Unheimliche Vermittler-Schwemme Darum gibt es plötzlich so viele Makler

Makler verdienen einen festen Prozentsatz des Kaufpreises - je höher Preise, desto mehr verdienen also die Makler Quelle: imago images

Weil die Regierung Provisionen strenger regulieren will, laufen Makler Sturm. Schon als 2015 das Bestellerprinzip bei Mietwohnungen eingeführt wurde, warnten sie vor einem Makler-Sterben. Passiert ist das Gegenteil.

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Schon damals ging die nackte Angst um unter Deutschlands Maklern, anders sind solche Reaktionen wohl kaum zu erklären. „Das Bestellerprinzip bedroht unsere Existenz“, warnte etwa Frank Baur, Chef des gleichnamigen Immobilienvermittlers aus Weingarten, Baden-Württemberg. Schon nach der Ankündigung des Gesetzes zum Bestellerprinzip seien die Einnahmen aus dem Miet-Geschäft um die Hälfte eingebrochen. Werde das Gesetz tatsächlich eingeführt, komme das „einem Berufsverbot gleich“.

Heute, gut vier Jahre später, hat sich nichts davon bewahrheitet – mehr noch: Das Gegenteil ist eingetroffen. Seit dem 1. Juni 2015 muss bei Mietverhältnissen derjenige den Makler bezahlen, der ihn auch beauftragt hat. In der Regel ist das der Vermieter. Der könnte den Makler ganz umgehen, um Geld zu sparen, fürchteten damals die Immobilienverbände – und skizzierten das Schreckensszenario eines Makler-Sterbens.

Seit Montag belegen neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes, dass genau der gegenteilige Effekt eingetroffen ist: Die Zahl der Immobilienvermittler in Deutschland ist von 2014 bis 2017 um ein Viertel angestiegen. Gab es vor dem Bestellerprinzip noch 58.000 Makler, so waren es 2017 bereits 70.000. Ähnlich stark gestiegen sind die Umsätze der Branche, nämlich um 26 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro.

Statt des angekündigten Makler-Sterbens hat Deutschland also eine wahre Makler-Schwemme erlebt.

Frage an Michael Voigtländer, Immobilienexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts IW Köln: Wie kann das sein? „Die Zahlen überraschen mich nicht“, sagt Voigtländer, schließlich mache das Mietgeschäft nur einen Bruchteil der Einnahmen eines Maklers aus. Bei einer Kaltmiete von 500 Euro bekam er netto in der Regel 1000 Euro.

Das richtig große Geld hingegen gibt es bei Kaufverträgen. Bekommt ein Makler bei einem Immobilienverkauf die gängigen sechs Prozent netto, so sind das schon bei einer 200.000-Euro-Immobilie satte 12.000 Euro. Bei den Preisen, die heute in Deutschlands Großstädten aufgerufen werden, kommt er so leicht auf einen höheren fünfstelligen Betrag – für eine einzige Transaktion.

„Mit Einführung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung haben die meisten Makler ihr Geschäftsmodell auf den Kauf beziehungsweise Verkauf von Immobilien umgestellt“, bestätigt Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes IVD, der die Interessen der Makler vertritt. Die Makler konzentrierten sich heute zu 90 Prozent auf Kaufimmobilien.

Makler profitieren von steigenden Immobilienpreisen

Dass der Job des Maklers so attraktiv scheint, liegt nicht zuletzt an den stark gestiegenen Immobilienpreisen. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte, lagen die Preise für Wohnimmobilien im zweiten Quartal 2019 erneut mehr als fünf Prozent über dem Vorjahreswert. In den sieben größten Städten Deutschlands stiegen die Kaufpreise für Häuser gar um zehn Prozent, bei Wohnungen waren es knapp neun Prozent. Da die Provision direkt vom Kaufpreis abhängt, bedeutet eine Preissteigerung von zehn Prozent für den Großstadt-Makler zehn Prozent mehr Einnahmen, und das binnen eines Jahres.

Doch ganz so einfach ist es freilich nicht. Dass Immobilien ein knappes Gut sind, spüren nicht nur Kaufwillige, sondern eben auch Makler. Die haben gerade in den Großstädten Probleme an attraktive Objekte zu kommen, wie IW-Experte Voigtländer erklärt.

Das sorgt gleichzeitig auch dafür, dass die Position der Käufer und Verkäufer komfortabler wird, wie Voigtländer betont. Bei mehr Konkurrenz zwischen den Maklern können sie besser verhandeln. Etablierte, große Immobilienvermittler sind hier klar im Vorteil. Wer angesichts der niedrigen Einstiegshürden zum Maklerberuf ein Gewerbe anmelde und auf das große Geld hoffe, habe hingegen oft das Nachsehen.

Offenbar sind viele der neu hinzugekommenen Makler solche Ein-Mann-Hasardeure. Das legt zumindest Schick vom IVD nahe. Nach vereinseigenen Daten gebe es in Deutschland nur 12.000 Immobilienmakler im Vollerwerb. Die anderen hätten noch andere Jobs – und seien als Makler nicht unbedingt erfolgreich.

So macht Schick denn auch eine Änderung bei der Bemessungsgrundlage für die Makler-Schwemme verantwortlich: Vor 2014 seien nur Makler mit einem Jahresumsatz über 17.500 Euro erfasst worden, danach auch solche mit geringeren Einkommen. Hobby-Makler also oder solche, die es nicht schaffen, Fuß zu fassen.

Und die Konkurrenz zwischen den Maklern dürfte noch steigen. Spätestens dann, wenn der neue Gesetzentwurf zur Maklerprovision greift, auf den sich der Koalitionsausschuss Ende August etwas unter dem Radar geeinigt hat. Demnach sollen künftig Käufer und Verkäufer die Provision zu gleichen Teilen zahlen und nicht, wie heute, die Käufer oft mehr. Das erhöhe noch einmal den Konkurrenzdruck zwischen den Maklern, sagt Voigtländer.

Den Druck spürt auch Immobilienvermittler Baur aus Weingarten, der seinen Beruf bislang doch noch nicht aufgeben musste. Aber umdenken musste er schon: Vermietungen seien bis 2015 sein Hauptgeschäft gewesen, 20 Jahre lang. Heute habe er sich komplett auf Käufe und Verkäufe verlegt, und das zahle sich aus: „Wie viele andere Vermittler auch konnten wir die Umsätze in den vergangenen Jahren erfolgreich steigern.“

Um in der harten Konkurrenz bestehen zu können, will Baur sich abheben. Durch Qualität. Und die funktioniere nur mit mehr Personal. „Wir haben uns bewusst entschieden, deutlich an Personal aufzustocken, sowohl bei Maklern als auch im Back-Office, um dem wachsenden Qualitätsanspruch der Kunden zu begegnen.“

Damit, witzelt Baur, befinde er sich offenbar mitten im statistischen Trend.

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