ein Flop. Die verlängerte Frist hat daran nichts geändert. Eigentümer, die ihre Grundsteuererklärung auf eigene Faust abgeben, müssen sich durch eine oft mühsame und kryptische Datenabfrage quälen. Dabei ginge es anders. Viele der Daten für die Grundsteuer sind den Behörden längst bekannt. Es wäre grundsätzlich kein Problem, die Daten zusammenzuführen und so quasi eine Grundsteuererklärung per Knopfdruck zu ermöglichen.

Ein Beispiel: Die Bundesländer geben Immobilieneigentümern online Zugriff auf die Bodenrichtwerte, die meist für die Grundsteuererklärung benötigt werden. Gemarkungsnummer, Grundbuchblatt, Zähler und Nenner des Flurstücks... all so kryptische Daten, mit denen Normalsterbliche im Alltag sonst wenig zu tun haben, die sie aber für die Erklärung meist brauchen, können dort abgefragt werden. An dieser Stelle hat die Grundsteuerreform die Digitalisierung beschleunigt. Vorher war der digitale Zugriff auf diese Daten oft nur kostenpflichtig möglich.

Doch wer im Elster-Steuerportal die Funktion „Daten automatisch importieren“ für seine Grundsteuererklärung sucht, der kann lange suchen. Per Hand müssen die Daten aus den Bodenrichtwert-Portalen übernommen werden – natürlich sind auch diese Portale nicht etwa direkt verlinkt – und dann  müssen sie an die richtige Stelle kopiert oder übertragen werden. Oft geht es nicht nur um ein Flurstück, sondern mehrere. So  entsteht nicht nur Zusatzaufwand, sondern reichlich Fehlerpotenzial. Völlig unnötigerweise.

Auch das Argument, dass Daten nicht vom Finanzamt selbst aus verschiedensten Quellen zusammengeführt werden dürfen (Datenschutz!), zieht an dieser Stelle nicht. Es würde nur darum gehen, die Eigentümer bestmöglich zu unterstützen. Genau das passiert derzeit nicht. Missverständliche bis falsche Formulierungen, eine Benutzerführung, die diesen Namen nicht verdient hat, kryptische Fehlermeldungen, die nicht aufklären, sondern zusätzlich verwirren – wer für ein Lehrbuch über Steuerreformen ein Negativbeispiel braucht, der wird hier fündig. Das besser gemachte Onlineportal „Grundsteuererklärung für Privateigentum“ hilft etwas, kann aber nicht immer genutzt werden. Und kommerzielle digitale Steuerhelfer erfüllen ihren Zweck zwar, kosten aber eben zusätzlich. Darauf sollte der Staat sich nicht ausruhen.

Ganz zu schweigen davon, dass massenhaft Immobilieneigentümer falsche Wohnflächen in ihren Grundsteuererklärungen angeben werden. Dafür braucht es keinen bösen Willen. Die Regeln sind nicht einfach. Bei Kellerflächen etwa ist schnell unklar, ob sie mitzählen oder nicht. Eigentlich ist das nämlich nicht der Fall. Bei Hobbykellern aber schon. Es sei denn, die Deckenhöhe ist niedrig und es gibt kaum Tageslicht.

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Sobald die Grundsteuermessbescheide eintreffen, könnte der ganze Wahnsinn daher weitergehen. Eigentümer legen bereits massenhaft Einspruch gegen die Bescheide ein, weil sie Fehler feststellen oder Ungerechtigkeiten vermuten. Derweil klagen die Finanzämter über eine massive Überlastung. Der Schrecken wird Ende Januar also keinesfalls enden. Durch die schlecht gemachte Reform entsteht für alle Beteiligten viel Zusatzarbeit, Nerven werden strapaziert, Vertrauen zerstört. Ein Trauerspiel.

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Hinweis: Dieser Text wurde erstmals am 11. Januar 2023 veröffentlicht. Wir zeigen ihn wegen des großen Leserinteresses erneut.

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