Typologie der Immobilienanleger Das sind die Wohnungskäufer von morgen

Miniaturhaus in einem Einkaufswagen Quelle: obs

Vermögend und betagt? Immobilieninvestoren entsprechen längst nicht mehr den Klischees. Immer mehr junge Menschen kaufen Wohnungen als Kapitalanlage. 2500 Euro netto im Monat sind dafür aber meist das Minimum. Ein Gastbeitrag.

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Daniel Preis, 42 Jahre, ist als Vorstand der CSO Domicil Real Estate AG zuständig für den Verkauf  beim auf An- und Verkauf von Wohnimmobilien spezialisierten Münchner Unternehmen. Zu den Kunden zählen sowohl Kapitalanleger als auch Selbstnutzer. Domicil verwaltet nach eigenen Angaben ein Gesamtvermögen von 1,6 Milliarden Euro.

In Deutschland sind Vermieter nicht sonderlich beliebt. Viele Menschen denken an gnadenlose Miethaie und dieses Bild wird auch von Teilen der Politik gern bedient. Dabei entspricht dieses Klischee in den wenigsten Fällen der Realität. Rund 60 Prozent der deutschen Mietwohnungen befinden sich in Privateigentum, es gibt rund sieben Millionen Vermieter in Deutschland, und diese wiederum bilden einen Querschnitt durch die Bevölkerung und alle Altersgruppen. Auch mit Blick auf die Vermögens- und Einkommensstrukturen spiegeln Vermieter den deutschen Durchschnitt wider. Umso interessanter ist daher, dass es in den vergangenen Jahren einige Verschiebungen bei den Investoren gegeben hat. Sie geben Aufschluss über die Vermieterstrukturen der kommenden Jahre und Jahrzehnte.

Immobilienanleger werden jünger

Auffällig ist, dass der Einstieg in die Mietwohnung zur Kapitalanlage heutzutage immer früher erfolgt. Wir beobachten, dass inzwischen auch viele Investoren unter 30 Jahren eine Mietwohnung kaufen. Berufseinsteigern mit zwei bis drei Jahren Erfahrung steht verständlicherweise zwar nur ein kleineres Budget zur Verfügung, die niedrigen Zinsen machen langfristige Finanzierungen aber weiterhin erschwinglich. Mit rund zehn Prozent Eigenkapital kann man im Einstiegssegment für rund 200.000 bis 250.000 Euro eine vermietete Wohnung kaufen und monatlich oftmals sogar erste Überschüsse erzielen.

Bei finanzierenden Banken, Sparkassen und Versicherungen ist die Entscheidung zur Immobilie als Kapitalanlage gern gesehen – weitaus lieber, als wenn sich junge Menschen den Traum vom selbstgenutzten Eigenheim früh erfüllen wollen. Denn was viele nicht wissen: Banken unterscheiden zwischen Wohnungsfinanzierungen zur Kapitalanlage und Immobilieninvestitionen zum Selbstnutzen. Das ist durchaus verständlich: Das Eigenheim ist immer auch Konsumgut, während die vermietete Wohnung allem voran eine Kapitalanlage darstellt. 

Unabhängig von den Altersstrukturen hat sich in den vergangenen Jahren auch bei den Käuferkonstellationen einiges getan. Für gewöhnlich stellt man sich als Immobilienanleger Ehepaare im gehobenen Alter und gehobenem Gehaltssegment vor, die mit einem hohen Eigenkapitalanteil steuergünstig für ihren Lebensabend vorsorgen wollen. Dabei ist der hohe Anteil an Eigenkapital in den meisten Fällen deswegen möglich, weil die Käufer Ablaufleistungen von Lebensversicherungen oder Bausparverträgen erhalten haben. 

So wie sich unsere Gesellschaft in den vergangenen Jahren modernisiert und verjüngt hat, haben sich auch die Käuferstrukturen gewandelt. Frauen kaufen beispielsweise gemeinschaftlich, um sich ein unabhängiges finanzielles Standbein aufzubauen. Schwestern entscheiden sich für die Kapitalanlage in eine Mietwohnung und verdoppeln so ihr Eigenkapital. Nicht selten gibt es auch generationenübergreifende Investitionen. Wenn Großmütter gemeinsam mit ihren Enkeln eine Wohnung kaufen, kann das erb- und steuerrechtlich nicht unerhebliche Vorteile mit sich bringen. 



