Tricks der Makler Immobilienmakler auf Abwegen

Mehr als ein Jahr nach Einführung des Bestellerprinzips sortiert sich die Maklerbranche noch immer neu. Manche Makler sind im Auftun neuer Ertragsquellen höchst erfinderisch – und einige sogar kriminell.

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Wohnungsbesichtigung Quelle: dpa

„Schauen Sie sich die Mietwohnung ruhig an. Der Eintritt kostet 35 Euro.“ Wenn das ein Makler zu einem Wohnungssuchenden sagt, ist was faul. Denn seit dem 1. Juni 2015 gilt für die Vermittlung von Mietwohnungen das Bestellerprinzip: Wer den Auftrag zur Vermittlung an den Makler erteilt, zahlt auch die Maklerprovision. Für dessen Aufwand, Wohnungsbesichtigungen durchzuführen und Termine mit Interessenten zu wahrzunehmen, muss daher in der Regel der Vermieter aufkommen.

Generell dürfen Wohnungsbesichtigungen nichts kosten. Das hat das Landgericht Stuttgart am Mittwoch in einem vielbeachteten Verfahren gegen einen Makler geurteilt, der von Mietinteressenten eine Besichtigungsgebühr in Höhe von 35 Euro verlangt hatte. Dagegen hatte der Mieterverein Stuttgart geklagt. Der Vorwurf: Die Maklerfirma habe sich Maklergebühren erschlichen und sich der Forderung des Mietervereins verweigert, diese Praxis zu unterlassen.

Das Gericht schob dem Treiben des Makler einen Riegel vor. Der Makler hatte argumentiert, er wäre nicht als Makler mit Vertragsverhandlungen beauftragt gewesen, sondern lediglich als Dienstleister für die Wohnungsbesichtigungen. Seine Tätigkeit fiele daher nicht unter das einschlägige Wohnungsvermittlungsgesetz. Das Gericht wies diese Argumentation als nicht nachvollziehbar zurück. Laut Urteil muss der Makler nun eine Unterlassungserklärung unterschreiben, die bei Zuwiderhandlung eine Strafe von 250.000 Euro vorsieht. Zudem muss der Makler die Verfahrenskosten tragen.

Umsatzeinbußen durch „Wer bestellt, der bezahlt!“

Ohne die Einführung des Bestellerprinzips vor einem Jahr hätte dieser Prozess nicht stattfinden können. Denn bis dahin war es in Deutschland Usus, dass der Vermieter einen oder mehrere Makler mit der Vermittlung der Wohnung beauftragt, die Maklerkosten aber vom neuen Mieter getragen werden mussten.

Wer mal auf Wohnungssuche in engen Wohnungsmärkten von Großstädten war und sich in Treppenhäusern bei Besichtigungsterminen die Beine in den Bauch gestanden hat, kennt den Ärger: Für die Massenabfertigung würde der Makler am Ende an die zwei Monatsmieten kassieren – viel Geld für eine Dienstleistung, die nicht im Interesse der Wohnungssuchenden stattfindet.

Was Mieter und Vermieter über das Bestellerprinzip für Makler wissen müssen

Seit das Bestellerprinzip in Kraft getreten ist, verzeichnet die Maklerbranche deutliche Umsatzeinbußen. Laut einer Umfrage des Immobilienportals Immobilienscout24 vom vergangenen Herbst ist jedem dritten Makler mehr als die Hälfte seines Umsatzes weggebrochen. Fast jeder zweite Makler sieht sein Geschäft bedroht. „Gut 70 Prozent haben sich neu ausgerichtet und auf den Verkauf konzentriert“, berichtet die Bundesgeschäftsführerin des Maklerverbands IVD, Sun Jensch. Probleme bei dem neuen Geschäftsmodell bereiteten derzeit häufig jedoch fehlende Verkaufsobjekte. Die Folge seien deutliche Umsatzrückgänge. Betroffen sind demnach vor allem gesetzestreue Makler, die nicht ausreichend Zusatzgeschäft im Verkauf von Immobilien machen.

