Tool der Woche Das Dilemma der Bausparer

Bausparen galt als gute Alternative, um Vermögen aufzubauen. Wer heute sein Bauspardarlehen aus einem alten Vertrag wahrnehmen möchte, ist wegen hoher Zinsen mit Baugeld meist besser beraten. Der Vergleich lohnt sich.

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Wer ein Bauspardarlehen aus einem alten Bausparvertrag wahrnehmen möchte, für den lohnt sich häufig ein Vergleich mit den Konditionen von Baugeld. Quelle: dpa

Frankfurt, Düsseldorf Für viele Sparer waren sie ein letzter, risikoloser Rettungsanker in Nullzinszeiten: Alte, hochverzinste Bausparverträge. Nicht selten gab es auf eingezahltes Sparguthaben noch drei Prozent oder mehr Zinsen. Wenn selbst quasi risikolose zehnjährige Bundesanleihen nur noch 0,5 Prozent Rendite abwerfen, hielten Anleger ihre Bausparverträge, solange sie denn konnten.

Bislang haben sie dies in der festen Ansicht getan, dass dies auch legitim ist. Doch damit soll nun Schluss sein, hat höchstrichterlich der Bundesgerichtshof diese Woche geurteilt. Wenn Bausparverträge mehr als zehn Jahre zuteilungsreif sind, dürfen die Bausparkassen nach Paragraf 489 des Bürgerlichen Gesetzbuches kündigen (Az.: XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16). Nach Ansicht des Gerichts sind die Bausparkassen in der Ansparphase Kreditnehmer. Zuteilungsreif heißt, dass die Kunden ihr Recht auf ein Bauspardarlehen erreicht haben. Bei den meisten Verträgen ist das der Fall, wenn 40 Prozent der Bausparsumme erreicht sind. Den Rest gibt es dann als Kredit von der Bausparkasse.

Eigentlich soll Bausparen per se dem Zwecke dienen, Kapital für Investitionen in Wohneigentum zu schaffen. Doch einige Bausparkassen haben in früheren Jahren offensiv mit ihren hohen Zinsen geworben. So gibt es etwa alte Werbebroschüren der BHW, in denen mit dem Slogan „Mehr Zinsen auf Ihr Spargeld“ und fünf Prozent Zinsen auf Verträge mit sieben Jahren Laufzeit, ab 7.000 Deutsche Mark Guthaben geworben wird. Heute stellen die Kassen von BHW bis Wüstenrot zwar überall die „eigenen vier Wände“ markig als Hauptziel in den Vordergrund. Doch nach wie vor locken die Kassen mit Versprechen, mehr aus dem Geld der Anleger zu machen.

Ob das jedoch der Fall ist, darf bezweifelt werden. Die Guthabenzinsen liegen meist bei 0,1 bis 0,2 Prozent. Hinzu kommen bei klassischen Bausparverträgen häufig Kontoführungsgebühren oder Servicepauschalen. Die variieren zwischen den Anbietern zwar, fressen aber schnell die magere Rendite auf. Bei der LBS Bayern etwa belaufen sich diese Kosten auf 9,60 Euro, bei Schwäbisch Hall auf 12 Euro oder bei Wüstenrot auf 15 Euro, jeweils pro Jahr. Jüngst haben einige Kassen, darunter die Debeka, LBS Bayern oder Signal Iduna Bausparkasse, ebenfalls Gebühren auf bereits laufende Verträge eingeführt, sehr zum Argwohn der Verbraucherschützer. Die Kassen begründen diesen Schritt mit dem Verweis auf die anhaltenden Niedrigzinsen und dem Kollektivgedanken des Bausparprinzips.

Ein Rechenbeispiel: Wer monatlich 300 Euro in einen Bausparvertrag zahlt, der zu 0,1 Prozent verzinst ist, erhält im Lauf von fünf Jahren gerade einmal 46 Euro als Zins. Im gleichen Zeitraum wären aber selbst bei der LBS Bayern Kontoführungsgebühren in Höhe von 48 Euro fällig geworden, bei Wüstenrot wären es gar 75 Euro.

Zugegeben: Die Rechnung bezieht hier keine Bonuszahlungen mit ein, die die Bausparkassen gewähren und hat demnach auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll allenfalls illustrieren: Wer eine Geldanlage zum reinen Vermögensaufbau sucht, ist heute mit einem neuen Bausparvertrag ohnehin schlecht beraten.


Umschulden kann sich lohnen

Und so werben die Bausparkassen – kaum verwunderlich – heute vor allem damit, dass sich ihre Neukunden langfristig niedrige Zinsen für ein späteres Darlehen sichern können. Dies kann für jene, die einen Hauskauf oder eine Modernisierung planen, durchaus Sinn machen, sollten die Zinsen in den kommenden Jahren wieder anziehen. Verbraucherschützer wie Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen sind überzeugt: Klassische Bausparmodelle haben ihre Berechtigung, wenn damit Rücklagen mit der Option auf ein Bauspardarlehen für künftig anstehende Modernisierungen geschaffen werden.

