Tool der Woche Mit Kassensturz zum Eigenheim

Der Traum vom Eigenheim scheint in Niedrigzinszeiten greifbar nahe. Doch übereiltes Handeln ist beim Immobilienkauf fehl am Platz. Zu Beginn eines jeden Kaufvorhabens sollte ein ordentlicher Kassensturz stehen.

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Wohnviertel in Heldburg: Viele Menschen träumen vom Eigenheim. Quelle: dpa

Frankfurt Die eigenen vier Wände klingen für viele sehr attraktiv. Gerade bei jungen Familien wird der Kauf einer Immobilie immer beliebter. Niedrige Zinsen machen das Bild perfekt. Doch viele motivierte Käufer stolpern früh über die ersten Hürden. Das Tilgen der monatlichen Raten des Immobilienkredites kann schnell zur allgegenwärtigen Belastung werden. Eine präzise Aufstellung des Budgets hilft, um Klarheit darüber zu erlangen, was monatlich unterm Strich übrig bleibt.

Die Mietpreise schießen gerade in Großstädten durch die Decke und schlucken einen großen Anteil des monatlichen Budgets. Zudem vergeben Banken häufig Immobilienkredite mit einer Verzinsung von weniger als drei Prozent. Der Traum vom  Eigenheim ist in vielen Köpfen präsenter als je zuvor. Gerade Familien tuen sich häufig schwer, die steigenden Mieten weiterhin zu bezahlen. Dagegen bieten die eigenen vier Wände genügend Stabilität und Unabhängigkeit.

Wieso jeden Monat Miete bezahlen, wenn man auch einen Immobilienkredit abbezahlen kann?  Doch dieser Gedanke ist trügerisch, denn an einem Eigenheim hängen deutlich mehr Verantwortung und Kosten als an einem gemieteten Objekt. Die Wenigstens haben die nötigen Rücklagen, um den kompletten Preis für die Immobilie aus der eigenen Tasche zu zahlen. Deswegen heißt es für die meisten: Einen Immobilienkredit aufnehmen.

Zuallererst sollte man sich im Klaren sein, was das eigene Budget überhaupt hergibt. Jeder Posten an Einkünften und Ausgaben sollte präzise aufgelistet werden. Bei den Einkünften wartet gleich der erste Stolperstein: Künftige Kreditgeber werden nur solche Einnahmen einplanen, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch zurückbekommen. Ein regelmäßiges Beamteneinkommen wird hier favorisiert; Selbstständige haben es schwer. Ein Gewinn muss meist zweifelsfrei über eine Dauer von drei bis fünf Jahre über Steuerbescheide nachgewiesen werden.

Auch bei den Ausgaben hilft keine Schönrechnerei: „Viele Verbraucher wissen gar nicht, wofür sie ihr Geld ausgeben, Miete und Nebenkosten können viele zwar noch angeben, doch danach hört es schnell auf“, sagt Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen. Alle Zahlungen, die regelmäßig im Haushalt getätigt werden, müssen mit in die Budgetplanung. Oftmals bleiben einzelne Posten, wie  jährliche Gebühren,  in solchen Kalkulationen unberücksichtigt. 

„Kosten für Kleidung oder Kultur können häufig als Kleinbeträge erscheinen, doch sie läppern sich“, so Schwarz. Empfehlenswert sind eine Auflistung der jährlichen Haushaltsausgaben und eine anschließende Umlage auf eine monatliche Basis. Doch trotz genauer Kalkulation des Budgets darf man nicht erschrecken, wenn bei der Bank ein niedriges Ergebnis herauskommt. Einnahmen und Ausgaben in der Haushaltsrechnung werden von Banken sehr unterschiedlich errechnet. Häufig wird mit Pauschalen kalkuliert, weswegen der Bankberater zu einem niedrigeren Ergebnis kommen kann.


Käufer sollten langfristig planen

Der Erwerb einer Immobilie ist eine langfristige Geldanlage, deshalb dürfen gerade Zukunftspläne nicht vernachlässigt werden. Kinderplanung, Jobverlust, gegebenenfalls eine Trennung vom Partner: All diese Themen müssen rational betrachtet werden. „Die monatliche Belastung sollte auch langfristig tragbar sein, eventuell auch zeitweise nur mit einem Einkommen.“, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. Denn ein Immobilienkauf und die damit verbundene Aufnahme eines Kredites sind deutlich komplexer, als es zu Beginn scheinen mag.

Neben oftmals unverschämt hohen Preisen, lässt häufig ein anderer Faktor das Kaufvorhaben frühzeitig scheitern. Bei vielen potentiellen Käufern fehlt es schlichtweg am nötigen Eigenkapital, das mitgebracht wird. Noch vor einigen Jahren galt bei Banken die Regel, dass ein Minimum von etwa 20 bis 30 Prozent der Kaufsumme an Eigenmitteln eingebracht werden muss. Dazu raten Verbraucherportale auch heute noch. Doch die Banken können heute deutlich flexibler agieren und sich sehr billig Geld bei der EZB leihen. So kommen attraktive Verzinsungsangebote zustande.

Die Mini-Zinsen heizen den Mut der Verbraucher an, hohe Immobilienkredite aufzunehmen. Banken machen so manche Finanzierung möglich, auch ohne Eigenkapital. Experten sprechen in so einem Fall von einer Vollfinanzierung: Der komplette Kaufpreis kommt vom Kreditinstitut. Falls eine Finanzierung zustande kommt, gilt jedoch eine weitere alte Regel: Wer nicht vorspart, muss nachsparen.

Geld vor und während der Tilgung des Kredites beiseitezulegen, empfiehlt sich jedoch in jedem Fall: „Wer heute bereits spart, kann dieses Geld künftig nutzen, um den Kredit zu bedienen“, rät Finanzcoach Antonio Sommese. Ohne Eigenkapital einen Kredit aufzunehmen kann zu sehr hohen Tilgungsraten führen. Auch hier muss realistisch kalkuliert werden, welche monatliche Zinslast das Budget tragen kann.

Doch weitere Kostenfallen werden oft außer Acht gelassen: Besonders Nebenkosten des Kaufes fallen schnell unter den Tisch und sorgen nach dem Kauf für Kopfschmerzen. Makler, Notar und Grundbuchamt wollen selbstverständlich mitverdienen und kassieren abhängig von Standort zwischen 9 und 16 Prozent des Kaufpreises an Nebenkosten. So sollten vor Erwerb einer Immobilie die vorhandenen Eigenmittel ausgelotet werden: Wenigstens die Kaufnebenkosten sollten durch das vorhandene Eigenkapital finanziert werden können.

Der Budgetrechner hilft, zu errechnen, was unterm Strich übrig bleibt und wie hoch die monatlichen Raten des Immobilienkredites maximal sein dürfen. „Ein Kassensturz ist in jedem Fall sinnvoll. Auch um festzustellen, welche unnützen Ausgaben in Zukunft gestrichen werden können“, sagt Herbst. Nach dem Kassensturz können Gesamtkosten eines Immobilienkaufs den Mietpreisen gegenüber gestellt werden, um klar sehen zu können, ob sich ein Erwerb lohnt oder nicht. Denn nur ohne Schönrechnerei am Budget kann man langfristig und ohne finanzielle Sorgen die eigene Immobilie in vollen Zügen genießen.

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