Vonovia „Schwierig auseinanderzudividieren“

Quelle: imago images

Wenn die Vermutung der Staatsanwaltschaft Bochum zutrifft und Mitarbeiter von Deutschlands größtem Vermieter Vonovia von Baufirmen bestochen wurden, zahlen die Mieter dafür womöglich die Zeche, erklärt ein Mietrechtsexperte.  

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WirtschaftsWoche: Herr Schmalfeldt, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher Korruption bei Vonovia. Mitarbeiter sollen bestimmte Handwerksfirmen bei Auftragsvergaben bevorzugt haben. Vonovia sieht sich als Geschädigter. Aber tragen nicht vielmehr die Mieter den Schaden, wenn Handwerker zu viel abgerechnet haben?
Stefan Schmalfeldt: Das lässt sich nicht ausschließen. Wer für überhöhte Rechnungen aufgekommen ist, hängt von der Art der Baumaßnahme ab. Wenn Modernisierungsmaßnahmen betroffen waren, dann hat der Mieter den Schaden, weil die Kosten für solche Maßnahmen auf die Mieter umgelegt werden. So genau wissen wir das bis jetzt aber noch nicht.

Wann liegt eine Modernisierungsmaßnahme vor?
Wenn zum Beispiel die Fassade gedämmt oder besser isolierte Fenster eingebaut werden, die den Wohnwert nachhaltig erhöhen, dann handelt es sich um eine Modernisierungsmaßnahme. Je höher die Kosten ausfallen, desto höher fällt dann natürlich die Mieterhöhung aus. Waren die Kosten zu hoch – Stichwort Korruption – war gegebenenfalls auch die Mieterhöhung zu hoch. 

Zur Person

Hatten Sie schon mal den Eindruck, dass Abrechnungen zu hoch gewesen sein könnten?
Das ist oft schwer zu sagen. Wenn Handwerker anrücken, um einen Mangel auszubessern, weil zum Beispiel etwas zu Bruch gegangen ist, dann muss der Vermieter zahlen. Instandhaltungen sind von Modernisierungen, für die der Mieter zahlen muss, aber in der Praxis nicht so einfach zu trennen. Es kommt immer wieder vor, dass Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen werden, wenn eine Reparatur ansteht. Da werden dann Mängel, die der Vermieter eigentlich auf eigene Kosten beheben müsste, in eine Modernisierungsmaßnahme rein gepackt. Das ist generell schwierig auseinanderzudividieren, nicht nur bei Vonovia.

Angenommen, Vonovia rückt an, um die Fenster zu erneuern. Haben Mieter dann das Recht, die Belege einzusehen, um zu prüfen, welche Kosten für die einzelnen Dienstleistungen entstanden sind?
Ja, das Recht hat der Mieter. Das ist auch wichtig. Nur dann kann er zum Beispiel sehen, welche Kosten auf die einzelnen Gewerke entfallen sind. Ob zum Beispiel die Kosten wegen unrechtmäßiger Absprachen zwischen Handwerkern und Mitarbeitern auf Vermieterseite zu hoch waren und der Mieter deswegen nun zu viel Miete zahlt, lässt sich anders gar nicht prüfen.

Vonovia erbringt viele alltägliche Dienstleistungen selbst, die andere Vermieter an externe Firmen auslagern. Hat Vonovia denn dann überhaupt ein Interesse, die Kosten der Mieter gering zu halten?
Das ist immer wieder ein Thema, das viele große Vermieter betrifft, nicht nur Vonovia. Dienstleistungen selbst zu erbringen ist zulässig, aber die Abrechnungen sind oft sehr intransparent. Den Mietern fällt immer mal wieder auf, dass beispielsweise Hausmeisterdienste viel günstiger waren, als sie noch extern eingekauft wurden. Wenn der Vermieter selbst von erhöhten Preisen profitiert, dann ist das Risiko einfach da, dass zu viel abgerechnet wird.

Zudem findet keine Ausschreibung statt. Die Konzerntochter muss sich also nicht, zum Beispiel über den günstigsten Preis, gegen andere Anbieter durchsetzen und könnte allein deswegen immer ein bisschen teurer sein.
Der Verdacht ist nicht unbegründet. Die Herausforderung sowohl für die Mieter als auch für uns als Mieterverein liegt darin, das dann im Einzelfall zu beweisen. Dabei lohnt sich meist allein ein Blick in die Leistungsbeschreibung und die zugrundeliegenden Verträge, um beispielsweise zu prüfen, ob über den  Hausmeisterdienst, für den der Mieter aufkommen muss, auch Kleinreparaturen abgerechnet werden, für die eigentlich der Vermieter aufkommen müsste. Das ist dann aber noch ein einfacher Fall. Um zu prüfen, ob Marktpreise berechnet wurden, müssen hingegen auch schon mal Vergleichsangebote eingeholt werden. Das ist dann mit viel Aufwand verbunden.

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Der Mieter muss also für hohe Kosten aufkommen, die er oft nur schwer überprüfen kann.
Ja, bei großen Wohnanlagen ist es oft sogar so, dass die Mieter selbst gar nicht prüfen können, ob Abrechnungen und Umlagen angemessen sind, weil das so komplex ist. Ohne Fachleute steigen sie da gar nicht durch.

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