Fragwürdig bis illegal ist jedoch das Geschäftsgebaren einiger schwarzer Schafe der Branche. Sie versuchen mit allerlei Tricks, den Neumietern doch noch das Geld aus der Tasche zu ziehen. Mitunter gehen sie dabei sehr kreativ im Ausloten rechtlicher Grauzonen vor, andere machen sich mit krimineller Energie die Wohnungsknappheit in vielen Städten zunutze. Hier die gängigsten Tricks und wie Mietinteressenten sie erkennen.

Schwarze Schafe der Maklerzunft

Die neuesten Warnungen kommen vom Mieterverein Hamburg. Dort warnen die Experten etwa vor Wohnungsangeboten, für die der Makler eine Vertrags- oder Schreibgebühr verlangt. Diese sei unzulässig. Anderen Berichten zufolge verlangen einige Makler auch eine Erstattung der Anfahrtskosten oder berechnen eine Service- oder Verwaltungsgebühr.

So lesen Sie Immobilienanzeigen richtig
Französischer BalkonEigentlich leuchten die Augen eines jeden Wohnungssuchenden, wenn das Wort Balkon in der Anzeige steht. Ist es allerdings ein französischer Balkon, dürfen sich Interessenten nicht zu viel erhoffen. Oft handelt es sich dabei lediglich um eine Art Austritt. Zwar hat der Mieter dann ein bodentiefes Fenster und kann eventuell den Fuß nach draußen setzen, ein Frühstück an der frischen Luft wird aber aufgrund des Platzmangels schwierig. Quelle: obs
Biotop im GartenEin schöner, individuell angelegter Garten - das klingt verlockend. Nicht selten ähnelt der tatsächliche Garten dann eher einem Tümpel als einer natürlichen Parkanlage. Quelle: dpa
Aufstrebendes ViertelWohnen im aufstrebenden Viertel ist zwar sehr schön, aber in der Regel auch sehr teuer. Die Mieten steigen, wie hier im Frankfurter Ostend, deutlich schneller als in anderen Gegenden. Seit die Europäische Zentralbank verkündete, dass sie vom Willy-Brandt-Platz ins Ostend zieht, ist das Wohnen dort deutlich attraktiver geworden. Ein weiteres Problem: Auch in aufstrebenden Vierteln wird meistens gebaut und saniert was das Zeug hält. Quelle: dpa
HandwerkerwohnungAn dieser Wohnung muss wirklich etwas getan werden - und zwar von Profis. Hier sollte also nur zugreifen, wer viel Zeit und Renovierungsgeschick mitbringt. Außerdem sollten aus Ausgleich für die Arbeiten mietfreie Monate rausgehandelt werden. Quelle: dpa
Umgebung mit hohem FreizeitwertWer hier wohnt, muss sich um seine Abendgestaltung keine Sorgen machen. Allerdings dürfte es auch nachts laut sein, Ruhestörungen sollten also fest eingeplant werden. Quelle: dpa
Mietfreier MonatSo viel Glück kann gar keiner haben. Zumindest nicht bei der aktuell angespannten Lage auf den Immobilienmärkten. Vermieter, die einen kostenfreien Monat anbieten, sind mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit im Besitz einer Immobilie, die kein Mensch haben möchte. Quelle: dpa
DenkmalgeschütztHäuser, die unter Denkmalschutz stehen, sind normalerweise besonders alt und oft auch besonders schön. Allerdings ist dem Mieter bei solchen Immobilien meist jegliche bauliche Veränderung untersagt. Quelle: dpa

Derlei Zusatzgebühren sind in aller Regel rechtswidrig. Mietervereine weisen darauf hin, dass Mieter zunächst einwilligen können, die Gebühren später aber nicht zahlen müssen. Ein Makler, der sich der Unzulässigkeit solcher Gebühren bewusst ist, wird den Mieter deswegen sicher nicht verklagen. Sie riskieren vielmehr ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro. Verbraucher haben zudem das Recht, unberechtigte Ausgaben für Maklerdienste bis zu drei Jahre nach Abschluss des Mietvertrages noch zurückzufordern. Erst danach sind die Ansprüche verjährt.