Doch gerade in den ersten Jahren der Ansparphase müssen Anleger mit Verlusten rechnen. Denn neben den Kontoführungsgebühren wird bei Abschluss auch eine Gebühr fällig. In der Branche sind ein Prozent der Bausparsumme üblich. Wer einen Vertrag mit einer Bausparsumme von 40.000 Euro abschließt, muss also 400 Euro Gebühr zahlen.

Wer andererseits heute aus alten Bausparverträgen ein Darlehen wahrnehmen will, sollte ebenfalls aufpassen. Für Darlehen aus Bausparverträgen, die vor zehn Jahren und früher abgeschlossen worden sind, werden nicht selten vier und mehr Prozent Zinsen fällig. So viel Zinsen zu zahlen ist unnötig, wenn es Baugeld mit zehn Jahren Zinsbindung zu etwa 1,1 Prozent Zinsen und mit fünf Jahren Festzinssatz noch um 0,3 Prozentpunkte billiger gibt. Unter diesen Umständen ist es vernünftig, das Bauspardarlehen durch einen Kredit von der Bank abzulösen. Wo Sie günstige Tarife finden, können sie mithilfe dieses Tools herausfinden.

Denn Bauspardarlehen können jederzeit vollständig getilgt werden. Anders als Banken und Sparkassen verlangen Bausparkassen zusätzlich keine Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Kreditablösung. Das gilt selbstverständlich auch für Bauspardarlehen, die zur Erstfinanzierung des Eigentumserwerbs eingesetzt wurden.

Der Blick auf die kurzen Laufzeiten von fünf und zehn Jahren ergibt in diesem Fall Sinn. Denn Bauspardarlehen sind im Grunde genommen sogenannte Volltilgerdarlehen. Typischerweise muss das Darlehen nach etwa acht bis zehn Jahren vollständig zurückgezahlt werden.


Hürden bei der Ablösung eines Bauspardarlehens

So ganz ohne Hürden klappt die Ablösung eines Bauspardarlehens durch ein Hypothekendarlehen allerdings nicht. Die Restschulden bei der Bausparkasse dürften bei vielen Häuslebauern geringer sein als die Mindestkreditsummen, ab denen die Banken ihre Standardkonditionen anbieten. Manche Banken bieten keine Hypothekendarlehen über weniger als 50.000 Euro an oder verlangen für Darlehen unter 50.000, manchmal sogar ab unter 100.000 höhere Zinsen, sogenannte Kleinmengenzuschläge. Außerdem stehen Bauspardarlehen im Grundbuch typischerweise im zweiten Rang. Das Risiko gehen Banken ungern ein.

Doch es gibt einen verblüffend einfachen Ausweg. Zurzeit werden Verbraucherkredite zur freien Verwendung bis zu 50.000 Euro Darlehensbetrag und mit bis zu sieben Jahren Laufzeit vereinzelt zu weniger als zwei Prozent Effektivzins angeboten. Noch größer ist das Angebot von Darlehen in der Angebots-Zinsspanne von zwei bis drei Prozent.

Die Zinsen sind zwar etwa doppelt so hoch wie für ein Hypothekendarlehen. Dafür gibt es andere Vorteile: Der Grundbucheintrag entfällt. Der Kreditnehmer kann sich das Geld für den Notar, der den Wechsel des Kreditgebers ins Grundbuch einträgt, sowie die Gebühr für die Eintragung ins Grundbuch sparen. Mit einer maximalen Tilgungsdauer von 84 Monaten decken die Ratenkredite annähernd die Restlaufzeit bereits zum Teil getilgter Bauspardarlehen ab.

Und billiger als viele Bauspardarlehen sind diese Verbraucherkredite trotz allem noch. Wer zum Beispiel vor zwei Jahren ein Bauspardarlehen über 30.000 Euro zu 3,99 Prozent Effektivzins aufgenommen hat und dieses binnen acht Jahren zurückzahlen muss, zahlt rund 365 Euro Monatsrate. Schafft er es nun, die Restschuld von 23.350 Euro mit einem Verbraucherkredit zu Spitzenkonditionen von 1,89 Prozent Zinsen über sechs Jahre zurückzuzahlen, spart er rund 250 Euro im Jahr.

Wer solche Topzinsen haben will, muss der Bank auch eine erstklassige Bonität nachweisen. Wie schwer das ist, lässt sich an einer anderen Kennziffer ablesen. Die Banken müssen in ihren Angeboten auch den Zins nennen, den zwei Drittel ihrer Kunden erreichen. Das verlangt Paragraf 6 Preisangabenverordnung. Er wurde eingeführt, damit Banken nicht nur mit sogenannten „Schaufensterkonditionen“ um Kunden werben, die am Ende keiner bekommt. Nun erhalten potenzielle Kunden zumindest ein Gefühl dafür, wo die Bonitätsanforderungen besonders groß sind.

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