
Eigentlich freute sich das Rentnerpaar über seinen neuen Kaminofen im Wohnzimmer. Vom sauer Ersparten kauften sie sich einen teuren Qualitätsofen und beauftragten den Fachhändler auch gleich mit dem Einbau. Kamin und Handwerker kamen, einen Tag später loderte bereits das erste wärmende Feuer in der guten Stube.
Aber nach ein paar Wochen wurde klar, dass etwas nicht stimmen konnte. Oberhalb des in der Wand verschwindenden Ofenrohres färbte sich die Tapete allmählich grau, an der Zimmerdecke war bereits ein großer Rußfleck zu sehen. Als der immer größer wurde, riefen die Eheleute den Handwerker erneut, diesmal um kostenlos nachzubessern. Der legte den Rohranschluss zur Wand daraufhin noch einmal neu. Nun sollte alles gut sein.
Ein paar Monaten später war der Ruß noch deutlicher zu sehen als zuvor. Gespräche mit dem Handwerker brachten nichts. Der behauptete vielmehr, der Ruß an Wand und Decke käme durch das häufige Öffnen der Ofentür. Auf eine erneute Nachbesserung ließ er sich nicht ein, die Rechnung war auch längst beglichen. Irgendwann gab das Rentnerpaar auf – und streicht seitdem alle ein bis zwei Jahre das Wohnzimmer neu. Heute bereuen sie den Kaminkauf.
Anfällig für Ärger
Ärger mit Handwerkern kennt fast jeder, der schon einmal mit ihnen zu tun hatte. Ob in der Autowerkstatt, beim Hausbau, der Reparatur der Waschmaschine oder beim Schlüsseldienst: In jedem Handwerk gibt es fähige und faire Fachleute, aber leider auch schwarze Schafe. Oft erscheinen sie unpünktlich, manchmal gar nicht, erklären wenig oder nur unverständlich, was zu tun ist, und führen reichlich Argumente für die hohe Rechnung an, die ein Laie ohne weiteres nicht nachvollziehen kann.
Laut Verbraucherzentrale Niedersachsen haben die Beschwerden in den vergangenen Jahren zwar abgenommen. „Unseriöse Notdienste wie Schlüsseldienste sind aber immer ein Thema“, sagt Karin Goldbeck, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen. "Die häufigsten Beschwerden betreffen Rechnungen, die stark von den Kostenvoranschlägen abweichen und hohe Anfahrtskosten für Schlüsseldienste, die von weit her kommen." Gerade bei Schlüsseldiensten sind in nahezu jedem Branchenbuch auch Anbieter und Notdienste mit lokalen Rufnummern aufgelistet, deren Anrufe aber an Callcenter weitergeleitet werden. Die schicken dann einen Handwerker los, der eine lange Anfahrt berechnet. "Häufig kommt es auch vor, dass der Schlüsseldienst das Schloss oder die Tür kaputt macht, obwohl das überhaupt nicht nötig wäre. Der Kunde ist dann gezwungen, etwas zu bezahlen, was er gar nicht wollte", berichtet Goldbeck.
Häufige Handwerkertricks
Die meisten Beschwerden über Handwerker erreichen Schiedsstellen und Verbraucherschützer wegen überhöhter Rechnungen, die deutlich über den Kostenvoranschlag hinaus gehen. Grundsätzlich ist ein Kostenvoranschlag aber unverbindlich – die Branche spricht auch von einem „freibleibenden Angebot“. Damit kann der Handwerker mit seiner Rechnung auch über den Kostenvoranschlag hinausgehen. Gerichte erkennen Preiserhöhungen von zehn bis 20 Prozent noch als vertretbar an. Der Handwerker ist nur dann an den Kostenvoranschlag gebunden, wenn explizit ein Festpreis, also ein verbindlicher Kostenvoranschlag, vereinbart wurde.
Das Angebot vieler Handwerker „ohne Rechnung wird es etwas billiger“ mag verlockend klingen, schließlich spart der Kunde so mindestens die Mehrwertsteuer. Der Haken: Wer Handwerker schwarz beschäftigt, hat auch keinen Gewährleistungsanspruch. Die Durchsetzung von Mängelbeseitigungen wird erschwert. Handwerker dürfen im Vertrag aber die Gewährleistung ausschließen. Prüfen Sie das Kleingedruckt und die AGB daraufhin. Wird dort etwa statt der sonst üblichen Gewährleistung nach Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) die Anwendung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauarbeiten (VOB/B) vereinbart, schränkt dies die Gewährleistung ebenfalls ein.