Lockvogelinserat und Listenverkauf

Andere nutzen Lockvogelangebote. Dabei inseriert der Makler eine Wohnung, die gar nicht zur Verfügung steht – weil zum Beispiel schon längst vermietet ist. Meldet sich ein Mietinteressent, heißt es dann, das Objekt sei schon vergeben. Dann folgt das Angebot, gegen Erteilung eines Maklerauftrages und Vereinbarung einer entsprechenden Courtage könne eine vergleichbare Wohnung gefunden werden. Auf diese Weise sichern sich solch zwielichtige Makler einen Auftrag vom Mietinteressenten.

Andere wiederum bieten alternativ zur angeblich vergebenen Wohnung eine kostenpflichtige Liste mit weiteren Wohnungsangeboten oder einen Datenbank-Zugriff gegen Gebühr an. 200 Euro für die zweifelhafte Dienstleistung sind nach Angaben der Thüringer Allgemeinen Zeitung nicht unüblich.

Die Exklusivstudie von 2015 enthält alle Tabellen und Daten für alle 69 untersuchten Städte in den Kategorien Immobilienmarkt, Lebensqualität, Arbeitsmarkt und Wirtschaftsstruktur – gegliedert nach Niveau und Dynamik.

Versteckter Maklerauftrag

Wer einen Makler wegen eines Wohnungsinserats kontaktiert, bekommt nicht selten auch andere Wohnungen angeboten. Daran ist zunächst auch nicht auszusetzen. Wird jedoch das Ausfüllen und Unterschreiben eines Formulars erbeten, sollten Wohnungssuchende unbedingt das Kleingedruckte genauestens lesen. Denn darin kann sich ein Maklervertrag verstecken. Wird der unterschrieben, muss der Interessent auch die verlangte Maklerprovision zahlen.

Moneten für Möbel

Wer für Einbauten oder Möbel in der neuen Wohnung einen Abstandszahlung leistet, sollte vorher deren Angemessenheit prüfen. Einige schamlose Makler versuchen nämlich, durch überhöhte Abstandszahlungen den Ausfall der Provisionszahlung dadurch wettzumachen.

Gemeinhin gilt einen Abstandszahlung als überhöht, wenn sie den Zeitwert der Möbel oder Einbauten um mehr als Hälfte übersteigen. Der Zeitwert ergibt sich aus dem Preis bei Neukauf geteilt durch die insgesamt zu erwartenden Nutzungsjahre, multipliziert mit den verbleibenden Nutzungsjahren. Hält eine Küche für 10.000 Euro zum Beispiel insgesamt zehn Jahre und ist bereits fünf Jahre alt, ist der Zeitwert mit 5000 Euro anzusetzen. Verlangt der Makler dafür 8000 Euro würden Gerichte diesen Preis wohl als überhöht einstufen.

Vermieter und Makler sprechen sich ab

Sind sich Vermieter und Makler darüber einig, dass der Makler eine Wohnung vermitteln, die Provision aber vom Mieter kassieren soll, können sie diese Vereinbarung verschweigen. Gibt es dazu keinen schriftlichen Vertrag, sondern lediglich eine mündliche Absprache, dürfte die Absprache schwer zu beweisen sein. Meldet sich ein Mieter beim Makler, kann dieser argumentieren, der Mieter habe ihn kontaktiert und somit auch beauftragt.

Fordert ein Makler vom Mieter die Provision, ohne von diesem einen expliziten schriftlichen Auftrag erhalten zu haben, können Mieter diese Forderung zurückweisen. Dann muss der Makler beweisen, dass ihm der Mieter einen Auftrag erteilt hat.

Offenbar wehren sich gelinkte Mieter nicht oft genug gegen die unberechtigten Provisionsforderungen, sondern sind zunächst froh, überhaupt eine Wohnung gefunden zu haben. Dabei dürften sie den Mietervereinen zufolge sogar Verträge mit Forderung einer Courtage unterschreiben und später das Geld vom Makler zurückfordern.

