Wohnimmobilien Worauf es beim Mieterkauf ankommt

Mieter, die erfahren, dass Ihre Mietwohnung verkauft werden soll, sollten einen Mieterkauf prüfen und rasch das Gespräch mit dem Eigentümer suchen. Quelle: imago images

Was tun, wenn die gemietete Wohnung plötzlich verkauft werden soll? Oliver Koch, Vorstand bei Fortis Real Estate Investment, nennt fünf Punkte, auf die beim Mieterkauf zu achten ist. Ein Gastbeitrag.

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Über den Autor: Oliver Koch ist Vorstand bei der Fortis Real Estate Investment AG. Der Berliner Projektentwickler ist auf die Bestandsentwicklung von zentral gelegenen Wohnimmobilien in Berlin und Potsdam spezialisiert.

Immer wieder fallen Mieter aus allen Wolken, wenn sie erfahren, dass die Wohnung, in der sie leben, den Besitzer wechseln soll. Viele fürchten dann eine Mieterhöhung, Sanierungsarbeiten mit Baulärm und Dreck – oder gar die Kündigung des Mietvertrags. In den meisten Fällen können sich Mieter aber auch freuen, wenn es zur Aufteilung und somit zum erstmaligen Verkauf der Wohnungen in ihrem Mietshaus kommt. Denn was viele Mieter nicht wissen: Vermieter müssen die Wohnung auch ihrem Mieter zum Kauf anbieten – Mieter haben ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Die Wohnung, in der sie bislang zur Miete leben, selbst zu erwerben, das kann sich für die Mieter meist auch finanziell lohnen. Die fünf wichtigsten Punkte für den sogenannten Mieterkauf:

1. Frühzeitig mit dem Eigentümer sprechen

Beim Mieterkauf sollte der Mieter stets darauf achten, dass er einen Vorzugspreis erhält. Denn der Eigentümer hat, wenn die Entscheidung, die Wohnung zu verkaufen, gerade frisch getroffen ist, noch keinen Makler eingeschaltet oder Anzeigen veröffentlicht. Das heißt: Die Verkaufskosten des Eigentümers sind noch sehr gering, und das bringt Verhandlungspotenzial für den Mieter. Daher gilt grundsätzlich: Je früher man mit dem Eigentümer in die Verhandlungen tritt, desto besser. Am klügsten ist es, man meldet sich sofort beim Eigentümer, wenn man von einem geplanten Verkauf erfährt – damit geht man noch keine Verbindlichkeiten ein und ist zu nichts verpflichtet, erhält aber frühzeitig Informationen.

von Niklas Hoyer, Theresa Rauffmann

2. Der Mieterkauf lohnt sich für den Verkäufer

Leer stehende Wohnungen sind grundsätzlich mehr wert als solche mit einem laufenden Mietvertrag. Eine „Wohnung mit Mieter“ kann heutzutage häufig nur noch als Kapitalanlage genutzt werden, Eigenbedarfskündigungen werden bekanntlich immer schwieriger. Beim Mieterkauf fallen also neben den Werbungskosten auch Sonderzahlungen weg, die Eigentümer häufig erbringen müssen, um Mieter von einem freiwilligen Auszug aus der Wohnung zu überzeugen. Der Eigentümer spart also beim Mieterkauf Zeit und Kosten – und von diesen Faktoren sollte der Mieter beim Mieterkauf unbedingt profitieren. Daher gilt: Augen auf, wenn der Eigentümer die Wohnung an den Mieter zum gleichen Preis verkaufen will wie an Dritte. Hier gibt es viel Verhandlungspotenzial!

3. Passt eine Eigentumswohnung zu meinem Lebensmodell?

Als Mieter lebt es sich bequem. Anders als der Vermieter kann der Mieter jederzeit seinen Mietvertrag kündigen. In der Regel gilt: Drei Monate – und schon ist man weg. Das ist eine Flexibilität, die Eigentümer in den meisten Fällen nicht haben. Darüber muss man sich beim Erwerb einer Immobilie im Klaren sein, unabhängig davon, ob man ein Eigenheim baut, eine leer stehende Wohnung erwirbt oder den Mieterkauf nutzt. Daher sollte man als Mieter genauso prüfen, ob der Erwerb einer Immobilie zu den eigenen Lebensvorstellungen passt. Wie ist die Situation im Beruf? Wie sehen das partnerschaftliche und familiäre Umfeld aus? Und gefallen einem die Stadt und die Lage? Auch beim Mieterkauf sollte man sich objektiv informieren und zunächst die gleichen Fragen stellen wie beim Kauf einer fremden Wohnung. Das zeigt sich im Übrigen bei der Frage der Finanzierung: Die Bank, mit der man den Erwerb einer Immobilie plant, macht bei ihrer Prüfung keinen Unterschied, ob es sich um einen Mieterkauf handelt oder nicht. 