Zunehmend schließen sich auch Kollegen und Bekannte zu Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) zusammen, um in eine Immobilie zu investieren. Das hat dann den Vorteil, dass bei einem späteren Ausscheiden eines der Partner Anteile an der GbR statt an der Immobilie verkauft werden, für die keine Grunderwerbsteuer anfällt. Außerdem ist der Verkauf der Anteile an einer GbR weitaus weniger belastend für Freundschaften, als es der Verkauf von Anteilen an einer Immobilie häufig ist.

Fakt ist, dass man die Berufsstände bei den Käuferstrukturen nur schwer eingrenzen kann. Unter Angestellten gibt es eine höhere Tendenz zu Akademikern, die in eine Mietwohnung zur Kapitalanlage investieren, unter Selbstständigen ist der Anteil an Handwerkern groß. In allen Fällen ist weniger der Bildungsgrad entscheidend als die Einsicht und Bereitschaft, neben der gesetzlichen Altersvorsorge auch privat Kapital anzulegen und die niedrigen Zinsen als Finanzierungshebel zu nutzen. 

Unter 2500 Euro netto geht nichts

Für alle Privatinvestoren gelten dabei die gleichen finanziellen Mindestanforderungen. Bei Singles liegt die Hürde zum Einstieg in den Immobilienmarkt bei einem Nettoverdienst von rund 2.500 Euro im Monat, bei Paaren sind es 3.500 Euro. Das hat mit der Berechnung der Lebenshaltungskosten durch die Banken zu tun, die mit mindestens 200 bis 300 Euro Haushaltsüberschuss nach Abzug aller Kosten rechnen wollen, ehe sie dem Erwerb einer Immobilie zur Kapitalanlage zustimmen. Gleichzeitig werden Banken nervös, wenn bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter weniger als zehn Jahre verbleiben. Die geforderte Eigenkapitalquote steigt dann mit jedem weiteren Lebensjahr exponentiell nach oben, um den Anforderungen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie zu genügen. Beide Parameter haben unmittelbare Folgen für das Alter der Käufer, deren Gros zwischen 30 und 55 Jahren liegt.

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Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass es zwei deutliche Unterschiede gibt, die sich in eine direkte Beziehung zu den Altersstrukturen der Käufer setzen lassen. Wir beobachten folgende zwei Tendenzen: Je älter die Investoren sind, desto größer werden die Objekte. Insbesondere Doppelverdiener, die bis ins fortgeschrittene Alter ein Paar geblieben sind, haben in der Regel mehr Eigenkapital und höhere Einkommen, die ihnen entsprechend größere Investitionen ermöglichen. Auch spielt das herannahende Rentenalter eine entscheidende Rolle. Wer erst spät investiert, plant schon beim Kauf mit den späteren Mieteinnahmen und setzt daher auf größere Objekte.

Bei jungen Käufern ist dagegen nicht die Größe der Immobilie maßgeblich, sondern die Bereitschaft, mehr Risiken einzugehen. Das ist vermutlich auf die höhere Affinität zu Investitionen in Aktien und digitale Kapitalanlagen zurückzuführen, liegt aber auch an einer gewissen altersbedingten Sorglosigkeit. Vor allem ist dank der Zunahme von Finanzratgebern in den sozialen Netzwerken und Podcasts das Bewusstsein für Immobilien als Kapitalanlage bei jüngeren Leuten deutlich gestiegen. Wir gehen daher davon aus, dass die Quote der privaten Kleinvermieter in Deutschland allen regulatorischen Hürden zum Trotz in den kommenden Jahren weiter wachsen und sich verjüngen wird.

Mehr zum Thema: Bauen ist zuletzt noch deutlich teurer geworden. John Bothe vom Immobilienunternehmen Silberlake kennt das Problem – und gibt Ratschläge, damit der Hausbau gut und günstig gelingt.

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