Für Suchanträge keine Wohnungen aus dem Bestand

Das Gesetz sieht nämlich vor, dass ein Makler, der im Auftrag eines Wohnungssuchenden tätig wird, nur dann eine Provision verlangen darf, wenn er die vermittelte Mietwohnung eigens für den Kunden recherchiert hat. Wohnungen, die er bereits im Angebotsbestand hat, führen hingegen nicht zur Provisionspflicht für den Mieter. Hatte der Makler die Wohnung schon vorher im Angebot, ist davon auszugehen, dass der Vermieter ihn beauftragt hat. Zumindest hatte er in diesem Fall keinen Aufwand für die Wohnungssuche, die der Kunde dennoch teuer bezahlen soll.

So wehren sich Mieter

Wer sich gegen eine Provisionforderung wehren will, muss explizit Widerspruch einlegen. Ist die schon angemahnt, bleiben dafür oft nur zwei Wochen Zeit. In dem Einschreiben mit Rückschein muss stehen, dass kein Maklervertrag zustande gekommen ist und aufgrund
des gesetzlich verankerten Bestellerprinzips kein Anspruch auf Provisionszahlung besteht.
Fordert der Makler seine Provision gerichtlich ein, hilft ein spezialisierter Anwalt.

Was bewirkt die Mietpreisbremse?
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Nebenwirkungen der Mietpreisbremse Quelle: dpa
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Weniger Inserate, verändertes Maklerangebot

Angesichts der teils kräftigen Umsatzeinbußen haben viele Makler das Lamentieren eingestellt und ihr Dienstleistungsangebot speziell auf Vermieterbedürfnisse zugeschnitten. So bieten viele nun nicht mehr nur ein Vermittlungspaket sondern auch einzelne Dienstleistungen wie etwa die Erstellung eines Exposés oder Hilfe bei der Vertragsgestaltung an. Denn offenbar versuchen viele Vermieter zunächst, die Vermietung in Eigenregie zu bewerkstelligen. Wenn Sie dann doch auf Maklerdienste zurückgreifen, verhandeln sie härter und legen großen Wert auf eine detaillierte Auflistung der Leistungen und beauftragen nur, was sie auch zu bezahlen bereit sind. Makler müssen sich im Mietmarkt laut IVD daher im Schnitt mit 1,5 Kaltmieten Provision begnügen. Vor der Gesetzesnovelle waren es zwei und mehr Kaltmieten.

Obwohl das offenbar zunehmend Anklang findet, unterstützt der Maklerverband IVD vor dem Bundesverfassungsgericht noch eine laufende Verfassungsbeschwerde. Die Maklerbranche vertritt die Auffassung, dass ein Auftrag durch den Mietinteressenten wegen der geforderten Exklusivität der Tätigkeit eigentlich gar nicht mehr möglich und das Bestellerprinzip zu Lasten der Makler an dieser Stelle unfair gestaltet ist. Aber nachdem bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes dort zwei Eilanträge zurückgewiesen wurden, ist mit einer Änderung des Gesetzes durch die Regierung nicht zu rechnen.

Fest steht allerdings, dass die Wohnungssuche für Mieter etwas schwieriger geworden ist. Denn nach Beobachtungen der Maklerbranche finden sich weniger Wohnungsinserate in den Immobilienportalen im Internet. Die Makler schätzen nach einer Umfrage des IVD unter 6000 Mitgliedern, dass die Online-Anzeigen um schätzungsweise 40 Prozent abgenommen haben. Das spricht für die IVD-Prognose, dass Vermieter durch das Bestellerprinzip vermehrt dazu übergehen, Wohnungen zunächst im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis anzubieten.

Die Leidtragenden wären die Mietsuchenden, die in eine fremde Stadt ziehen und denen dort persönliche Kontakte fehlen. Dem widersprechen allerdings die Mietervereine. Sie zeigen sich mit dem Bestellerprinzip höchst zufrieden.

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