Wer aus Not nachts einen Installateur oder Schlüsseldienst kommen lässt, muss mit Zuschlägen für den Nacht- oder Wochenendeinsatz von 50 bis 70 Prozent auf den üblichen Stundenlohn leben. Mehr ist unüblich und zu beanstanden. Ein Zuschlag auf die Gesamtrechnung ist unzulässig. Und Handwerker, die mittags gerufen werden, aber erst nach der regulären Arbeitszeit auftauchen, dürfen auch keine Zuschläge verlangen.
Was tun, wenn statt eines erwarteten Handwerkers zwei vor der Tür stehen? Sicher, es gibt Arbeiten, für die vier Hände nötig sind. Aber zum einen muss der Auftraggeber das nur da, wo nötig, akzeptieren. Zum anderen sollte er darauf achten, dass die ungelernte Hilfskraft, die als Handlanger fungiert, auf der Rechnung nicht als teurer Facharbeiter auftaucht - mit deutlich höherem Stundensatz.
Vielleicht haben Sie das schon erlebt, als Sie mir Ihrem Auto zur Inspektion in eine Werkstatt fuhren: Anstatt sich auf den fälligen Ölwechsel und Filteraustausch zu beschränken, eröffnet Ihnen der Mechaniker, die Stoßdämpfer seien angeschlagen und sollten getauscht werden. Für einen Laien ist das schwer zu überprüfen. Wer aber einen zweiten, vertrauensvollen Automechaniker um Überprüfung bittet, erfährt mitunter, dass es die Stoßdämpfer noch tun und erst getauscht werden sollten, wenn sie tatsächlich die Funktion verweigern. Über Schlüsseldienste zum Beispiel gibt es immer wieder Beschwerden, sie würden unnötigerweise bei der Öffnung einer Tür auch das Schloss beschädigen und unnötigen Ersatz verkaufen und installieren. Ist die Waschmaschine defekt, genügt manchmal ein Stück Schlauch für die Reparatur, der Handwerker baut aber gleich eine neue Pumpe ein. Eine zweite Meinung kann auch hier helfen, viel Geld zu sparen.
Gerade bei Bauarbeiten ist dem fertigen Werk aber nicht unbedingt anzusehen, welche Materialien darin verarbeitet wurden. Kritiker von Baupfusch beklagen immer wieder, dass Arbeiten nicht gemäß der Bauvorschriften durchgeführt wurden und zum Beispiel zu wenig Isoliermaterial Anwendung fand. Eine Prüfung der Dekra ergab, dass es im Hausbau durchschnittlich 32 Mängel gibt. Auf der Abrechnung sieht es dann aber so aus, als entspräche alles den Bauvorschriften.
Grundsätzlich gibt es Materialien, bei denen auch mit Verschnitt gerechnet werden muss, zum Beispiel bei Bodenbelägen oder Wandfliesen. Zuviel sollte es aber nicht sein. Die Versuchung ist groß, deutlich zu viel Material zu berechnen, als tatsächlich benötigt. Vor allem da, wo es von außen nicht sofort ersichtlich ist. Handwerker sollten in der Lage sein, zu erklären wo und wie viel sie von dem Material verwendet haben.
In der Regel sollten Handwerker nicht mehr als 15 Minuten Autofahrt berechnen. Muss der Handwerker nochmal zurück zum Betrieb um fehlende Ersatzteile oder Werkzeug zu holen, muss der Kunde das nicht zahlen. Es ist das Versäumnis des Handwerkers. Für die Zeit der Abwesenheit kann natürlich auch kein Stundenlohn verlangt werden. Schlüsseldienst fielen Verbraucherschützer oft negativ auf, weil sie in den Gelben Seiten mit lokalen Rufnummern werben, aber letztlich ein Callcenter die Anfragen entgegen nimmt und Handwerker mit langer Anfahrt zum Kunden schickt.
In den Statistiken über Beschwerden tauchen diese Dienste allerdings kaum auf, wie Rechtsanwältin Sabine Schönewald von der Handwerkskammer Köln sagt. Sie ist Abteilungsleiterin der dortigen Schiedsstelle. Gehören die Schlüsseldienste nicht zu einem Schlosser- oder sonstigen Handwerksbetrieb, gehen Beschwerden an ihr oder ihren Kollegen in anderen Handwerkskammern vorbei. Die häufigsten Beschwerden über Handwerker bezögen sich auf zu hohe Rechnungen und mangelhafte Arbeiten.
Wer einen Handwerker ruft, kann sich aber gegen solchen Ärger wehren oder ihm sogar vorbeugen. Dabei gilt es, den Handwerker möglichst gewissenhaft auszuwählen, seine Rechte im Hinblick auf Werkverträge zu kennen, und sich an die richtigen Stellen zu wenden, wenn es zum Streit um die erbrachte Leistung und deren Abrechnung geht.