Tücken in Bauverträgen Schlüsselfertig Bauen ist nur ein Mythos

Die Mehrheit der Bauverträge mit Bauträgern und Generalunternehmern weist gravierende Mängel auf. Der Traum von der Immobilie kann so schnell zur Kostenfalle werden. Womit Bauherren rechnen müssen und wie sie sich vor bösen Überraschungen schützen.

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Die Fallstricke bei Immobilien-Anzeigen
 „Die Immobilie ist gut erhalten.“Das Haus mag gut erhalten sein – aber eben auch lange nicht renoviert. Auch der beste Umgang hinterlässt Gebrauchsspuren und kann den Alterungsprozess einer Immobilie nicht aufhalten. Käufer oder Mieter müssten sich darauf einstellen, noch einiges an Eigenleistung zu investieren. Quelle: dpa
„Die Wohnung ist lichtdurchflutet.“Große Fenster und sehr helle Räume mögen elektrisches Licht sparen – aber bei hoher Sonneneinstrahlung im Sommer auch für ordentlich Hitze sorgen. Quelle: dpa
„Seriöses Umfeld“Diese Formulierung lässt auf eine wenig lebendige Gegend schließen. Quelle: obs
„Liebhaberobjekt“Diese Formulierung lässt erahnen: Dieses Gebäude hat Mängel, über die nur Liebhaber hinweg sehen können. Quelle: dpa
„Das Haus liegt in einem aufstrebenden Viertel.“Viertel, die aufstreben, sollen sich von einer schlechten Lage in eine gute verwandeln. Garantieren kann jedoch niemand, dass der Drogenumschlagplatz tatsächlich einem Luxusboulevard weicht. Quelle: dpa
„Gute Verkehrsanbindung.“Eine gute Verkehrsanbindung ist zwar praktisch, bringt jedoch viel Lärm und auch schlechtere Luft mit sich. Quelle: ZBSP
„Die Immobilie wurde erst kürzlich aufwendig saniert.“Eine aufwändige Sanierung bedeutet einen hohen finanziellen Aufwand für die künftigen Käufer oder Mieter. Denn der Verkäufer wird die Investition mit einem entsprechend hohen Preis wieder rein holen wollen. Quelle: dpa

Christian Steinhauer* aus dem Rheinland zog es mit seiner vierköpfigen Familie zurück in sein Elternhaus – schön im Grünen, mit großem Garten und viel Platz auch für seine Eltern. Der 40er-Jahre Altbau sollte saniert und durch einen Neubau ergänzt werden.

Doch der Traum vom Eigenheim an der Stätte seiner Kindheit entpuppt sich mehr und mehr zum Albtraum. Dabei hatte alles so euphorisch begonnen: Schnell stand die Planung vom Architekten, auch die Bank gab ihr Ok. Ebenso zügig war ein Generalunternehmer ausgemacht, der die Sanierung kostengünstig umzusetzen versprach. In fünf Monaten sollte das sanierte und erweiterte Elternhaus fertig sein. Steinhauer plante - nach den ersten Kostenkalkulationen - mit Investitionen in Höhe von 170.000 Euro. Die ganze Familie hatte bei dem Projekt ein gutes Bauchgefühl.

Immobilientrends 2013

Zehn Monate nach Baubeginn befinden sich Steinhauer, seine Frau und seine Eltern am Rande des Nervenzusammenbruchs. Das Haus ist auch heute noch eine Baustelle – und die Kosten sind mit voraussichtlich 255.000 Euro vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Noch immer fehlt eine funktionierende Heizung, das frisch gedeckte Dach hat eine gewaltige Delle und die eingezogenen Zwischenwände wackeln bei der geringsten Berührung wie Fahnen im Wind. Sein Gutachter spricht inzwischen von einem Fall für die Staatsanwaltschaft, der Bauunternehmer schaltet bei der Mängelbeseitigung auf stur und die Fliesenleger verweigern die Arbeit, weil die Trockenbauer es nicht geschafft haben, die Wände so zu verankern, dass der neue Fliesenspiegel rissfrei bleibt.

Steinhauers Anwalt bescheinigt dem Bauherren aber auch, kaum einen Fehler ausgelassen zu haben. So habe er einen Bauvertrag unterschrieben, in dem eine Generalvollmacht für den Unternehmer verborgen war, die diesem das Recht einräumt, alle notwendigen Verträge mit anderen Handwerkern selbst zu unterschreiben. Dadurch entglitt Steinhauer die Kontrolle über Auswahl und Preiskalkulationen der beauftragten Firmen.

Nahezu alle Bauverträge mangelhaft

Das dramatische Beispiel sollte anderen eine Lehre sein. Blindes Vertrauen, Bauchgefühl und Sparsamkeit an der falschen Stelle sind die Feinde des Bauherren – vor allem vor der Unterschrift unter einen Bauvertrag. „Oft sind die Verträge mit Unternehmen nur rudimentär“, sagt etwa Stephan Freund, Anwalt für Baurecht in der Düsseldorfer Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek.

Typische Baumängel in Altbauten

Zwar würden diese in der Regel nach den Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) abgeschlossen, aber selbst Bauunternehmer hätten über die VOB häufig nur Halbwissen. Die Konsequenz: Die Verträge eröffnen Spielräume für die konkrete Umsetzung der vereinbarten Baumaßnahmen, die schnell zusätzliche Arbeits- und Materialkosten verursachen und damit jede vorherige Kostenplanung absurd erscheinen lassen.

 *Name von der Redaktion geändert

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