„Wohnheim statt Wohnwagen“ wirbt das Studentenwerk Berlin auf seiner Internetseite für die Vermietung seiner 9500 Wohnheimplätze, „die außerordentlich nachgefragt sind“. Wie außerordentlich wird dem wohnungssuchenden Studenten ganz schnell klar, wenn er auf „Freie Plätze“ klickt und anschließend liest: „Leider keine freie Wohnung gefunden“.
Dabei geht die Jagd der Studenten auf ein Dach über dem Kopf in den deutschen Universitätsstädten doch erst zu Beginn des Wintersemesters im September und Oktober so richtig los. Für viele Erstsemester bleibt dann tatsächlich nur der Wohnwagen oder eine Turnhalle. Selbst in Kinosälen wurden Studenten schon untergebracht, weil sie nicht rechtzeitig eine Bleibe fanden.
Ab nächstem Monat schnellen die Zugriffszahlen auf den Internetportalen, die kleine Wohnungen oder Wohngemeinschaftszimmer anbieten, wieder schlagartig hoch. Doch nicht nur Studenten sind auf Wohnungssuche, sondern auch junge Berufstätige.
Die müssen heute während der Ausbildung und den ersten Berufsjahren mobiler sein denn je. Wie die jungen Menschen wohnen wollen, ist für Stefan Brauckmann, Direktor des Moses Mendelssohn Instituts (MMI), geklärt: „Die Wohngemeinschaft ist die beliebteste Wohnform junger Menschen.“
Wie sie in einer Stadt gerne wohnen möchten hat das MMI für sieben Metropolen herausgefunden und die Studie dem Handelsblatt vorab zur Verfügung gestellt. Die vom MMI dazu aufbereiteten Zahlen kommen von der WG-Zimmer-Vermittlungsplattform WG-Gesucht.de.
Die wichtigste These des Instituts: „Wo eine hohe Nachfrage nach Wohngemeinschaftszimmern herrscht, dort wollen die jungen Menschen wohnen, auch die, die kein WG-Zimmer anstreben.“
Die Studie wurde für Investoren gemacht und von der GBI in Auftrag gegeben, die Studentenwohnungen und Hotels baut und an Investoren verkauft. Die Studie filtert anhand einer Vielzahl von Kriterien und mit Hilfe komplizierter statistischer Verfahren Quartiere von einer Größe von 500 mal 500 Metern heraus, in denen junge Menschen bevorzugt wohnen wollen.
Das Handelsblatt hat sich an zwei leicht nachvollziehbaren Auswahlkriterien der Studie orientiert, um die beliebtesten Stadtteile bei jungen Menschen herauszufiltern: Dem Anteil der 20- bis 25-jährigen in einem Stadtteil sowie die jeweilige Nachfrage nach WG-Zimmern.
Begründung: Junge Menschen zieht es vor allem dorthin, wo viele Gleichaltrige wohnen. Die Quote der 20- bis 25-jährigen eines Stadtteils ist also bei der Untersuchung ein entscheidendes Kriterium. Doch allein die Quote reicht für die Analyse nicht aus. Das zeigt das Beispiel Hamburg: Der Anteil der 20- bis 25-Jährigen ist im gutbürgerlichen Hamburger Stadtteil Alsterdorf fast so hoch wie im Studentenviertel Eimsbüttel. Dennoch gehört Alsterdorf nicht zu den beliebtesten Stadtteilen, weil das Angebot an WG-Zimmern deutlich kleiner ist als in Eimsbüttel.
Der Grund: Alsterdorf ist stark von Einfamilienhäusern geprägt. Das legt die Vermutung nahe, dass dort junge Menschen eher zu Hause wohnen bleiben, sobald sie studieren oder eine Ausbildung beginnen. So erklärt sich der vergleichsweise hohe Anteil junger Erwachsener in Alsterdorf bei gleichzeitig geringer WG-Nachfrage.
Deshalb wurde das Kriterium „WG-Nachfrage“ vom Handelsblatt bei der Auswahl der Stadteile übergewichtet. Die vom MMI dazu aufbereiteten Zahlen kommen von der WG-Zimmer-Vermittlungsplattform WG-Gesucht.de.