




Christian Steinhauer* aus dem Rheinland zog es mit seiner vierköpfigen Familie zurück in sein Elternhaus – schön im Grünen, mit großem Garten und viel Platz auch für seine Eltern. Der 40er-Jahre Altbau sollte saniert und durch einen Neubau ergänzt werden.
Doch der Traum vom Eigenheim an der Stätte seiner Kindheit entpuppt sich mehr und mehr zum Albtraum. Dabei hatte alles so euphorisch begonnen: Schnell stand die Planung vom Architekten, auch die Bank gab ihr Ok. Ebenso zügig war ein Generalunternehmer ausgemacht, der die Sanierung kostengünstig umzusetzen versprach. In fünf Monaten sollte das sanierte und erweiterte Elternhaus fertig sein. Steinhauer plante - nach den ersten Kostenkalkulationen - mit Investitionen in Höhe von 170.000 Euro. Die ganze Familie hatte bei dem Projekt ein gutes Bauchgefühl.
Zehn Monate nach Baubeginn befinden sich Steinhauer, seine Frau und seine Eltern am Rande des Nervenzusammenbruchs. Das Haus ist auch heute noch eine Baustelle – und die Kosten sind mit voraussichtlich 255.000 Euro vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Noch immer fehlt eine funktionierende Heizung, das frisch gedeckte Dach hat eine gewaltige Delle und die eingezogenen Zwischenwände wackeln bei der geringsten Berührung wie Fahnen im Wind. Sein Gutachter spricht inzwischen von einem Fall für die Staatsanwaltschaft, der Bauunternehmer schaltet bei der Mängelbeseitigung auf stur und die Fliesenleger verweigern die Arbeit, weil die Trockenbauer es nicht geschafft haben, die Wände so zu verankern, dass der neue Fliesenspiegel rissfrei bleibt.
Steinhauers Anwalt bescheinigt dem Bauherren aber auch, kaum einen Fehler ausgelassen zu haben. So habe er einen Bauvertrag unterschrieben, in dem eine Generalvollmacht für den Unternehmer verborgen war, die diesem das Recht einräumt, alle notwendigen Verträge mit anderen Handwerkern selbst zu unterschreiben. Dadurch entglitt Steinhauer die Kontrolle über Auswahl und Preiskalkulationen der beauftragten Firmen.
Nahezu alle Bauverträge mangelhaft
Das dramatische Beispiel sollte anderen eine Lehre sein. Blindes Vertrauen, Bauchgefühl und Sparsamkeit an der falschen Stelle sind die Feinde des Bauherren – vor allem vor der Unterschrift unter einen Bauvertrag. „Oft sind die Verträge mit Unternehmen nur rudimentär“, sagt etwa Stephan Freund, Anwalt für Baurecht in der Düsseldorfer Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek.
Typische Baumängel in Altbauten
Bis in die 60er und 70er Baujahre hinein finden sich noch unzureichend gegen Feuchtigkeit geschützte Kellerfundamente und Kellerwände. Bei Bauten aus den 20er Jahren finden sich teilweise sogar verrostete Stahlträger in Gewölbekellern. Muss ein Keller trocken gelegt und sogar ringsum ausgeschachtet werden, um ihn gegen Feuchtigkeit abzudichten, kostet das den Hauseigentümer schnell 20.000 Euro und mehr.
Bei Baujahren bis in die 70er Jahre finden sich noch ungedämmte Dachstühle, die die Energiekosten für ein Gebäude deutlich in die Höhe treiben. In den 70er und 80er Jahren gab dann zwar immer mehr gedämmte Dächer, doch oftmals wurde noch Mineralwolle verarbeitet, deren Fasern lungengängig sind und somit schädlich für die Atemwege sind. Ein komplett neues Dach mit Dämmung kostet schnell einen ordentlichen fünfstelligen Betrag. Sollte keine Dämmung vorhanden sein, sind Käufer heute zudem zur nachträglichen Dämmung verpflichtet. Für ein Einfamilienhaus muss der Bauherr mit Ausgaben im fünfstelligen Bereich rechnen. Die zeitweise modernen Flachdächer litten noch bis Ende der 70er Jahre unter oft fehlerhafter Ausführung, so dass früher oder später Wasser eindrang. Sie sollten vor einem Kauf genau geprüft werden, da Wasserschäden am Dach schnell Folgeschäden nach sich ziehen.
