
Werner Rothaus* hat es kalt erwischt. An einem Mittwoch gestand ihm seine Frau Wiltrud, dass sie am nächsten Sonntag mit der gemeinsamen Tochter ausziehen werde und die Scheidung wolle. Bereits am folgenden Montag fand sich Rothaus allein in dem Einfamilienhaus wieder, das sie kurz vor der Geburt der vierjährigen Tochter als Familiennest erstanden hatten.
Neben der Sorge um die kleine Tochter plagten Rothaus fortan die Gedanken um die langfristige Tragbarkeit der eigenen Immobilie, wenn gleichzeitig Unterhaltszahlungen und ein zweiter Haushalt die finanziellen Spielräume des getrennt lebenden Paares einschränken.
Wie sollten Kreditraten, Steuern und Nebenkosten bezahlt werden? Und war es überhaupt sinnvoll, das Haus zu halten und womöglich allein zu bewohnen?
Die Scheidung schmerzt
Scheiden tut weh – nicht nur emotional, sondern auch finanziell. Schätzungsweise jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden. Doch obwohl Scheidungen heutzutage vollkommen alltäglich sind, treffen viele Paare die finanziellen Folgen einer Trennung unvorbereitet. Dabei drohen den einstigen Weggefährten im schlimmsten Fall sogar Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit.
Finanziell riskant ist es insbesondere, wenn Paare darüber streiten, was mit der gemeinsamen Immobilie geschehen soll. Juristisch sind verschiedene Regelungen möglich, in der Praxis geht es aber vor allem dann glimpflich für beide Seiten aus, wenn sie sich über die weitere Verwendung des Eigenheims einig sind.
Stichworte zur Scheidung
Wie viel Unterhalt das gemeinsame Kind bekommt, richtet sich nach dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen und ist in der Düsseldorfer Tabelle geregelt.
Das Gesetz sieht seit einigen Jahren mehr Eigenverantwortung der Geschiedenen vor. Hat ein Partner jedoch wegen der Ehe seinen Beruf nicht mehr ausgeübt, muss dieser Nachteil vom anderen finanziell ausgeglichen werden.
Während des Trennungsjahres können die Noch-Verheirateten weiterhin vom Ehegattensplitting profitieren. Das lohnt sich besonders, wenn ein Partner deutlich mehr verdient als der andere.
Hat das Ehepaar ein Kind, darf der betreuende Elternteil zunächst im Haus oder in der Wohnung bleiben. Das Wohl des Kindes hat hier eine hohe Priorität. Ansonsten wird die Frage danach entschieden, wer mehr auf die Wohnung angewiesen ist.
Wurde eine Immobilie während der Ehe erworben, stellt sie einen Vermögenswert dar, der in die Berechnung des Zugewinnausgleichs mit einbezogen wird. Sind beide im Grundbuch als Eigentümer eingetragen, gehört jedem die ideelle Hälfte. Bleibt einer dort wohnen, muss er dem anderen die Hälfte des Verkehrswerts auszahlen. Andere Möglichkeiten sind ein Verkauf, Ratenzahlung oder eine Versteigerung.
Den steuerlichen Vorteil des Kinderfreibetrags müssen sich die Ex-Eheleute teilen.
Das Kindergeld bekommt der betreuende Elternteil.
In dieser Zeit will der Gesetzgeber den Scheidungswilligen noch einmal Gelegenheit geben, sich die Sache zu überlegen. Wer es ernst meint, darf auch nicht mehr zusammen wohnen. Man spricht von einer Trennung von Tisch und Bett.
Gibt es keinen Ehevertrag, wird das Vermögen mittels Zugewinnausgleich aufgeteilt. Dabei wird das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen zu gleichen Teilen zwischen den Partnern geteilt.
Grundsätzlich gilt für den Unterhalt eines Ex-Gatten die 3/7-Regel. Drei Siebtel des Nettoeinkommens bekäme also der Ex-Partner und die restlichen vier Siebtel dürfte der Unterhaltspflichtige behalten. Bei Einkommen oberhalb von monatlich 5100 Euro netto wird die Quote jedoch meist nicht verwendet.
Klare Rechtslage
„Die gemeinsam bewohnte Immobilie ist in der Regel der wertvollste Vermögensgegenstand einer Familie“, sagt Udo Völlings, Rechtsanwalt für Familienrecht in der Kölner Kanzlei Hecker Werner Himmelreich. „Laut Bürgerlichem Gesetzbuch ist die Verfügung über einen wesentlichen Vermögensgestand nur mit Zustimmung des Ehepartners möglich – auch wenn nur ein Partner im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist.“
Erschwerend für einen Einigung ist dabei regelmäßig, dass das eigene gehegte und gepflegte Häuschen bei den Eigentümern auch emotional stark verankert ist und die Immobilie gerade für Kinder als Zuhause erhalten werden soll. Ohne einvernehmliche Einigung entscheiden aber letztlich die Gerichte. Die Richter können sogar die Versteigerung der Immobilie veranlassen.
Klare Verhältnisse herrschen eigentlich nur, wenn das Paar in weiser Voraussicht eine Aufteilung von Gütern und Vermögen in einem Ehevertrag vereinbart hat.
Die Gütertrennung ist in Deutschland immer noch die große Ausnahme. Die große Mehrheit der Ehepaare lebt hierzulande in der juristischen Form der Zugewinngemeinschaft.
Das heißt: Während der Ehe angeschaffte Güter, Vermögen und Schulden gehören gleichermaßen beiden Partnern. Im Fall einer Scheidung sorgen Richter und Anwälte dann dafür, dass beide über den sogenannten Zugewinnausgleich so gestellt werden, dass keinem der beiden ein materieller Nachteil aus den Ehejahren entsteht.
Schwierige Umsetzung
Das klingt einfacher als es ist, denn für den Zugewinnausgleich müssen sowohl die Vermögensverhältnisse und die materielle Ausstattung zum Zeitpunkt der Heirat erfasst werden - als auch während der Ehejahre entstandene Vermögenszuwächse, die sogenannten Zugewinne.
Es muss also präzise ermittelt werden, welches Vermögen, welche Schulden und welche Güter sich während der Ehejahre angehäuft haben.
Oft ist ein Sachverständiger nötig, um die finanzielle Situation zu bewerten – vor allem wenn Immobilien, Kunstgegenstände oder Beteiligungen und Wertpapiere zum Vermögen gehören.
Ein gemeinsames Eigenheim macht die Scheidung definitiv komplizierter. Denn dann geht es nicht nur um die Frage, wie hoch die Schulden, die geleistete Tilgung und der Wertzuwachs der Immobilie während der gemeinsamen Jahre waren. Es geht auch darum, ob und welcher der Partner das Eigenheim weiter bewohnt, wer Kreditraten, Steuer, Versicherung und die übrigen Nebenkosten zahlt, ob die Grundbucheintragung geändert oder die Immobilie im Zuge des Zugewinnausgleichs doch verkauft werden muss.