Wirtschaft im Weitwinkel

Im deutschen Immobilienmarkt steigen die Risiken

Im Immobilienmarkt verschieben sich die Kräfte. Im Gegensatz zur ausgeprägten Verteuerung von Wohnimmobilien im Gesamtjahr 2016 sind die Preise im vierten Quartal gegenüber dem Vorquartal nur noch mäßig gestiegen. Es gibt also keine Garantie auf ein anhaltendes Aufwärts am deutschen Immobilienmarkt. Im Gegenteil: Die Risiken werden zahlreicher.

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Betrachtet man das Gesamtjahr 2016 sieht noch alles rosig aus. Der gerade für 2016 veröffentlichte Immobilienpreisindex vom Verband deutscher Pfandbriefbanken weist für das vergangene Jahr ein Plus von exakt 6 Prozent aus. Das ist der stärkste Preisanstieg für selbstgenutztes Wohneigentum seit der Indexauflegung 2003.

Dabei fiel der Preisanstieg für Ein- und Zweifamilienhäuser mit 5,8 Prozent etwas schwächer, der für Eigentumswohnungen mit 6,5 Prozent noch etwas kräftiger aus. Der ausgeprägte Anstieg bedeutet aber nicht nur eine spürbare Beschleunigung der Preisentwicklung nach 4,5 Prozent für 2015 sowie jeweils gut 3 Prozent in den vier vorangegangenen Jahren. Unterstützt von einer niedrigen Inflationsrate von nicht einmal einem halben Prozent haben sich die Immobilien 2016 real fast ungeschmälert verteuert.

Noch etwas kräftiger sind die Preise für vermietete Mehrfamilienhäuser gestiegen, die im vergangenen Jahr im Durchschnitt 7,1 Prozent mehr als noch 2015 gekostet haben. Im Unterschied zum selbstgenutzten Wohneigentum ziehen die Preise dieser von vielen Investoren geschätzten Anlagealternative zur Anleihen aber schon seit 2014 mit diesem hohen Preistempo an. Dagegen hatte der Preisanstieg von Gewerbeimmobilien 2016 spürbar zugelegt und lag damit gleichauf zum selbstgenutzten Wohneigentum.

Die Gründe für den kräftigen Preisauftrieb am Immobilienmarkt sind hinlänglich bekannt. Ein wesentlicher Nachfragetreiber sind die nach wie vor niedrigen Zinsen, die einerseits für günstige Finanzierungen sorgen und anderseits die Anlage von Finanzmitteln erschweren. Dazu kommt die solide konjunkturelle Entwicklung, die 2016 mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung von 1,9 Prozent, dem kräftigsten Plus seit 2011, glänzen konnte. Aber auch der robuste Arbeitsmarkt wirkt sich positiv aus: Er erweitert über steigende Einkommen den finanziellen Spielraum der privaten Haushalte und führt zu einem anhaltenden Bedarf an Gewerberäumen für die zusätzlichen Arbeitsplätze. Ein weiteres preistreibendes Element ist das knappe Angebot an Wohnimmobilien, dem nicht nur eine hohe Kaufnachfrage, sondern auch ein hoher Wohnraumbedarf der insbesondere in den Städten kräftig steigenden Bevölkerung gegenübersteht.

Die preistreibenden Faktoren dürften in der Summe ihren Zenit allerdings überschritten haben. Das Umfeld für die Immobiliennachfrage bleibt zwar günstig, aber es verbessert sich nicht mehr. Das betrifft insbesondere den gestoppten Zinssenkungszyklus. Bislang haben die fallenden Zinsen bewirkt, dass sich die steigenden Immobilienpreise kaum oder gar nicht als steigende finanzielle Belastung auf der Käuferseite niedergeschlagen haben. Dagegen werden Käufer in der Zukunft wieder stärker rechnen müssen, ob sie sich eine Immobilie leisten können. Zudem verbessert sich die Angebotsseite durch die steigende Zahl der Baufertigstellungen, die jedoch bislang nur etwa zwei Drittel des tatsächlichen Bedarfs abdecken.

Gift für den Markt

Einen leichten Vorgeschmack auf diese Kräfteverschiebung am Immobilienmarkt lässt sich aus den Preisdaten des vierten Quartals herauslesen. Denn im Gegensatz zur ausgeprägten Verteuerung von Wohnimmobilien im Gesamtjahr sind die Preise gegenüber dem Vorquartal nur mäßig gestiegen. Auf Quartalsbasis stiegen die Preise für selbstgenutztes Wohneigentum mit einem Prozent deutlich langsamer als in den ersten drei Quartalen. Die für Mehrfamilienhäuser stagnierten mit einem Plus von 0,3 Prozent schon fast. Lediglich Gewerbeimmobilien konnten sich noch kräftig verteuern.

Grundsätzlich ist ein Nachlassen der insgesamt hohen Preisdynamik zu begrüßen. Das dämpft die Gefahr, dass aus den bereits bestehenden lokalen Preisübertreibungen eine flächendeckende Immobilienblase entsteht. In 2017 sollte sich der Preisauftrieb zwar etwas verlangsamen, aber ich rechne nicht mit einem kräftigen Abbremsen: Die Bandbreite des Preisanstiegs sollte im Jahresdurchschnitt für 2017 zwischen 4 bis 6 Prozent liegen. Eine ausgeprägtere Verlangsamung ist angesichts des immer noch positiven Immobilienmarktumfeldes weniger wahrscheinlich. Gleiches gilt aber auch für ein weiteres Beschleunigen aufgrund der schon angesprochenen allmählichen Verschiebung der Relation von Angebot und Nachfrage.

Insofern dürfte der verlangsamte Preisauftrieb im vierten Quartal nicht auf eine generelle Nachfrageschwäche hindeuten. Er sollte aber als Hinweis verstanden werden, dass es keine Garantie auf ein anhaltendes Aufwärts am deutschen Immobilienmarkt gibt, zumal die Risiken eher zahlreicher werden. Dazu zählen zunehmend politische Risiken wie etwa der wachsende Protektionismus nach den Wählervoten für Brexit und Trump. Auch die anstehenden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland haben das Potential, konjunkturelle Risiken heraufzubeschwören und Unsicherheit zu vergrößern. Beides ist Gift für die Nachfrage nach Immobilien, deren Kauf sich durch die wirtschaftliche Tragweite und die langfristige Ausrichtung von anderen Gütern unterscheidet. Auch wenn der deutsche Immobilienmarkt bislang von ausländischen Krisen als „Safe Haven“ profitiert hat; verlassen kann man sich darauf nicht. Und gegen Preiskorrekturen ist der Markt keineswegs immun.

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