Holzfenster können bei sehr guter Pflege 50 Jahre und länger halten, oder schon nach zehn Jahren das Zeitliche segnen. Kunststofffenster halten generell eher 15 bis 25 Jahre. Sollen Fenster komplett erneuert werden, kommen auch hier schnell 20.000 Euro oder mehr zusammen.
Nicht selten finden sich in Altbauten veraltete oder korrodierte Leitungssysteme. So wurden etwa bis in die 60er Jahre noch Stromleitungen ohne Erdungskabel verlegt, die heutigen Sicherheitsstandards nicht mehr genügen. In noch älteren Gebäuden drohen auch undichte Gasleitungen oder alte Wasserleitungen aus Blei. Generell spricht man bei Wasserleitungen von einer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren, nur Kupferleitungen halten noch zehn Jahre länger. Gleiches gilt für Leitungen für das Heizwasser. Die Kosten lassen sich pauschal kaum veranschlagen, aber der Installations- und Zeitaufwand ist hoch – insbesondere wenn viele Wände und Böden dafür aufgestemmt werden müssen. In einem Modellvergleich der Sanierung eines Altbaus durch den Verband privater Bauherren e.V. schlug die Erneuerung der Elektroleitungen in einem 60er-Jahre Einfamilienhaus mit einem niedrigen fünfstelligen Preis zu Buche. Für die Erneuerung der Sanitärleitungen muss mit einem Betrag in ähnlicher Größenordnung gerechnet werden.
Im Durchschnitt ist ein Heizkessel nach 20 bis 30 Jahren am Ende seiner Lebensdauer angelangt. Zudem ist die Technik oft veraltet, der Energiebedarf entsprechend hoch. Neueigentümer sind zudem unter bestimmten Bedingungen gesetzlich gezwungen ihre Heizungsanlage zu erneuern. Eine Umrüstung auf eine sparsamere Brennwertheizung ist mit rund 10.000 Euro zu veranschlagen. Soll es eine moderne Pellet-Heizung sein, kommen schnell noch ein paar tausend Euro hinzu. Müssen zudem Leitungen und Heizkörper erneuert werden, wird es nochmals deutlich teurer, da auch hier der Installationsaufwand vergleichsweise hoch ist.
Ab den 50er Jahren hielt die Bauchemie Einzug in den Hausbau. Leider wurden bis in die 80er Jahre noch Materialien verwendet, die heute als stark gesundheitsgefährdend gelten. So wurde bis in die 70er Jahre noch Asbest verbaut, etwa in Form von Asbestzementplatten. Die krebserregenden Stoffe zu ersetzen und zu entsorgen ist aufwändig und teuer, zudem ist während der Baumaßnahmen das Gebäude oftmals nicht bewohnbar. Auch finden sich etwa teerhaltige Parkettkleber, giftige Holzschutzmittel oder Formaldehyd in Holzbauteilen. Hier ist Vorsicht geboten.
Ist die Fassade sanierungsbedürftig, muss laut Energieeinsparverordnung auch gleich eine Wärmedämmung aufgebracht werden – denn werden Bauteile verändert, müssen sie auch energetisch verbessert werden. Bei einem Einfamilienhaus entstehen so für die Fassade schnell Kosten von 25.000 Euro und mehr.
Zwar würden diese in der Regel nach den Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) abgeschlossen, aber selbst Bauunternehmer hätten über die VOB häufig nur Halbwissen. Die Konsequenz: Die Verträge eröffnen Spielräume für die konkrete Umsetzung der vereinbarten Baumaßnahmen, die schnell zusätzliche Arbeits- und Materialkosten verursachen und damit jede vorherige Kostenplanung absurd erscheinen lassen.
*Name von der Redaktion geändert