Diese strengen Fragen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Erwerb einer Immobilie sich in den meisten Fällen lohnt, insbesondere angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen. Das Sparbuch bringt einem nichts ein, Aktien mögen eine feine Sache sein, sind aber riskant – dagegen ist die selbst genutzte Immobilie eine sichere, sinnstiftende und zugleich auch dankbare Investition. Freilich haben viele Mieter vor dieser großen Kaufentscheidung Angst, zumindest großen Respekt. Den sollte man auch haben – ganz gleich, ob Mieterkauf oder nicht. Umso wichtiger ist es daher, sich weder blenden zu lassen vom Kauf der Wohnung, in der man schon lebt, noch davor abschrecken zu lassen, eine solche Lebensentscheidung zu treffen. 

4. Der Mieter kennt Wohnung und Lage bereits

Einer der größten Vorteile beim Mieterkauf ist, dass man die Wohnung, die man erwirbt, bereits über längere Zeit kennt. Bei vielen Immobilienkaufentscheidungen müssen sich Interessenten nach einer oder zwei Besichtigungen entscheiden. Dass nicht jeder ohne weiteres so schnell sagen kann, ob eine Wohnung passt oder nicht, leuchtet ein. Manch ein Kaufinteressent würde am liebsten auch einmal probeschlafen – wie ruhig ist die Straße, wie fällt morgens das Licht in die Wohnung, wann und wie geht die Sonne am Abend unter? Das sind alles Aspekte, die sich bei einer Maklerbegehung kaum in Erfahrung bringen lassen. 

Beim Mieterkauf ist das anders: Als Mieter kennt man die Vor- und Nachteile des Objekts und kann daher deutlich klarer entscheiden, ob diese Wohnung für den Eigentumserwerb passt oder nicht. Auch kennt sich der Mieter in seinem angestammten Kiez aus – der Wechsel aus der Miet- in die Eigentümerposition ändert also wenig am Lebensumfeld, sondern ist eine finanzielle Entscheidung.

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5. Was lohnt sich: Miete versus Annuität?

Nicht jeder Mieterkauf lohnt sich, das ist klar. Denn manche Mieter haben alte und sehr günstige Mietverträge, wie man sie heutzutage nicht mehr bekommen kann. Ob solche Mietverträge mit Mietzinsen von vor 30 Jahren und mehr fair gegenüber anderen Mietern sind oder nicht, gehört nicht hierher – das ist eine andere Diskussion. Für den Mieterkauf gilt lediglich die ökonomische Gegenüberstellung. Als Mieter muss man durchrechnen, ob sich der Kauf der eigenen Mietwohnung lohnt. Dafür muss man die monatliche Nettokaltmiete mit dem Kapitaldienst vergleichen, mit dem bei einem Erwerb zu rechnen wäre. Eine Vorabprüfung durch den Bankberater genügt dabei meist, um sich ein Bild zu machen. Die Nebenkosten kann man dabei zunächst unbeachtet lassen, da man sie als Mieter ebenso wie als Eigentümer zahlen muss und sie nur unterschiedlich heißen. Aufgrund der niedrigen Zinsen wird man dabei selbst in vielen Metropolen und Großstädten zum Ergebnis kommen, dass sich ein Kauf rentiert. Die Kosten für Zins und Tilgung werden zwar etwas über den bisherigen Mietzahlungen liegen, aber dafür zahlt man in sein eigenes Vermögen ein, statt in den Geldbeutel des Vermieters. Als Faustregel sollte man sich merken: Bei monatlichen Mehrkosten bis 20 Prozent im Vergleich zur Miete lohnt sich die Investition in den Mieterkauf auf jeden Fall! 

Mehr zum Thema: Lohnt sich der Immobilien-Kauf nun – oder doch nicht? Das ist ein Grundsatzstreit, Studien dazu widersprechen sich. Hier kommt der ultimative Faktencheck.

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