Diese Energieeinsparungen lassen sich zwar im Voraus mithilfe der erzielbaren U-Werte berechnen, ob sie aber tatsächlich realistisch sind, zeigt sich erst in der Praxis. Denn in vielen Untersuchungen zum Thema wird der Energiebedarf der Gebäude anhand von Rechenmodellen angesetzt – also ohne tatsächliche Verbrauchswerte aus der Vergangenheit. Diese Rechenmodelle nutzen auch Energieberater, die sich dabei unter anderem an den U-Werten der verschiedenen Gebäudeteile orientieren. Es gibt aber zahlreiche Berichte darüber, dass der so berechnete Energiebedarf deutlich höher angesetzt wird als die tatsächlichen Verbrauchswerte. Diese hängen zwar auch von individuellen Faktoren wir dem Heiz- und Lüftungsverhalten der Bewohner ab, liegen aber dennoch systematisch niedriger. Das hat die Deutsche Energie-Agentur dena zum Beispiel in ihrer Sanierungsstudie zur „Wirtschaftlichkeit energetischer Modernisierung in selbstgenutzten Wohngebäuden, Teil 2“ für die eigenen Untersuchungen auch eingeräumt: „Die Untersuchungen zeigen gegenüber dem berechneten Bedarf systematisch einen geringeren gemessenen Energieverbrauch. Die Abweichung ist für größere Mehrfamilienhäuser geringer als für Einfamilienhäuser.“
Bei der Kalkulation verfügen Hausbesitzer also idealerweise über Zahlenreihen zum tatsächlichen Verbrauch an Heizenergie über mehrere Jahre, so dass auch extrem harte und besonders milde Winter den Durchschnittswert nicht zu sehr verfälschen. Wer solche Verbrauchsdaten besitzt, hat zumindest eine solide Ausgangsbasis für die Berechnung der Heizkostenersparnis.
Dann aber wird es für den sanierungsfreudigen Immobilieneigentümer theoretisch. Denn der Energiebedarf nach erfolgter Sanierung ist nur eine Modellgröße. Und genau da greifen die Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Wärmedämmung an. Die meisten Wissenschaftler, Energieberater und Baustoffproduzenten rechnen beim Thema Wärmedämmung lediglich mit der Verbesserung des U-Wertes, also dem Wert für die Wirksamkeit der Wärmedämmung, die auf die Gebäudehülle gepackt werden soll. Erfahrungswerte aus bisherigen Gebäudesanierungen fließen nicht ein.
Trotz Wärmedämmung mehr Heizenergie nötig
Architekt Konrad Fischer ist das zu kurz gesprungen. Denn eine gedämmte Fassade hat gegenüber massivem Mauerwerk ganz andere physikalische Eigenschaften. Der deutlich bessere U-Wert ließe sich nur erreichen, indem auch zahlreiche Nachteile in Kauf genommen würden. So würde sich etwa eine von außen gedämmte Fassade im Vergleich zum massiven Mauerwerk im Sonnenlicht deutlich schneller und stärker aufheizen, im Schatten aber auch deutlich schneller wieder abkühlen. Dabei kann die Temperatur auf der Fassadenoberfläche auch unter den Taupunkt sinken, so dass die Außenwand durch Kondenswasser nass wird. „Eine gedämmte Fassade kann die Sonnenwärme nicht aufnehmen wie etwa ein Ziegelstein, der sie speichert und in den Abend- und Nachtstunden langsam wieder abgibt“, sagt Fischer. Dieser Zusammenhang wird in der Studie vom Fraunhofer-Institut gar nicht bestritten, allerdings wäre der Effekt gering. Fischer hält dagegen: Im Versuchsaufbau hatten massive und gedämmte Wände exakt den gleichen U-Wert. „Immer, wenn ein Dämmung auf der Außenwand war, lag der Heizenergieverbrauch gegenüber den Wänden ohne Dämmschicht höher“, so Fischer.